Strom, Öl, Gas Die Energie-Preisspirale

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Energiekosten verdoppeln sich

 Stromzähler mit Anzeige der Kilowattstunden Quelle: dpa

Damit droht das Budget von Millionen Verbrauchern aus den Fugen zu geraten. Ein Haushalt, der 4000 Kilowattstunden im Jahr verbraucht, zahlt heute gut 250 Euro mehr für Strom als 2006 – Tendenz: steigend. Wer mit Fernwärme heizt, zahlt ab 2012 sieben Prozent mehr, bei einer 70-Quadratmeter-Wohnung ergibt das aufs Jahr verteilt ein Plus von 64 Euro. Die ganze Dramatik zeigt sich in der Langfristbetrachtung. Betrug die durchschnittliche monatliche Stromrechnung eines Drei-Personen-Haushaltes 1998 noch 49, 95 Euro, so liegt sie im ablaufenden Jahr nach Erhebungen des Bundesverbandes der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW) bei 72,77 Euro. Das ist ein Plus von fast 50 Prozent. Im gleichen Zeitraum blieb das verfügbare Nettorealeinkommen bestenfalls konstant. Gleichzeitig drohen die steigenden Energiepreise das gesamtwirtschaftliche Wachstum zu bremsen. "Schon dieses Jahr hatte der starke Anstieg bei den Energiepreisen Auswirkungen", sagt Klaus-Jürgen Gern, Konjunkturexperte beim Institut für Weltwirtschaft Kiel (IfW). Öl importierende Länder wie Deutschland seien besonders betroffen gewesen. Die Gewinnspanne von Unternehmen schrumpfe, Verbrauchern werde bei hohen Energiepreisen generell Kaufkraft entzogen, sagt Gern. "Da waren vor allem das Transportgewerbe und teilweise die chemische Industrie betroffen."

Michael Hüther geht noch einen Schritt weiter. "Wir beobachten bei der energieintensiven Industrie seit 2003 durchweg schwache Investitionen", sagt der Chef des arbeitgebereigenen Instituts der deutschen Wirtschaft in Köln (IW). Das sei eine schleichende, aber eindeutige Entwicklung und schade dem Standort Deutschland. Und die mittelfristigen Aussichten sind eher düster. Für die nächsten fünf bis zehn Jahre sei klar, dass Strom durch die Energiewende künstlich knapper werde, sagt IfW-Konjunkturfachmann Gern. "Das kostet Wachstum." Ob 0,2 Prozent oder etwas weniger, ließe sich allerdings noch nicht genau beziffern.

Doppelt so hohe Kosten bis 2030

Auf welche Schocks sich die Endverbraucher einstellen müssen, geht aus einem Papier der EU für die Energiepolitik nach dem deutschen Atomausstieg hervor. Die Skizze entstand unter Verantwortung von Energiekommissar Günther Oettinger. Ihr zufolge werden sich die Ausgaben der privaten Haushalte in Europa für Energie bis 2030 verdoppeln. Betragen diese heute durchschnittlich sieben bis acht Prozent des Einkommens, werden es in knapp 20 Jahren 15 Prozent sein. Eine der Ursachen ist der Strompreis, der laut Oettingers Papier bis 2030 inflationsbereinigt um bis zu 50 Prozent steigen wird.

Schuld an der drohenden Strangulierung zahlreicher Unternehmen und Verbraucher durch die Energiepreise haben vor allem vier Akteure. An erster Stelle steht der Staat, der Energie mit Steuern und Abgaben verteuert: 90 Cent pro Liter beträgt inzwischen beim Benzinpreis der Obolus an den Fiskus, 1990 waren es noch 37 Cent. Dann kommen die Stromkonzerne, die ihre Preise zum Beispiel auch dann erhöhen, wenn sie Kohle und Gas preiswerter beziehen. Nicht minder langen die Ölkonzerne zu, die 2010 die Tankstellenpreise 196-mal erhöhten, fast fünfmal so häufig wie 1999. Und schließlich holt der russische Staatskonzern Gazprom, der mehr als ein Drittel des importierten Gases hierzulande liefert, bei den Deutschen, was zu holen ist.

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