RWE-Kraftwerk in Hamm Problem-Kraftwerk belastet Stadtwerke

Das Anfeuern von Block II im Kohlekraftwerk Hamm ist auf unbestimmte Zeit verschoben. Das belastet nicht nur den Energieriesen RWE - sondern auch die beteiligten Stadtwerke.

  • Teilen per:
  • Teilen per:
Technische Probleme verhindern die Fertigstellung von Block II im Steinkohlekraftwerk Hamm. Quelle: REUTERS

Der Energiekonzern RWE und ein Stadtwerkekonsortium müssen die Fertigstellung des Steinkohle-Großkraftwerks in Hamm wegen technischer Probleme auf unbestimmte Zeit verschieben. Einen entsprechenden Bericht des „Handelsblatts“ hat das Unternehmen inzwischen bestätigt. An dem Kraftwerksprojekt sind auch 23 Stadtwerke beteiligt, die zusammen 23 Prozent halten.

Es gebe technische Probleme bei der Dampferzeugung in einem der beiden 800 Megawatt leistenden neuen Kraftwerksblöcke, erklärte RWE-Kraftwerkschef Matthias Hartung. Ursprünglich war die Fertigstellung der gesamten Anlage für Anfang 2012 geplant. Das mit dem Bau beauftragte Unternehmen Alstom habe sein Sanierungskonzept für die Mängel in dem Kraftwerk zurückgezogen. Deshalb habe RWE den zuletzt geplanten Termin für die Fertigstellung des Blocks Mitte 2015 gestrichen. Das Kraftwerk solle aber auf jeden Fall fertiggestellt werden. Beide Blöcke zusammen können rund drei Millionen Haushalte mit Strom versorgen.

„Das Projekt in Hamm ist für uns, die kommunalen Gesellschafter, schon zu einer großen Enttäuschung und einer enormen Belastung geworden“, sagte Peter Blatzheim, Geschäftsführer der Stadtwerke Troisdorf, dem „Handelsblatt“. Alleine die Dortmunder Stadtwerke DEW21 haben wegen der wirtschaftlichen Belastung 60 Millionen Euro zurückgestellt.

Der Verzug in Hamm schwächt die Finanzkraft einiger Stadtwerke weiter. Steigende Baukosten für das Kraftwerk – das „Handelsblatt“ schreibt von mindestens 2,4 statt der angepeilten zwei Milliarden Euro – gefährden notwendige Investitionen in die Netze. Um diese für die Herausforderungen der Energiewende fit zu machen, sind mehr Milliarden erforderlich als für den Neubau zusätzlicher Hochspannungsleitungen.

Konventionelle Kraftwerke produzieren Verluste

Allgemein haben sich die Gewinnaussichten für viele Stadtwerke mit der Energiewende verschlechtert. Etliche betreiben eigene Kohle- und Gaskraftwerke, die aufgrund des Vorrangs für Strom aus erneuerbaren Energien immer seltener am Netz sind. Statt Gewinne abzuwerfen, produzieren sie Verluste.

Neuausrichtung - So steht es um die Energiekonzerne

Die Regionalversorger stehen vor erheblichen Investitionsanstrengungen, ausgelöst durch die Energiewende. Denn die eigentliche Revolution findet nicht in den öffentlich stark diskutierten großen Stromautobahnen, den Überlandleitungen statt, sondern im Ortsverkehr, also den regionalen Verteilnetzen.

Mit dem Ausbau der regenerativen Energiequellen hat sich die Erzeugungsstruktur geändert – und damit auch die Fließrichtung des Stromes. Wurde die Kraft früher von zentralen Großkraftwerk aus sternförmig in die umliegende Region verteilt, wechselt die Richtung des Energieflusses nun ständig.

Scheint die Sonne, muss der in vielen dezentralen Solaranlagen auf Feldern oder Einfamilienhäusern zu den Kunden fließen. Ziehen Wolken auf, geht’s wieder umgekehrt – vom Kraftwerk zum Häuschen. Aus diesem Grund müssen die Stadtwerke nicht nur in Kraftwerke und Windräder, sondern auch in die von ihnen betriebenen Teilnetze investieren.

Stadtwerke, die Anteile an RWE halten, trifft das Kraftwerksproblem in Hamm doppelt. Sie leiden nicht nur unter den Schwierigkeiten mit den eigenen Kraftwerken, auch RWE hat mit seinen Kohle- und Gaskraftwerken zu kämpfen – was sich in der Unternehmensbilanz und vor allem der Dividende niederschlägt. So musste der Energiekonzern bei der letzten Hauptversammlung seine Ausschüttung an die Aktionäre halbieren, was tiefe Löcher in den ein oder anderen kommunalen Haushalt gerissen hat. Vielen Ruhrgebietsstädten droht deshalb ein Finanzdesaster.

So geht etwa die Stadt Essen zum Jahresende von einem Minus von 18,6 Millionen Euro im städtischen Haushalt aus – nahezu jenem Betrag, der der Stadt bei rund 20 Millionen gehaltenen RWE-Aktien wegen der Halbierung der Dividende fehlt. Statt der schwarzen Null gibt es rote Zahlen.

Zudem mussten mehrere Kommunen ihre RWE-Aktienpakete zu Anfang April wertberichtigen, weil der Kurs über die vergangenen Jahre so stark gefallen ist. Mülheim musste etwa 480 Millionen Euro abschreiben und rutschte in die Überschuldung, Essen verlor buchhalterisch 680 Millionen Euro und damit fast sein ganzes Eigenkapital.

© Handelsblatt GmbH – Alle Rechte vorbehalten. Nutzungsrechte erwerben?
Zur Startseite
-0%1%2%3%4%5%6%7%8%9%10%11%12%13%14%15%16%17%18%19%20%21%22%23%24%25%26%27%28%29%30%31%32%33%34%35%36%37%38%39%40%41%42%43%44%45%46%47%48%49%50%51%52%53%54%55%56%57%58%59%60%61%62%63%64%65%66%67%68%69%70%71%72%73%74%75%76%77%78%79%80%81%82%83%84%85%86%87%88%89%90%91%92%93%94%95%96%97%98%99%100%