RWE startet mit Ökostrom-Tochter Eine Stiftung für die Braunkohle

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Kühne Pläne für die Braunkohle


Den Aktionären stehen weitere Überraschungen bevor. Schmitz weiß, dass die fossilen Kraftwerke nur noch ein Klotz am Bein sind, vor allem die, die Braunkohle verfeuern. Kein Kraftwerk, das seine Kapitalkosten nicht verdient, will er am Netz lassen. Bei einem Großhandelspreis von 20 Euro pro Megawattstunde Strom schafft das nicht mal mehr die Braunkohle.

Gesichert hat sich RWE bis 2018 einen Strompreis von 35 Euro pro Megawattstunde – zum Glück. Und was dann? Einfach einmotten lassen sich die Meiler nicht. Falls Wind und Sonne für die Stromerzeugung ausfallen, werden sie als Reserve benötigt. Dafür, fordert Schmitz, müssten die Versorger vom Staat besser bezahlt werden.


Vor drei Wochen schlug Michael Vassiliadis, Chef der Gewerkschaft IG Bergbau, Chemie, Energie, eine Stiftung zur Rettung der heimischen Braunkohle vor. Diese könnte über eine Holding die Vermögenswerte und Verbindlichkeiten des Braunkohlegeschäftes übernehmen. Als Betreibergesellschaft einer solchen Stiftung könnte der Essener Energiekonzern Steag fungieren.

Vattenfall hat noch nicht über Braunkohle-Verkauf entschieden

Ein Angebot für eine solche private Stiftungslösung hat das Essener Energieunternehmen Steag, Mitte März dem schwedischen Energiekonzern Vattenfall gemacht. Der australische Finanzinvestor Macquarie soll der Steag bei der Verwaltung der Vermögenswerte helfen. IG BCE-Chef Vassiliadis ist Vize-Aufsichtsratschef bei Steag. Vattenfall will seine ostdeutschen Braunkohlekraftwerke verkaufen. Interesse zeigten die tschechischen Unternehmen EPH und CEZ. Ein konkretes Angebot hat aber nur die tschechische EPH-Gruppe zusammen mit der Finanzfirma PPF dem schwedischen Vattenfall-Konzern unterbreitet. Zur EPH-Gruppe gehört bereits die Mitteldeutsche Braunkohlegesellschaft (Mibrag) mit Sitz in Zeitz in Sachsen-Anhalt. Offenbar ist die tschechische EPH der Favorit der Schweden.
Politisch, so ist aus Berlin zu hören, erscheint eine Übernahme durch die Tschechen aber nicht erwünscht. Zu groß sei die Gefahr, dass die Tschechen möglicherweise nicht in vollem Umfang für die Altlasten der Braunkohle haften wollen. Um diese Risiken abzufedern, müsste Vattenfall zwar an die Tschechen oder eine Stiftung mindestens eine Milliarde Euro zahlen. So viel haben die Schweden für den Rückbau der Kraftwerke und die Rekultivierung der Tagebauten zurückgestellt. Doch das dürfte bei Weitem nicht reichen.


In solch einem Stiftungsmodell könnten aber nicht nur die ostdeutschen Vattenfall-Braunkohlekraftwerke aufgefangen werden, sondern auch die von RWE im Revier. Darüber diskutiert RWE-Chef Schmitz nach Informationen der WirtschaftsWoche mit seinem Buddy Vassiliadis und seinem Freund RAG-Stiftungschef Müller. Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) könnte diese Bündellösung gefallen, weil ihm die hohen CO2-Emissionen der Braunkohlekraftwerke die Klimabilanz vermasseln.
Allerdings kann es sich RWE überhaupt nicht leisten, Rückstellungen in Milliardenhöhe in eine solche Stiftung einzubringen, und bräuchte finanzielle Hilfe des Bundes für einen sozial verträglichen Ausstieg aus der Braunkohle. Hier kommt wieder Schmitz ins Spiel als RWEs politischer Verhandlungsführer in der Hauptstadt, der unauffällig mit Hut und Trenchcoat auftritt – aber keineswegs als leiser Diplomat.

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