Solarenergie Hat Bosch die falsche Entscheidung getroffen?

Solarworld übernimmt Teile der Bosch Solar Energy in Arnstadt. Ein Lichtblick für die Mitarbeiter in Thüringen – oder kommen sie vom Regen in die Traufe?

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Neuer Rückschlag für Solarworld
SolarworldDer Bonner Solarmodulhersteller kommt nach seinem scharfen Kapital- und Schuldenschnitt vom Frühjahr nur langsam wieder in Tritt. Die konzernweite Absatzmenge sei im ersten Halbjahr nach vorläufigen Zahlen zwar um mehr als die Hälfte auf 357 Megawatt gestiegen, teilte Solarworld mit. Hierzu habe aber vor allem das Auslandsgeschäft beigetragen. In Deutschland sei der Markt weiter schwach. Das Umsatzziel für 2014 von mehr als 680 Millionen Euro werde deshalb wahrscheinlich nicht erreicht. In den ersten sechs Monaten wuchs der Konzernumsatz um 13 Prozent auf 228 Millionen Euro, blieb dabei aber leicht unter den Erwartungen des Unternehmens. Vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (Ebitda) sowie bereinigt um Sondereffekte des internen Umbaus kam Solarworld auf einen leichten Gewinn von einer Million Euro (Vorjahreshalbjahr: -37 Millionen Euro). Ein insgesamt positives operatives Ergebnis erwartet das Unternehmen weiterhin für 2015. Mit der Restrukturierung hatte Solarworld seinen Schuldenberg um mehr als die Hälfte auf 427 Millionen Euro verringert. Dabei mussten Aktionäre und Gläubiger hohe Verluste hinnehmen. Erst vor kurzem hatte sich der Konzern mit einem wichtigen Rohstoff-Lieferanten auf neue Verträge geeinigt - musste im Gegenzug aber viel Geld in den Wind schreiben. Quelle: dpa
Nordex Der Windkraftanlagenbauer Nordex will seine Geschäfte in Südamerika ausbauen. Schon heute verkaufe Nordex vor allem in Uruguay mit einigem Erfolg, sagte Vorstandschef Jürgen Zeschky. Auch in Chile werde Nordex aktiv sein. „Diese Länder haben einen ungestillten Hunger nach Energie und zahlen für Strom aus heimischen Kraftwerken gutes Geld.“ In den USA habe sich Nordex dagegen bescheidene Ziele gesteckt. „Ich würde nicht so weit gehen, diese Strategie "Rosinen picken" zu nennen, aber dem härtesten Wettbewerb gehen wir so aus dem Weg“, sagte Zeschky. Der Umsatzanteil Amerikas liege bei 18 Prozent. Nach einem guten ersten Quartal hatte Nordex seine Prognose für 2014 zuletzt angehoben. Erwartet werden nun ein Auftragseingang von 1,5 bis 1,7 Milliarden Euro und ein Umsatz von 1,5 bis 1,6 Milliarden Euro. Die Ebit-Marge für 2014 - also das Verhältnis von operativem Ergebnis und Umsatz - wird laut Zeschky 4 bis 5 Prozent betragen. Nordex werde sein Werk in Rostock für rund 25 Millionen Euro ausbauen, kündigte Zeschky an. Dort sind etwa 1400 Mitarbeiter beschäftigt. Insgesamt wolle Nordex bis 2016 rund 50 Millionen Euro in seine Kerntechnologie „Rotorblatt“ investieren. Hintergrund sind die größeren Dimensionen der Rotorblätter und zugehörigen Werkzeuge, die den Umbau der bestehenden Produktionshallen notwendig machen. Quelle: dpa
SolarworldDie Sanierung ist planmäßig abgeschlossen, die Verluste sind eingedämmt (auf 427 Mio. Euro) - jetzt müssen nur noch die Umsätze wieder fließen. Der Photovoltaikkonzern Solarworld sieht sich nach dem drastischen Kapital- und Schuldenschnitt wieder gut aufgestellt. „Wir kommen nicht nur in ruhigeres Fahrwasser, wir nehmen auch massiv Fahrt auf“, sagte Konzernchef Frank Asbeck im Mai bei der Hauptversammlung des Unternehmens in Bonn. Solarworld profitiere von dem Einstieg des Emirats Katar sowie von der Übernahme von Fertigungskapazitäten von Bosch in Thüringen. Der Unternehmenschef geht von einem Wachstum des globalen Photovoltaikmarktes aus, mit einem Schwerpunkt in Asien und in den USA. Allein im ersten Quartal seien in den USA fast so viele Neuanlagen installiert worden wie in dem rückläufigen Markt Deutschland für das ganze Jahr 2014 erwartet wird. Quelle: dpa
SMA SolarSchlechter Start ins Jahr 2014: Im ersten Quartal stand beim operativen Ergebnis des Solar-Technikherstellers ein Minus von 22 Millionen Euro in den Büchern - nach einem Verlust von 8 Millionen Euro Anfang 2013. Zudem brach der Umsatz deutlich ein. Grund dafür seien zum einen Unsicherheiten in Europa wegen der Ukraine-Krise, aber auch Projektverschiebungen in Nordamerika und Währungsturbulenzen in Indien, heißt es offiziell von SMA Solar. Auf der Hauptversammlung 2014 wurde beschlossen, für das Geschäftsjahr 2013 keine Dividende auszuschütten. Große Probleme hat das Unternehmen aber schon länger. Der Weltmarktführer bei Photovoltaik-Wechselrichtern hatte 2013 einen Verlust von rund 67 Millionen Euro eingefahren - nach einem Gewinn von 75,1 Millionen Euro 2012. Mit weiteren Sparmaßnahmen will SMA Solar nun wieder in die Gewinnzone zurückkommen. Schon im Jahr 2013 hat der Wechselrichter-Hersteller seine Kosten um 180 bis 200 Millionen Euro gesenkt. Zudem will das Unternehmen in Zukunft neue Märkte erschließen und neue Produkte einführen. „Im besten Fall“, so Vorstandssprecher Pierre-Pascal Urbon, soll 2014 ein Ergebnisplus von 20 Millionen Euro erreicht werden. Ende Mai gab SMA Solar bekannt, das Solar-Wechselrichter-Geschäft vom Mitbewerber Danfoss komplett zu kaufen und eine strategische Partnerschaft anzustreben. Quelle: dpa
SunwaysBeim Fotovoltaik-Unternehmen aus Konstanz läuft seit Ende April das offizielle Insolvenzverfahren. Der Insolvenzverwalter hat damit begonnen, den Konzern zu zerschlagen. Als ersten Schritt zur Liquidierung beantragte Sunways am 19. Mai den Widerruf der Börsenzulassung an der Frankfurter Wertpapierbörse beantragt. Gleichzeitig trat der Vorstandsvorsitzende Hoong Khoeng Cheong zurück. Das Geschäft mit Wechselrichtern und gebäudeintegrierter Photovoltaik hat bereits der chinesische Solarkonzern Shunfeng übernommen. 40 Mitarbeiter können deshalb ihren Arbeitsplatz behalten. Alle anderen hätten ihre Kündigung bereits erhalten, teilte ein Sprecher mit. Ende 2012 waren bei Sunways noch 265 Menschen beschäftigt. Die Aktionäre müssen davon ausgehen, bei der Insolvenz komplett leer auszugehen. Sunways schrieb seit Jahren rote Zahlen und wies hohe Verluste aus. Wie im Mai bekannt wurde, waren die Geschäfte des Unternehmens schon mehrere Monate vor der Zahlungsunfähigkeit fast völlig zum Erliegen gekommen. Bereits 2013 befand sich das Unternehmen einmal in einem vorläufigen Insolvenzverfahren, nachdem mehrere Banken dem Unternehmen Kredite in Millionenhöhe gekündigt hatten. Durch eine Vergleichsvereinbarung wurde das eigentliche Insolvenzverfahren damals jedoch abgewendet. Quelle: dpa
S.A.G. Solarstrom AGDie Solarkrise hat den Anlagenbauer in die Knie gezwungen. Das Unternehmen stellte am 13. Dezember 2013 einen Insolvenzantrag. Die Solarstrom AG kann nach Ansicht des Insolvenzverwalters aber gerettet werden. Mit einer Zerschlagung des Solarunternehmens sei derzeit nicht zu rechnen, teilte eine Firmensprecherin am 16. Mai am Rande einer Gläubigerversammlung mit. Die Sanierung und die Suche nach Investoren laufe positiv und werde fortgeführt, sagte Insolvenzverwalter Jörg Nerlich. Einzelheiten hierzu nannte er nicht. Nerlich erwartet den Angaben zufolge eine Insolvenzquote von rund 50 Prozent. Ob Aktionäre Geld zurück erhalten können, sei aber weiter offen. Das Freiburger Unternehmen mit heute rund 170 Mitarbeitern zählt zu den Pionieren der Solarbranche. Es war 1999 eine der ersten börsennotierten Solarfirmen in Deutschland. Quelle: dpa
ProkonDer Windkraftanlagen-Finanzierer hat im Januar beim Amtsgericht Itzehoe Insolvenz angemeldet. Das Verfahren wurde Anfang Mai eröffnet. Die Zukunft für die insgesamt rund 1300 Beschäftigten ist ungewiss. Gut 75.000 Anleger hatten dem Unternehmen über Genussrechte rund 1,4 Milliarden Euro anvertraut. Sie müssen sich auf schmerzvolle Verluste einstellen. Insolvenzverwalter Dietmar Penzlin schätzt, dass sie zwischen 40 und 70 Prozent ihres investierten Kapitals verlieren werden. Das Geschäftsmodell des von Carsten Rodbertus 1995 gegründeten Windparkbetreibers stand seit langem in der Kritik. Quelle: dpa

Solarworld kauft das Solargeschäfts von Bosch – allerdings nicht alles, sondern nur das Filetstück des Werks Arnstadt, eine Zellfertigung mit 700 Megawatt (MW) Produktionskapazität und eine Modulfertigung mit 200 MW. Das Kartellamt muss der Transaktion noch zustimmen. Solarworld steigt damit nach Angaben von Konzernchef Frank Asbeck zum größten Solarhersteller außerhalb Chinas auf - mit knapp 3000 Beschäftigten und einer Fertigungskapazität von über einem Gigawatt. Schön für Asbeck, doch der Deal muss kritisch gesehen werden.

Für die Belegschaft die Nachricht sicherlich zunächst positiv: Rund 800 der 1500 Mitarbeiter in Thüringen sollen von Solarworld weiterbeschäftigt werden. Dazu soll künftig unter anderem ein Produkt aus der Bosch-Autosparte in Thüringen gefertigt werden, wodurch rund 250 Menschen Arbeit bekommen sollen. Zudem plane ein Investor aus der Pharmabranche, Produktionsflächen zu mieten und damit rund 100 Arbeitsplätze zu schaffen. Um wen es sich dabei handelt, teilte Bosch nicht mit. Ales in allem haben wohl 1100 Menschen in Arnstadt weiter Arbeit.

Eine Fehlentscheidung von Bosch?

„Für die Mitarbeiter waren die vergangenen Monate natürlich keine einfache Zeit“, räumte Bosch-Chef Volkmar Denner ein. „Mit der heutigen Vertragsunterzeichnung haben wir einen wichtigen Meilenstein erreicht.“ Wolfgang Hummel vom Zentrum für Solarmarktforschung in Berlin teilt diesen Optimismus nicht:  „Wir halten die Vereinbarung für eine Fehlentscheidung der Bosch-Geschäftsführung“.

Es sei positiv zu würdigen, dass man mit Verkauf an Solarworld einen Kern deutscher Solarindustrie in Deutschland erhalten wolle. „Das dies mit einem Verkauf an Solarworld gelingt, ist jedoch äußerst zweifelhaft.“ Dies gelte auch dann, wenn Solarworld, nur einen symbolischen Kaufpreis zahlen muss, wovon ausgegangen werden muss. Einige Medien sprachen sogar von einer Mitgift, die Bosch Asbeck zahle – bestätigt wurde die Meldung nicht. Hummel:  „Der deutsche Photovoltaik-Markt schrumpft. Zusätzliche Fertigungskapazitäten in Deutschland machen für Solarworld betriebswirtschaftlich keinen Sinn.“

Auch der Betriebsrat der Bosch Solar Energy AG riet zur Vorsicht und verlangte umfassende Informationen. Angesprochen wurde unter anderem eine Insolvenzgefahr bei Solarworld. Das einstige Vorzeigeunternehmen Solarworld steckt in ernsten Schwierigkeiten.  Erst im August hatte Chef Asbeck eine Insolvenz gerade noch abwenden können. Die Aktionäre segneten dazu ein Konzept ab, mit dem sie einen Großteil ihrer Anteile verlieren. Die Gläubiger tauschen einen Teil der Schulden in Aktien, was die Verbindlichkeiten von über 900 Millionen Euro auf unter 500 Millionen drückt. Rund 60 Millionen Euro Zinsen im Jahr hätten Solarworld überfordert.

Anfechtungsklagen könnten die Umstrukturierung allerdings verzögern. Asbeck kalkuliert damit, dass die Transaktion erst Anfang 2014 über die Bühne geht. Er setzt zudem auf eine Ertragswende Ende des kommenden Jahres. Auch daran hegt Solarexperte Hummel Zweifel: „Das Erreichen der Gewinnzone in 2014 ist wenig wahrscheinlich. Das Unternehmen befindet sich in der Sanierung. In dieser Phase einen weiteren Unternehmensteil zu integrieren führt zu zusätzlichen Belastungen.“ Was die Argumente des Kritikers nicht entwertet, der Vollständigkeit halber aber erwähnt werden muss: Hummel ist Berater eines chinesischen Investors, der ebenfalls am Bosch-Solargeschäft interessiert war, bei dem Deal aber nicht zum Zuge kam.

Mit Hilfe staatlicher Förderungen für die Sonnenenergie (EEG-Gesetz) war Solarworld nach seiner Gründung vor 15 Jahren ein rasantes Wachstum gelungen. Seit 2011 häuften sich die Verluste und der Aktienkurs des einstigen Börsenstars ging in den Keller, die Schulden stiegen auf über 900 Millionen Euro.

Solarworld vereint vom Rohstoff Silizium bis zum Solarstrommodul alle Herstellungsstufen unter einem Dach. Das Unternehmen beschäftigt am Hauptproduktionsstandort im sächsischen Freiberg, einem weiteren Werk in Hillsboro/USA und in der Bonner Zentrale nach einem Stellenabbau derzeit noch rund 2500 Mitarbeiter.

Nach einem ruinösen Preiswettbewerb durch Billigkonkurrenz aus China steht die gesamte Solarbranche derzeit enorm unter Druck - seit Ende 2011 häufen sich in Deutschland die Pleiten von Solarunternehmen. Als Auslöser gelten neben dem Preisverfall auch sinkende Subventionen für die Branche. Auch für Bosch war der Ausflug in die Solarbranche ein Desaster. Der Autozulieferer war erst 2008 mit der Übernahme der einst börsennotierten Ersol in das damals gewinnträchtige Geschäft eingestiegen und hatte über 500 Millionen Euro in den Standort im thüringischen Arnstadt investiert. Doch der Preisverfall sorgte dafür, dass die Stuttgarter seit damals rund 2,4 Milliarden Euro verbrannte. Bosch hatte im März nach Milliardenverlusten den Komplettausstieg aus dem Solar-Geschäft beschlossen. Insgesamt waren rund 3000 Beschäftigte betroffen.

Mit Material von dpa und reuters

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