Solarworld Wackelt das Lebenswerk des „Sonnenkönigs“?

In guten Zeiten galt Solarworld-Chef Frank Asbeck als der „Sonnenkönig“. Doch schon vor Jahren wurde sein Imperium erschüttert. Nun steckt die Firma erneut in der Krise, Asbeck kämpft um das Vertrauen der Aktionäre.

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Der Vorstandsvorsitzende der Solarworld AG, Frank Asbeck, aufgenommen 2011. Quelle: dpa

Frank Asbeck ist einer der wenigen deutschen Energiemanager, für den sich auch Society-Reporter interessieren. Der lockige, breit gebaute Gründer des Solarkonzerns „Solarworld“ - passionierter Jäger mit eigenem Schloss am Rhein - hat gerne einen flotten Spruch auf den Lippen.

In den goldenen Zeiten des Solarbooms zu Anfang der Energiewende hieß er in der Presse nur der „Sonnenkönig“. Doch mit der zunehmenden Konkurrenz bei Sonnenmodulen aus Asien zu Tiefstpreisen kam Asbecks Geschäftsmodell schon in den Jahren 2012 und 2013 massiv ins Rutschen. Damals rettete den Konzern nur ein Aktien- und Schuldenschnitt, bei dem Anleger Millionen verloren.

Jetzt steckt Solarworld wieder in der Krise. Nach einem abrupten Preisrückgang für Solarmodule auf dem Weltmarkt im vergangenen Jahr um 20 bis 30 Prozent stehen in der Jahresbilanz tiefrote Zahlen und fast 100 Millionen Euro Verlust.

Das sind die größten Solarkonzerne der Welt
Platz 15: Solarworld (Deutschland) Solarworld-Chef Frank Asbeck ist der letzte Überlebende aus der Glanzzeit der deutschen Solarindustrie. Während beinahe alle anderen heimischen Photovoltaikkonzerne in den vergangenen Jahren im Kampf gegen die asiatische Billigkonkurrenz pleitegingen, existiert die Firma des Bonner Ökopioniers immer noch. Dennoch ist die Zukunft von Solarworld ungewiss. Ein 770-Millionen-Dollar schwerer Rechtsstreit mit dem Siliziumhersteller Hemlock Semiconductor bedroht den Fortbestand des Unternehmens. Die drei Fabriken von Solarworld liefen 2015 ungeachtet der Klage aber auf Hochtouren. Nach Berechnungen des Analysehauses IHS produzierte Solarworld Paneele mit einer Kapazität von mehr als tausend Megawatt.Jahresproduktion: 1.117 Megawatt Quelle: DPA
Platz 14: REC Group (Norwegen) Neben Solarworld ist REC die größte verbliebene Photovoltaik-Marke in Europa. Richtig europäisch ist REC freilich nicht. Das Unternehmen hat zwar seinen Hauptsitz in Norwegen, aber produziert wird vorrangig in Singapur. Anfang 2015 wurde REC zudem von der Elkem Group übernommen. Elkem ist eine Tochter des chinesischen Konzerns Bluestar und stellt Silizium her – das Ausgangsmaterial für die Erzeugung von Photovoltaikzellen. REC beschäftigt rund 2000 Mitarbeiter weltweit und erwirtschaftete 2015 einen Umsatz von rund 755 Millionen Dollar. Jahresproduktion: 1.188 Megawatt Quelle: PR
Platz 13: Sunpower (USA)Amerikas zweitgrößter Photovoltaikkonzern ist 2015 wieder in die roten Zahlen gerutscht. Bei einem Umsatz von rund 1,4 Milliarden Dollar meldet Sunpower Verluste in der Höhe von fast 300 Millionen Dollar. 2016 soll es aber wieder aufwärts gehen. Das kalifornische Unternehmen rechnet mit Erlösen von bis zu drei Milliarden Dollar. Sunpower fertigt nicht nur Module, sondern errichtet und betreibt auch eigene Solarparks. In Deutschland erlangte der Konzern als Haupt- und Trikotsponsor des Fußballvereins Bayer 04 Leverkusen Bekanntheit. Die Partnerschaft endete 2013 aber bereits nach zwei Jahren, weil Sunpower wirtschaftlich in Probleme geriet.Jahresproduktion: 1.253 Megawatt Quelle: Bloomberg
Platz 12: Shanghai Aerospace Automobile (China)In keinem anderen Land der Welt werden so viele Solarmodule hergestellt und Photovoltaikanlagen ans Stromnetz angeschlossen wie in China. Das Reich der Mitte hat Deutschland 2015 als größte Solarnation abgelöst. Und kein Land schickt sich derzeit an, China wieder vom Thron zu stoßen. Im Gegenteil. Bis 2020 will die Staatsregierung in Peking die Solarkapazitäten sogar auf 143 Gigawatt ausbauen. Das wäre eine Verdreifachung der bisherigen Kapazitäten. Einer der größten Profiteure der fernöstlichen Ökorevolution ist schon jetzt die chinesische Firma Shanghai Aerospace Automobile. Jahresproduktion: 1.282 Megawatt Quelle: REUTERS
Platz 11: Risen Energy (China) In der ostchinesischen Provinz Zheijang ist Risen Energy beheimatet. Das Unternehmen wurde 1986 gegründet und beschäftigt aktuell etwa 3000 Mitarbeiter. Seine Solarmodule verkauft Risen überwiegend direkt im Reich der Mitte. Einen Grund daran etwas zu ändern, gibt es ohnehin nicht. Schließlich wächst der chinesische Solarmarkt aktuell um gut 48 Prozent pro Jahr. Jahresproduktion: 1.292 Megawatt Quelle: AP
Platz 10: EGing PV (China)Allein 2015 war der chinesische Markt für 32 Prozent der weltweit neu installierten Photovoltaikkapazität verantwortlich. Von diesem gigantischen Wachstum profitiert auch die Firma EGing PV überproportional. Das Unternehmen existiert seit 2003 und ist in Shanghai an der Börse notiert. Das Geschäftsmodell der chinesischen Firma umfasst nach eigenen Angaben die Produktion sämtlicher Solarprodukte – von Ingots, Wafern und Zellen bis hin zu Photovoltaikmodulen und der kompletten Errichtung von Solaranlagen. Jahresproduktion: 1.324 Megawatt Quelle: REUTERS
Platz 9: GCL (China)Von den 15 weltgrößten Solarkonzernen kommen gleich zehn Unternehmen aus China. Die Staatsregierung rief vor mehr als einem Jahrzehnt zum Aufbau einer eigenen Photovoltaikindustrie auf. GCL zählt zu den führenden Modulproduzenten in China und könnte künftig noch größer werden. Der Konzern ist zuletzt bei dem angeschlagenen Konkurrenten Chaori Solar eingestiegen. Jahresproduktion: 1.722 Megawatt Quelle: Reuters

„2016 war ein heftiges Jahr für die gesamte Solarbranche, geprägt von chinesischen Überkapazitäten und einem massiven Preisverfall“, sagte Asbeck im Vorfeld der Bilanzvorlage am Mittwoch. „Wir haben mit Maßnahmen darauf reagiert, die unsere Kosten senken und es gleichzeitig ermöglichen, uns mit Qualität und Technologie weiter vom asiatischen Wettbewerb abzusetzen.“

Asbeck kämpft um die Wende im Unternehmen. 2017 will er die Verluste eindämmen und die Sanierung des Konzerns vorantreiben. Gegen die Billigkonkurrenz aus Asien will er verstärkt auf hochwertige monokristalline Solarmodule setzen. Für den Umbau und den Abbau von 400 von jetzt noch rund 3300 Stellen braucht er aber erst mal Geld.

Rücklagen für Hemlock-Forderung hat Solarworld bisher nicht

Die nötigen Rückstellungen und Abschreibungen in der Bilanz ließen das Eigenkapital in der Solarworld-Muttergesellschaft stark auf nur noch 2,6 Millionen Euro schrumpfen. Laut Gesetz musste Asbeck daher jüngst eine außerordentliche Hauptversammlung ankündigen - äußerst schlecht fürs Image. Der Börsenkurs stürzte nach der Mitteilung kurzzeitig ab.

Solarworld betont indes, dass im Unternehmen noch rund 120 Millionen Euro Eigenkapital stecken. An liquiden Mitteln verfügte das Unternehmen Ende 2016 über 84 Millionen Euro. Das Geld liege nur in den Produktionsgesellschaften, nicht bei der Mutter. Kapitalmaßnahmen für frisches Geld seien nicht geplant, erklärt das Management. Das Geld reiche auch für die geplanten künftigen Investitionen eines „mittleren zweistelligen Millionenbetrages im Jahr“.

Ruhe bewahren und Kurs halten ist die Devise des Managements auch für die anstehende Hauptversammlung Anfang Juli. Spätestens dort dürfte das Thema hochkochen, das Solarworld-Anleger derzeit mit am meisten beschäftigt: Müssen die Bonner Rückstellungen bilden für das gewaltige Prozessrisiko, das ihnen in den USA droht?

Die größten Windkraft-Konzerne der Welt
Platz 14: XEMC (China)Nirgendwo auf der Welt werden jährlich mehr Windräder ans Stromnetz angeschlossen als in China. Zu den größten Profiteuren dieses fernöstlichen Grünstrom-Booms zählt XEMC. Der chinesische Elektrokonzern hat im Jahr 2009 die niederländische Energiefirma Darwind gekauft und sich so wertvolles Know-how für die Herstellung von Windturbinen und Rotorblättern gesichert, den wichtigsten Komponenten von Windenergieanlagen. Nach Berechnungen der Marktforschungsfirma FTI Intelligence brachte es XEMC 2016 auf einem Marktanteil von 2,2 Prozent. Marktanteil 2,2 Prozent.   Quelle: REUTERS
Platz 13: Dongfang (China)Der chinesische Staatskonzern Dongfang stellt Schiffe, Lokomotiven und Gasturbinen her. Zu einem immer einträglicheren Geschäft werden aber auch die Windräder, die das Unternehmen aus der Provinz Sichuan fertigt. Marktanteil: 2,2 Prozent. Quelle: REUTERS
Platz 12: Senvion (Deutschland)Deutschlands viertgrößter Windkraftkonzern Senvion rangiert global gesehen nur noch auf Platz 12. Die Hamburger kämpfen derzeit mit schwindenden Aufträgen, bröckelnden Marktanteilen und sinkenden Umsätzen. Nach einer Konsolidierungsphase soll der Erlös bis 2019 aber auf 2,6 Milliarden Euro in die Höhe schnellen. Damit die Konkurrenz Senvion in der Zwischenzeit nicht völlig enteilt, streicht der Konzern Hunderte Stellen und investiert in neue Produkte. Marktanteil: 2,5 Prozent. Quelle: dpa
Platz 11: Sewind (China)Die Windkraftsparte des chinesischen Staatskonzerns Shanghai Electric produziert in zwei Fabriken jährlich mehr als 3.000 Windräder. Besonders erfolgreich ist das Unternehmen mit seinen Anlagen auf hoher See. Im Segment Offshore-Wind zählt Sewind zu den drei größten Herstellern weltweit. In Deutschland sind die Chinesen zudem am Maschinenbauer Manz AG beteiligt. Marktanteil: 3,0 Prozent.   Quelle: dpa
Platz 10: CSIC Haizhuang (China) Unter den 14 führenden Windkraftkonzern der Welt befinden sich gleich acht Unternehmen aus China. Der Grund ist simpel: Im Reich der Mitte wurden alleine 2016 mehr als 40 Prozent der weltweit neu installierten Windräder ans Stromnetz angeschlossen. Ausländische Firmen kommen in China kaum zum Zug, der Markt ist weitgehend abgeschottet. Dieser Heimatbonus beflügelt Konzerne wie CSIC Haizhuang – sie prägen verstärkt den Weltmarkt. Marktanteil: 3,2 Prozent. Quelle: dpa
Platz 9: Mingyang (China)Chinas viertgrößter Windkraftkonzern will sich vom Maschinenbauer zum Service-Unternehmen wandeln. Zwar soll die Produktion von Turbinen, Gondeln und Rotorblättern weiterhin eine wesentliche Säule des Geschäfts bleiben, aber die Wartung und Instandhaltung von Windrädern verspricht höhere Renditen. Marktanteil: 3,5 Prozent. Quelle: PR
Platz 8: Envision (China)Lei Zhang ist das Enfant terrible der Windenergieindustrie. Der Chef von Envision bezeichnet sein Unternehmen gerne als das „Apple der Energiewelt“. Statt wie die Konkurrenz lediglich „dumme“ Windräder herzustellen, will Zhang künftig mit einer offenen Plattform Geld verdienen, die Angebot und Nachfrage im Energiemarkt synchronisiert. Schwankende Solar- und Windenergie will er im großen Stil mit Stromspeichern, Elektroautos oder Industrieanlagen koppeln und auf lange Sicht mit dem smarten Steuern von Energieflüssen Milliarden verdienen. Zumindest ein paar Jahre lang dürfte der Verkauf von Windmühlen aber noch das Kerngeschäft von Envision bleiben. Anders als die Wettbewerber lässt Envision aber die Anlagen von Subunternehmen fertigen. Damit braucht der Konzern fast zwanzig Mal weniger Fixangestellte als die Branchenführer. Nur das Design und die Patente gehören Envision. „Wie bei Apple“, meint Unternehmenschef Zhang. Marktanteil: 3,5 Prozent. Quelle: Bloomberg

Der ehemalige Siliziumlieferant Hemlock hatte Solarworld dort 2013 wegen nicht erfüllter Abnahmezusagen auf umgerechnet rund 720 Millionen Euro Schadenersatz verklagt. Ein US-Gericht hat diesen Anspruch im Sommer 2016 bejaht, Solarworld ging in Berufung. Gewinnt Hemlock und kann seine Ansprüche auch in Deutschland geltend machen, wird es eng: Rücklagen für die Forderung hat Solarworld bisher nicht. Der Vorstand hält die Forderung aber hierzulande für nicht durchsetzbar.

Die Frage ist, ob die Aktionäre Solarworld die Treue halten und ob das Umsteuern Asbecks nicht zu spät kommt. Fachleute wie der Aktionärsschützer Roland Klose vom Anlegerschutzverein DSW glauben an die Beharrlichkeit der Aktionäre: „Die sind dem Unternehmen und der Energiewende sehr verbunden: Die, die jetzt noch dabei sind, sind hart gesottene Überzeugungstäter.“

Allerdings müsse Solarworld das Thema Hemlock unbedingt bereinigen, sagt Klose. Sonst stecke so schnell niemand neues Geld ins Unternehmen.

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