Solartechnik SMA Solar gerät in den Strudel der Solarkrise

Der Wechselrichterriese kämpft mit Umsatz- und Gewinnrückgängen. Damit bröckeln die Grundfesten der letzten verbliebenen Trutzburg der deutschen Solarwirtschaft. Zeitgleich beginnt die EU mit Ermittlungen gegen China.

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SMA Solar rechnet für 2013 mit einem kräftigen Umsatzrückgang und trennt sich deshalb von 450 seiner weltweit gut 5500 Mitarbeiter sowie von 600 Zeitarbeitern. Quelle: dpa

Die Party bei der Vorzeigefirma SMA Solar ist vorerst vorbei. Was sich schon länger andeutete, ist nun eingetroffen. Der gnadenlose Preisverfall in der Solarbranche, der sich bisher in erster Linie bei Modulen und Zellen Bahn brach, sowie die Förderkürzungen setzen nun auch dem Solartechnikhersteller SMA aus Niestetal bei Kassel mächtig zu. Immerhin sind die Nordhessen seit Jahren Weltmarktführer bei sogenannten Wechselrichtern, die den Gleichstrom der Fotovoltaikanlagen in Wechselstrom umwandeln. Nur dieser eignet sich dann für die Steckdose.

Neuer Rückschlag für Solarworld
SolarworldDer Bonner Solarmodulhersteller kommt nach seinem scharfen Kapital- und Schuldenschnitt vom Frühjahr nur langsam wieder in Tritt. Die konzernweite Absatzmenge sei im ersten Halbjahr nach vorläufigen Zahlen zwar um mehr als die Hälfte auf 357 Megawatt gestiegen, teilte Solarworld mit. Hierzu habe aber vor allem das Auslandsgeschäft beigetragen. In Deutschland sei der Markt weiter schwach. Das Umsatzziel für 2014 von mehr als 680 Millionen Euro werde deshalb wahrscheinlich nicht erreicht. In den ersten sechs Monaten wuchs der Konzernumsatz um 13 Prozent auf 228 Millionen Euro, blieb dabei aber leicht unter den Erwartungen des Unternehmens. Vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (Ebitda) sowie bereinigt um Sondereffekte des internen Umbaus kam Solarworld auf einen leichten Gewinn von einer Million Euro (Vorjahreshalbjahr: -37 Millionen Euro). Ein insgesamt positives operatives Ergebnis erwartet das Unternehmen weiterhin für 2015. Mit der Restrukturierung hatte Solarworld seinen Schuldenberg um mehr als die Hälfte auf 427 Millionen Euro verringert. Dabei mussten Aktionäre und Gläubiger hohe Verluste hinnehmen. Erst vor kurzem hatte sich der Konzern mit einem wichtigen Rohstoff-Lieferanten auf neue Verträge geeinigt - musste im Gegenzug aber viel Geld in den Wind schreiben. Quelle: dpa
Nordex Der Windkraftanlagenbauer Nordex will seine Geschäfte in Südamerika ausbauen. Schon heute verkaufe Nordex vor allem in Uruguay mit einigem Erfolg, sagte Vorstandschef Jürgen Zeschky. Auch in Chile werde Nordex aktiv sein. „Diese Länder haben einen ungestillten Hunger nach Energie und zahlen für Strom aus heimischen Kraftwerken gutes Geld.“ In den USA habe sich Nordex dagegen bescheidene Ziele gesteckt. „Ich würde nicht so weit gehen, diese Strategie "Rosinen picken" zu nennen, aber dem härtesten Wettbewerb gehen wir so aus dem Weg“, sagte Zeschky. Der Umsatzanteil Amerikas liege bei 18 Prozent. Nach einem guten ersten Quartal hatte Nordex seine Prognose für 2014 zuletzt angehoben. Erwartet werden nun ein Auftragseingang von 1,5 bis 1,7 Milliarden Euro und ein Umsatz von 1,5 bis 1,6 Milliarden Euro. Die Ebit-Marge für 2014 - also das Verhältnis von operativem Ergebnis und Umsatz - wird laut Zeschky 4 bis 5 Prozent betragen. Nordex werde sein Werk in Rostock für rund 25 Millionen Euro ausbauen, kündigte Zeschky an. Dort sind etwa 1400 Mitarbeiter beschäftigt. Insgesamt wolle Nordex bis 2016 rund 50 Millionen Euro in seine Kerntechnologie „Rotorblatt“ investieren. Hintergrund sind die größeren Dimensionen der Rotorblätter und zugehörigen Werkzeuge, die den Umbau der bestehenden Produktionshallen notwendig machen. Quelle: dpa
SolarworldDie Sanierung ist planmäßig abgeschlossen, die Verluste sind eingedämmt (auf 427 Mio. Euro) - jetzt müssen nur noch die Umsätze wieder fließen. Der Photovoltaikkonzern Solarworld sieht sich nach dem drastischen Kapital- und Schuldenschnitt wieder gut aufgestellt. „Wir kommen nicht nur in ruhigeres Fahrwasser, wir nehmen auch massiv Fahrt auf“, sagte Konzernchef Frank Asbeck im Mai bei der Hauptversammlung des Unternehmens in Bonn. Solarworld profitiere von dem Einstieg des Emirats Katar sowie von der Übernahme von Fertigungskapazitäten von Bosch in Thüringen. Der Unternehmenschef geht von einem Wachstum des globalen Photovoltaikmarktes aus, mit einem Schwerpunkt in Asien und in den USA. Allein im ersten Quartal seien in den USA fast so viele Neuanlagen installiert worden wie in dem rückläufigen Markt Deutschland für das ganze Jahr 2014 erwartet wird. Quelle: dpa
SMA SolarSchlechter Start ins Jahr 2014: Im ersten Quartal stand beim operativen Ergebnis des Solar-Technikherstellers ein Minus von 22 Millionen Euro in den Büchern - nach einem Verlust von 8 Millionen Euro Anfang 2013. Zudem brach der Umsatz deutlich ein. Grund dafür seien zum einen Unsicherheiten in Europa wegen der Ukraine-Krise, aber auch Projektverschiebungen in Nordamerika und Währungsturbulenzen in Indien, heißt es offiziell von SMA Solar. Auf der Hauptversammlung 2014 wurde beschlossen, für das Geschäftsjahr 2013 keine Dividende auszuschütten. Große Probleme hat das Unternehmen aber schon länger. Der Weltmarktführer bei Photovoltaik-Wechselrichtern hatte 2013 einen Verlust von rund 67 Millionen Euro eingefahren - nach einem Gewinn von 75,1 Millionen Euro 2012. Mit weiteren Sparmaßnahmen will SMA Solar nun wieder in die Gewinnzone zurückkommen. Schon im Jahr 2013 hat der Wechselrichter-Hersteller seine Kosten um 180 bis 200 Millionen Euro gesenkt. Zudem will das Unternehmen in Zukunft neue Märkte erschließen und neue Produkte einführen. „Im besten Fall“, so Vorstandssprecher Pierre-Pascal Urbon, soll 2014 ein Ergebnisplus von 20 Millionen Euro erreicht werden. Ende Mai gab SMA Solar bekannt, das Solar-Wechselrichter-Geschäft vom Mitbewerber Danfoss komplett zu kaufen und eine strategische Partnerschaft anzustreben. Quelle: dpa
SunwaysBeim Fotovoltaik-Unternehmen aus Konstanz läuft seit Ende April das offizielle Insolvenzverfahren. Der Insolvenzverwalter hat damit begonnen, den Konzern zu zerschlagen. Als ersten Schritt zur Liquidierung beantragte Sunways am 19. Mai den Widerruf der Börsenzulassung an der Frankfurter Wertpapierbörse beantragt. Gleichzeitig trat der Vorstandsvorsitzende Hoong Khoeng Cheong zurück. Das Geschäft mit Wechselrichtern und gebäudeintegrierter Photovoltaik hat bereits der chinesische Solarkonzern Shunfeng übernommen. 40 Mitarbeiter können deshalb ihren Arbeitsplatz behalten. Alle anderen hätten ihre Kündigung bereits erhalten, teilte ein Sprecher mit. Ende 2012 waren bei Sunways noch 265 Menschen beschäftigt. Die Aktionäre müssen davon ausgehen, bei der Insolvenz komplett leer auszugehen. Sunways schrieb seit Jahren rote Zahlen und wies hohe Verluste aus. Wie im Mai bekannt wurde, waren die Geschäfte des Unternehmens schon mehrere Monate vor der Zahlungsunfähigkeit fast völlig zum Erliegen gekommen. Bereits 2013 befand sich das Unternehmen einmal in einem vorläufigen Insolvenzverfahren, nachdem mehrere Banken dem Unternehmen Kredite in Millionenhöhe gekündigt hatten. Durch eine Vergleichsvereinbarung wurde das eigentliche Insolvenzverfahren damals jedoch abgewendet. Quelle: dpa
S.A.G. Solarstrom AGDie Solarkrise hat den Anlagenbauer in die Knie gezwungen. Das Unternehmen stellte am 13. Dezember 2013 einen Insolvenzantrag. Die Solarstrom AG kann nach Ansicht des Insolvenzverwalters aber gerettet werden. Mit einer Zerschlagung des Solarunternehmens sei derzeit nicht zu rechnen, teilte eine Firmensprecherin am 16. Mai am Rande einer Gläubigerversammlung mit. Die Sanierung und die Suche nach Investoren laufe positiv und werde fortgeführt, sagte Insolvenzverwalter Jörg Nerlich. Einzelheiten hierzu nannte er nicht. Nerlich erwartet den Angaben zufolge eine Insolvenzquote von rund 50 Prozent. Ob Aktionäre Geld zurück erhalten können, sei aber weiter offen. Das Freiburger Unternehmen mit heute rund 170 Mitarbeitern zählt zu den Pionieren der Solarbranche. Es war 1999 eine der ersten börsennotierten Solarfirmen in Deutschland. Quelle: dpa
ProkonDer Windkraftanlagen-Finanzierer hat im Januar beim Amtsgericht Itzehoe Insolvenz angemeldet. Das Verfahren wurde Anfang Mai eröffnet. Die Zukunft für die insgesamt rund 1300 Beschäftigten ist ungewiss. Gut 75.000 Anleger hatten dem Unternehmen über Genussrechte rund 1,4 Milliarden Euro anvertraut. Sie müssen sich auf schmerzvolle Verluste einstellen. Insolvenzverwalter Dietmar Penzlin schätzt, dass sie zwischen 40 und 70 Prozent ihres investierten Kapitals verlieren werden. Das Geschäftsmodell des von Carsten Rodbertus 1995 gegründeten Windparkbetreibers stand seit langem in der Kritik. Quelle: dpa

SMA erlebt nun mit einiger Verzögerung das, was die Hersteller von Solarmodulen schon lange zu spüren bekommen: Immer mehr Unternehmen aus Asien drängen in den Markt und drücken die Preise. Zusätzlich kürzen viele Staaten wie Deutschland und Italien die Solarförderung. „Die Wechselrichter-Branche verspricht noch immer die besten Margen im Solargeschäft“, sagt Leonard Herbig, Direktor beim Berliner Zentrum für Solarmarktforschung.

Allerdings bewege dies natürlich auch andere Unternehmen zum Markteintritt. Herbig: „Die Zahl der Wettbewerber von SMA wächst weiterhin. Gegenwärtig sind über 100 Wechselrichter-Hersteller auf dem Markt. Angesicht der begrenzten Wachstumsaussichten auf dem Fotovoltaik-Markt erwarten wir für 2013 den Beginn einer Konsolidierung.”

Erlöse schrumpfen

Anders als die Modul-Brüder und Zellen-Schwestern in der Branche schreibt SMA aber schwarze Zahlen. Noch jedenfalls. Wie SMA am Donnerstag mitteilte, schrumpften die Erlöse im dritten Quartal binnen Jahresfrist um über 100 Millionen auf 363 Millionen Euro. Im vergleichbaren Vorjahreszeitraum waren es noch mehr als 470 Millionen Euro. Der operative Gewinn brach um über die Hälfte auf 32 Millionen Euro ein, nach fast 75 Millionen Euro im Vorjahr. Auch der Überschuss halbierte sich von 53 auf 22 Millionen Euro.  

Größtes Antidumpingverfahren der EU

Fujitsu streicht 400 Jobs
Fujitsu Der japanische Elektronikkonzern Fujitsu will einem Zeitungsbericht zufolge in Deutschland 400 bis 500 Arbeitsplätze abbauen. Eine endgültige Entscheidung solle nach Verhandlungen mit den Beschäftigten fallen, berichtete die japanische Wirtschaftszeitung "Nikkei". Insgesamt beschäftigt der Konzern hierzulande 12.000 Menschen. Die Stellenstreichungen beträfen hauptsächlich Entwicklung und Informationstechnik. Bereits am Dienstag hatte der Konzern bekanntgegeben, in Großbritannien 1800 Jobs zu streichen. Das entspricht 18 Prozent der Belegschaft dort. Insidern zufolge könnte sich Fujitsu künftig auf IT-Dienstleistungen konzentrieren. Mit dem weltgrößten Computer-Hersteller Lenovo verhandelt das Unternehmen offenbar über einen Verkauf des PC-Geschäfts von Fujitsu. Quelle: REUTERS
Lufthansa Technik Quelle: dpa
DAK Gesundheit Quelle: dpa
EnBWDer Energieversorger baut weiter Stellen ab: Die Energie Baden-Württemberg werde sich aus dem Strom- und Gasvertrieb an Großkunden der Industrie zurückziehen, teilte das Unternehmen am Dienstag mit. Davon seien 400 Beschäftigte betroffen, denen ein Aufhebungsvertrag oder ein alternativer Arbeitsplatz im Konzern angeboten werde. Auch im Privatkundengeschäft, der Energieerzeugung und der Verwaltung steht demnach Stellenabbau bevor, der noch nicht beziffert wurde. In den vergangenen zwei Jahren waren bereits rund 1650 Stellen weggefallen. Quelle: dpa
Intel Quelle: REUTERS
Nokia Quelle: dpa
Der IT-Konzern IBM plant in Deutschland offenbar einen massiven Stellenabbau Quelle: dpa

Der Vorstand der Nordhessen zeigt sich jedoch zuversichtlich, seine kürzlich gekappte Jahresprognose erreichen zu können. Demnach wird ein Umsatz von  1,3 bis 1,5 Milliarden Euro angestrebt und ein operativer Gewinn von 100 bis 150 Millionen Euro. Firmenchef Pierre-Pascal Urbon bestätigte zudem seine düsteren Aussichten für 2013. Aufgrund der massiven Förderkürzungen in den europäischen Solarmärkten und dem andauernden Preisdruck rechnet Urbon mit einem deutlichen Umsatzrückgang auf 900 Millionen bis 1,3 Milliarden Euro. Um einen Verlust zu vermeiden steuert er gegen und will, wie bereits angekündigt, weltweit 450 Stellen streichen und sich zudem von 600 Zeitarbeitnehmern trennen.

Chinas Solarexporte

Ähnlich wie bei Modulen und Zellen kommt mittlerweile der schärfste Wettbewerb aus Asien. „Auch auf dem Wechselrichtermarkt wird die Stärke chinesischer Wettbewerber deutlich. So kann Sungrow sehr gute technische Leistungswerte vorweisen“, sagt Solarexperte Herbig.

Das chinesische Unternehmen steht mit einem Marktanteil von drei Prozent an Nummer 5 der weltweiten Hersteller hinter SMA (Anteil: 25 Prozent), der US-amerikanischen Power-One (11 Prozent), sowie den deutschen Unternehmen Kaco und Siemens mit jeweils vier Prozent Marktanteil. Bis vor kurzem war Sungrow noch nicht einmal unter den TOP 10 zu finden.

EU leitet Ermittlungen gegen Peking ein

Um zu prüfen, ob und in welchem Umfang die chinesische Regierung mit ihrer Subventionspolitik der europäischen Solarindustrie schadet, hat die EU-Kommission am Donnerstag Ermittlungen eingeleitet. Mit ihren Schritten folgt sie Beschwerden des europäischen Branchenverbandes Pro Sun. Der beklagt, dass milliardenschwere Beihilfen für Solarzellen und Solarpanele die Dumpingpreise der chinesischen Anbieter ermöglichen.

Nach vorläufiger Prüfung gebe es "ausreichend Hinweis" für die Eröffnung der Ermittlungen gegen Subventionen, teilte die Kommission am Donnerstag mit. Es handelt es sich um das bislang größte Antisubventionsverfahren der EU.

Wen die US-Solarzölle am härtesten Treffen

Chinas Regierung hat schon zum Gegenschlag gegen Europa ausgeholt. Das Handelsministerium in Peking kündigte Anfang November eigene Untersuchungen zu Dumping-Vorwürfen gegen europäische Zulieferer für die Solarbranche an. Geprüft werde, ob Firmen aus der EU das wichtige Vorprodukt Polysilizium auf ausländischen Märkten zu ungerechtfertigt niedrigen Preisen verkauften und unfaire Fördermittel erhielten. Das wiederrum macht Zulieferern der Branche wie Wacker-Chemie schwer zu schaffen.

Mit Material von dapd

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