Die Party bei der Vorzeigefirma SMA Solar ist vorerst vorbei. Was sich schon länger andeutete, ist nun eingetroffen. Der gnadenlose Preisverfall in der Solarbranche, der sich bisher in erster Linie bei Modulen und Zellen Bahn brach, sowie die Förderkürzungen setzen nun auch dem Solartechnikhersteller SMA aus Niestetal bei Kassel mächtig zu. Immerhin sind die Nordhessen seit Jahren Weltmarktführer bei sogenannten Wechselrichtern, die den Gleichstrom der Fotovoltaikanlagen in Wechselstrom umwandeln. Nur dieser eignet sich dann für die Steckdose.
SMA erlebt nun mit einiger Verzögerung das, was die Hersteller von Solarmodulen schon lange zu spüren bekommen: Immer mehr Unternehmen aus Asien drängen in den Markt und drücken die Preise. Zusätzlich kürzen viele Staaten wie Deutschland und Italien die Solarförderung. „Die Wechselrichter-Branche verspricht noch immer die besten Margen im Solargeschäft“, sagt Leonard Herbig, Direktor beim Berliner Zentrum für Solarmarktforschung.
Allerdings bewege dies natürlich auch andere Unternehmen zum Markteintritt. Herbig: „Die Zahl der Wettbewerber von SMA wächst weiterhin. Gegenwärtig sind über 100 Wechselrichter-Hersteller auf dem Markt. Angesicht der begrenzten Wachstumsaussichten auf dem Fotovoltaik-Markt erwarten wir für 2013 den Beginn einer Konsolidierung.”
Erlöse schrumpfen
Anders als die Modul-Brüder und Zellen-Schwestern in der Branche schreibt SMA aber schwarze Zahlen. Noch jedenfalls. Wie SMA am Donnerstag mitteilte, schrumpften die Erlöse im dritten Quartal binnen Jahresfrist um über 100 Millionen auf 363 Millionen Euro. Im vergleichbaren Vorjahreszeitraum waren es noch mehr als 470 Millionen Euro. Der operative Gewinn brach um über die Hälfte auf 32 Millionen Euro ein, nach fast 75 Millionen Euro im Vorjahr. Auch der Überschuss halbierte sich von 53 auf 22 Millionen Euro.
Größtes Antidumpingverfahren der EU
Der Vorstand der Nordhessen zeigt sich jedoch zuversichtlich, seine kürzlich gekappte Jahresprognose erreichen zu können. Demnach wird ein Umsatz von 1,3 bis 1,5 Milliarden Euro angestrebt und ein operativer Gewinn von 100 bis 150 Millionen Euro. Firmenchef Pierre-Pascal Urbon bestätigte zudem seine düsteren Aussichten für 2013. Aufgrund der massiven Förderkürzungen in den europäischen Solarmärkten und dem andauernden Preisdruck rechnet Urbon mit einem deutlichen Umsatzrückgang auf 900 Millionen bis 1,3 Milliarden Euro. Um einen Verlust zu vermeiden steuert er gegen und will, wie bereits angekündigt, weltweit 450 Stellen streichen und sich zudem von 600 Zeitarbeitnehmern trennen.
Chinas Solarexporte
Laut Handelsministerium exportierte China im vergangenen Jahr Solarzellen im Volumen von 3,1 Milliarden Dollar und damit doppelt so viel wie ein Jahr zuvor.
Das China-Exportvolumen von Solarzellen und Modulen nach Deutschland ist deutlich höher als das in die USA. Das Zentrum für Solarmarktforschung in Berlin hat einen Wert von von 4,5 Milliarden Euro für 2011 ermittelt.
Die chinesischen Hersteller von Solarmodulen haben einen Weltmarktanteil von mehr als 60 Prozent.
Ähnlich wie bei Modulen und Zellen kommt mittlerweile der schärfste Wettbewerb aus Asien. „Auch auf dem Wechselrichtermarkt wird die Stärke chinesischer Wettbewerber deutlich. So kann Sungrow sehr gute technische Leistungswerte vorweisen“, sagt Solarexperte Herbig.
Das chinesische Unternehmen steht mit einem Marktanteil von drei Prozent an Nummer 5 der weltweiten Hersteller hinter SMA (Anteil: 25 Prozent), der US-amerikanischen Power-One (11 Prozent), sowie den deutschen Unternehmen Kaco und Siemens mit jeweils vier Prozent Marktanteil. Bis vor kurzem war Sungrow noch nicht einmal unter den TOP 10 zu finden.
EU leitet Ermittlungen gegen Peking ein
Um zu prüfen, ob und in welchem Umfang die chinesische Regierung mit ihrer Subventionspolitik der europäischen Solarindustrie schadet, hat die EU-Kommission am Donnerstag Ermittlungen eingeleitet. Mit ihren Schritten folgt sie Beschwerden des europäischen Branchenverbandes Pro Sun. Der beklagt, dass milliardenschwere Beihilfen für Solarzellen und Solarpanele die Dumpingpreise der chinesischen Anbieter ermöglichen.
Nach vorläufiger Prüfung gebe es "ausreichend Hinweis" für die Eröffnung der Ermittlungen gegen Subventionen, teilte die Kommission am Donnerstag mit. Es handelt es sich um das bislang größte Antisubventionsverfahren der EU.
Im vergangenen Jahr hatte China Solar-Elemente im Wert von 21 Milliarden Euro in die EU importiert. 13 Monate lang werden die EU-Wettbewerbshüter nun ermitteln. Allerdings könnten als Gegenmaßnahme schon binnen neun Monaten Strafzölle auf chinesische Produkte erhoben werden, heißt es bei der Kommission. Mit dieser Maßnahme wehren sich bereits die USA gegen Billigimporte aus dem Reich der Mitte - Washington hat Zölle von bis zu 250 Prozent eingeführt.
Wen die US-Solarzölle am härtesten Treffen
Das chinesische Unternehmen Trina muss statt bisher 4,73 Prozent nun rund 16 Prozent Antidumpingzoll auf seine Waren zahlen.
Suntech, größter Hersteller von Solarmodulen, muss statt bisher 2,9 Prozent nun 15 Prozent Strafzoll entrichten.
Weitere Unternehmen, die nicht namentlich genannt wurden, müssen 15 Prozent Strafzoll bezahlen. 26 Prozent Strafzoll geht auf Produkte weiterer 59 Hersteller.
250 Prozent - dieser Höchstzoll gilt für alle weiteren Hersteller, auch solche Firmen, die vom chinesischen Staat kontrolliert werden.
Chinas Regierung hat schon zum Gegenschlag gegen Europa ausgeholt. Das Handelsministerium in Peking kündigte Anfang November eigene Untersuchungen zu Dumping-Vorwürfen gegen europäische Zulieferer für die Solarbranche an. Geprüft werde, ob Firmen aus der EU das wichtige Vorprodukt Polysilizium auf ausländischen Märkten zu ungerechtfertigt niedrigen Preisen verkauften und unfaire Fördermittel erhielten. Das wiederrum macht Zulieferern der Branche wie Wacker-Chemie schwer zu schaffen.
Mit Material von dapd