Uniper Wette auf die Dunkelflaute

Übernahmefantasien beflügeln die Aktie von Uniper. Doch wie soll das Geschäft mit Kohlenmeilern & Co in Zeiten der Energiewende gelingen? Uniper-Chef Klaus Schäfer setzt auf dunkle Wolken.

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Uniper-Chef Klaus Schäfer auf der Bilanzpressekonferenz im März 2017. Quelle: dpa

Klaus Schäfer weiß, womit man Aktionäre glücklich macht. Vor dem Chart der E.On-Aktie begrüßte er seine Aktionäre auf der ersten Hauptversammlung von Uniper. Der Kursverlauf hat es in sich: Um mehr als 75 Prozent ist die Aktie seit der Erstnotierung im vergangenen September nach oben geklettert. „Wir haben einen sehr erfreulichen Start hingelegt“, kommentierte Schäfer bescheiden.

Erst vor einem Jahr haben die Aktionäre des Versorgers E.On in der Essener Grugahalle für die Abspaltung der damals hundertprozentigen E.On-Tochter für konventionelle Stromerzeugung gestimmt. Was zunächst als „Resterampe“ des notleidenden Geschäfts von E.On mit fossiler Energieerzeugung belächelt wurde, kann Schäfer ein Jahr später in derselben Halle als Börsenstar feiern. Zuletzt hat Uniper sogar die Spitze des Nebenwerte-Index MDax erklommen.

Beachtlich ist die Kursrallye auch in Hinblick auf das erste Geschäftsjahr von Uniper, welches das Düsseldorfer Unternehmen mit einem Nettoverlust von 3,2 Milliarden Euro abschloss. Was die Aktie neben dem stabilen operativen Geschäft jedoch beflügelt, sind die Übernahmefantasien.

Denn E.On wird sich 2018 von den 47 Prozent trennen, die es noch an seiner ehemaligen Tochter hält. Als Kandidaten für die Übernahme gehandelt werden etwa der finnische Versorger Fortum, der US-Konzern KKR oder der tschechische Energiekonzern EPH.

Die Kardinalfrage der Aktionäre können die Börsenfantasien jedoch nicht beantworten: Wie will der Dinosaurier mit seinen fossilen Kraftwerkspark und dem Energiehandel in Zeiten der Energiewende überleben?

Nach der Aufspaltung nun der Neubeginn?
Es war ein Kraftakt mit noch ungewissem Ausgang: Über Börsengänge abgetrennter Konzernteile haben die Energieriesen Eon und RWE eine dringend nötige Kehrtwende eingeleitet. Gelingt den Versorgern mit Hilfe ihrer eigenständigen Öko-Sparten nun tatsächlich der Befreiungsschlag - oder kommt die schrittweise Abwendung von der Kohle- und Atomkraft viel zu spät? 2017 dürfte es für Verbraucher und die Branche ähnlich spannend bleiben. Zentrale Themen im Überblick. Quelle: dpa
1. Die Rettungsstrategie: Ökostrom, Netze und Services abspaltenDie „neue“ Eon mit Ökostrom, Netzgeschäft und Vertrieb heißt weiter Eon - der alte Bestand vor allem mit konventionellen Kraftwerken und dem Gasgeschäft wurde dagegen in den jetzt ebenfalls börsennotierten Konzern Uniper ausgelagert. Eon verfolgt eine Konzentration auf die boomenden neuen Energien bei gleichzeitiger Verschlankung. „Unser Ziel ist es, trotz weiterer grundlegender Veränderungen die Zukunft dauerhaft zu sichern“, erklärte Vorstandschef Johannes Teyssen im November. Quelle: REUTERS
Ähnlich machte es der Rivale RWE, wenngleich genau andersherum: Die Essener holten sich an der Börse frisches Geld für ihre Öko-Sparte Innogy, während die „alte“ RWE etwa die konventionellen Anlagen verwaltet. Konzernchef Peter Terium verbreitete zum Innogy-Start auf dem Parkett im Oktober Zuversicht: „Das ist ein super, super Tag.“ Quelle: dpa
2. Das anhaltende Problem: Kohle und Gas verdienen nicht genug GeldEin hohes Angebot an Ökostrom drückt in die Netze, weshalb die Lücke zwischen den eigentlich geringen Großhandelspreisen und den Einspeisevergütungen für die Hersteller von alternativer Energie tendenziell weiter aufklafft. Das Preisniveau an den Strombörsen ist für den Verkauf insbesondere der konventionell erzeugten Elektrizität entscheidend. Die „neuen“ Ökostrom-Geschäfte laufen deutlich besser. Quelle: dpa
Die Eon-Abspaltung Uniper steckte nach den ersten drei Quartalen 2016 mit minus 4,2 Milliarden Euro tief in den roten Zahlen. Das war so kurz nach der Trennung von Eon auch nicht anders erwartet worden. Der Betriebsgewinn legte auf rund 1,8 Milliarden Euro zu - jedoch vor allem wegen des Sondereffekts neu verhandelter Lieferverträge mit dem russischen Gasriesen Gazprom. Bei RWE sackte das Betriebsergebnis nach neun Monaten um knapp neun Prozent auf 2,6 Milliarden Euro ab. Quelle: REUTERS
3. Der Verbraucher muss vorerst weiter draufzahlenDer Privatkunde merkt von dem Preistief an den Strombörsen kaum etwas - ganz im Gegenteil: Steigende Kosten für den Ausbau des Netzes und der erneuerbaren Energien werden auch 2017 zu einem beträchtlichen Teil über die Netzentgelte und die Ökostrom-Umlage auf ihn abgewälzt. Quelle: dpa
Rund drei Viertel des Endverbraucher-Preises entfallen auf solche Abgaben und Steuern. Im nächsten Jahr erhöht sich die Ökostrom-Umlage von 6,35 auf 6,88 Cent je Kilowattstunde, wie die Netzbetreiber 50Hertz, Amprion, Tennet und TransnetBW im Oktober festlegten. Bei den Netzentgelten ist es ähnlich. Der für Norddeutschland und Bayern zuständige Betreiber Tennet kündigte eine Erhöhung um 80 Prozent an. Quelle: dpa

Klaus Schäfer wollte die drängende Frage in Essen mit einem simplen Zauberwort lösen: „Versorgungssicherheit“. Denn während E.On nach der Abspaltung nun die grüne Karte spielt und ganz auf erneuerbare Energien setzt, will Schäfer von den Unzulänglichkeiten der neuen Energieträger profitieren: „Als Wegbereiter der Energiewende sorgt Uniper dafür, dass Strom auch dann fließt, wenn der Wind nicht weht und die Sonne nicht scheint.“

Wie das aussieht, kann der Uniper-Chef sehr anschaulich schildern und berichtet vom 24. Januar, als in Deutschland eine sogenannte „Dunkelflaute“ herrschte: „Kein Lüftchen“ rührte sich laut Schäfer an diesem Morgen. „Deutschlandweit standen die meisten Windturbinen still. Gleichzeitig schalteten die Menschen überall im Land die Lichter an, drehten Wasserhähne auf und stellten die Heizung höher. Woher kommt an solchen Tagen unser Strom?“

Uniper-Chef fordert staatliche Unterstützung

Die Frage Schäfers war natürlich rhetorisch. Doch damit Uniper die Schwankungen der Erneuerbaren mit seinen Kraftwerken auch tatsächlich ausgleichen kann, so wie Schäfer das verspricht, braucht es noch mehr als nur dunkle Wolken.

So fordert Schäfer auch die Unterstützung des Staats an seinem Geschäftsmodell. Der Konzernlenker sieht die „Absicherungsleistung“ seines Unternehmens vom Staat „bislang noch nicht ausreichend vergütet“. Dafür hat Schäfer auch einen sportlichen Vergleich parat: „Es kommt doch auch niemand auf die Idee, einem Fußballer, der auf der Ersatzbank sitzt, das Gehalt zu streichen.“

Für den Aktienkurs gab es von den Aktionären und Anlegervertretern durch die Bank Lob. „Uniper, das steht tatsächlich für Unique Performance, also eine einzigartige Leistung, und nicht für Resterampe. Der Kurs der Aktie kennt nur einen Weg: nach oben“, lobte etwa Thomas Deser, Portfoliomanager von Union Investment.

Doch vom Börsenhype will Deser sich nicht blenden lassen: „Uniper ist ein Auslaufmodell, denn Sonne und Wind stehen im Vordergrund der Energieerzeugung“, sagte Deser und verwies auf die zunehmend ausgereiften Stromspeicher, welche die Schwankungen der Erneuerbaren ebenfalls bald ausgleichen sollen.

von Angela Hennersdorf, Niklas Hoyer, Andreas Macho, Dieter Schnaas

Kritisch zum Aktienkurs äußerte sich Thomas Hechtfischer von der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz (DSW): „Im Zweifel ist der Kursanstieg durch die Übernahmegerüchte getrieben.“ Von der Nachhaltigkeit des Geschäftsmodells, das maßgeblich auf die Dunkelflaute setze, ist Hechtfischer nicht überzeugt: „Das Geschäftsmodell von Uniper hängt an Strompreisen und Kapazitätsmärkten. Wir wollen hoffen, dass diese Wette aufgeht.“

Damit seine Aktionäre weiter auf ihn wetten, setzt Schäfer auf eine hohe Dividendenausschüttung: 55 Cent pro Aktie schlug er seinen Aktionären in der Grugahalle vor, was insgesamt einer Ausschüttung von 200 Millionen Euro entspricht. Und die Aussichten beim Thema Dividende bleiben rosig: Schäfer kündigte an, den Dividendenvorschlag für das Geschäftsjahr 2017 gegenüber dem Vorjahr um 15 Prozent zu erhöhen.

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