Energieversorger Trudelnde Stromriesen

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ARCHIV - Der Quelle: dpa

An diesem Montag hat RWE-Aufsichtsratschef Manfred Schneider mit seinen Kollegen über die Benennung eines Nachfolgers von Vorstandschef Jürgen Großmann beraten, der sich in der letzten Phase seiner Amtszeit als Befürworter der Kernenergie mit der Bundeskanzlerin angelegt hat. Das gilt in Aufsichtsratskreisen zwar als wirtschaftlich vernünftig, ist politisch nicht mehr opportun. Großmanns Vertrag läuft Ende September 2012 aus.

Das Ergebnis der Verhandlungen: Beerben wird ihn der Holländer Peter Terium. Der Chef der niederländischen RWE-Tochter Essent wurde schon Ende vergangener Woche als heißester Kandidat gehandelt. Im Vorfeld hatte auch RWE-Deutschland-Chef Rolf Martin Schmitz gute Karten bei Gewerkschaften und Kommunen – seit seiner Zeit bei der kommunalen Kölner Rheinenergie gilt er als einer der ihren. Bis zuletzt wurde spekuliert, ob Schneider noch einen Externen aus dem Hut zieht.

Vermutlich muss RWE trotz aller Probleme keine Zerschlagung fürchten: Die SPD-dominierten Kommunen, die mehr als 25 Prozent der Aktien halten, wollen auf Gedeih und Verderb ihren Großkonzern erhalten. „Wir brauchen RWE, nicht als Riesenstadtwerk, sondern als internationales Unternehmen“, sagt ein Vertreter der kommunalen Aktionäre.

Schockierte Bürgermeister in NRW

In Nordrhein-Westfalen denken die Bürgermeister vor allem an die Kräftigung der eigenen Industrie. Umso schockierter waren sie, als sie von der von E.On-Chef Johannes Teyssen geplanten Schließung des Ruhrgas-Standortes Essen erfuhren. Die kommunalen Anteilseigner haben immer wieder Bedenken gegen ein effizienteres Management und Gegensteuern bei drohenden Verlusten geäußert. Als Großmann vor drei Jahren die Standorte Dortmund und Essen zugunsten von Essen zusammenlegen wollte, gab es einen Aufschrei innerhalb der Kommunalen. So kommt es zu Protesten der SPD-Minister. Arbeitsminister Guntram Schneider attackierte E.On wegen der Schließung des Ruhrgas-Standortes Essen.

Die Politik in Nordrhein-Westfalen erwartet von E.On und RWE stets Großes, egal, wie die Geschäfte laufen und die politischen Rahmenbedingungen aussehen. Umgekehrt haben die Managementspitzen von E.On und RWE die Kommunen nach der Liberalisierung vor zwölf Jahren oft brüskiert. Der E.On-Vorstand vor Teyssen spielte lange mit dem Gedanken, seine Zentrale ins Ausland, nach Brüssel, zu verlegen. Und RWE-Lenker Großmann legte einen Plan vor, nach dem die Kommunalen im internationalen Geschäft entmachtet werden sollten.

Die Kommunen, von unternehmerisch denkenden Aufsichtsratsmitgliedern oft wegen ihrer Sorge um Standorte belächelt, erweisen sich nun als wichtiges Stützkorsett für RWE. Sie halten zu ihrem Konzern, auch wenn ein Geschäft nach dem anderen wegbricht. Das kann E.On nicht von sich sagen: Allein zehn Prozent der Aktien liegen bei großen Pensionsfonds – angelsächsisch geprägt, mit wenig Verständnis für deutsche Industriekultur ausgestattet, dafür mehr auf Gewinn aus. Der ist aber gerade E.Ons Problem.

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