Eurovision Song Contest Melodien für Millionen

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Fußball Länderspiel: Quelle: dpa

Weit unauffälliger als Brainpool-Chef Grabosch verdient ein stiller Mann aus der Schweiz an dem Spektakel: Bernhard Burgener. Der Eidgenosse ist Chef des Münchner Konzerns Constantin Medien, an dem auch Ex-Filmhändler Leo Kirch, dessen Firmenimperium 2002 unterging, mit fast 20 Prozent beteiligt ist. Zum weiten Reich von Burgener gehört neben Deutschlands wichtigstem Filmproduzenten Constantin Film ("Das Parfüm") auch die kleine, feine Sportvermarktungsagentur Team mit Sitz im Schweizer Ort Zug. Team ist eine Ertragsperle: 2010 konnte die Agentur ihren Umsatz um acht Prozent auf 100,9 Millionen Franken steigern – bei einer Umsatzrendite von stolzen 41 Prozent.

Team erfand 1992 das Sponsoring-Konzept für die Fußball-Champions-League: Möglichst wenige Sponsoren, dafür zahlen die umso mehr an den Veranstalter. Im Gegenzug erhalten sie das Alleinrecht, die Zuschauer zu umwerben. Wenn Team anrückt, müssen Europas Stadien werbefrei sein. Nur UniCredit, Ford, Heineken und wenige andere Auserwählte dürfen auf den Stadionbanden, auf Werbetafeln bei Fernsehinterviews und in der TV-Werbung während der Halbzeitpause auftauchen. Das funktioniert so gut, dass das Team damit die Blaupause für das Sponsoring von WM, EM und Olympia lieferte – und nach dem Muster seit 2004 auch den Eurovision Song Contest vermarktet. Der Vertrag mit der Europäischen Rundfunkunion wurde bis 2015 verlängert. Team-Manager Ferdinand von Strantz sagt: „Wir sind als weltweiter Vermarkter sehr zufrieden mit dem ESC – die Veranstaltung entwickelt sich von Jahr zu Jahr immer besser. Alle internationalen Sponsoring-Positionen sind vergeben.“

Die Hoffnungsvolle

Nur kurze Zeit brauchte der Aufbau, dann stand die Light-Box hier, am südlichen Ende von Düsseldorfs Vorzeige-Meile Kö. Aus großen Fenstern hat Tina Müller dort gerade alles im Blick. Die Light-Box ist ein zwei Stockwerke hoher, mit hellen Stoffbahnen verkleideter Stahlkoloss, der auf Stelzen über dem Fußweg einer Grünanlage schwebt und auf dessen Fassade Silhouetten nach dem Vorbild des Logos der Haarpflegemarke Schwarzkopf zu sehen sind. Entworfen hat die mobile Kiste der Modeschöpfer Karl Lagerfeld. Ist der Song Contest zu Ende, wird die Box abgebaut und reist gen Mailand und Paris, neuen Werbezwecken entgegen.

Müller ist bei Henkel die weltweite Marketingchefin für Kosmetik und gerade recht zufrieden mit sich und der Welt: Kein anderer Sponsor ist im Stadtbild so sichtbar mit dem ESC verbunden wie die Henkel-Marke Schwarzkopf. Auf Fahnen und Plakaten sticht das Logo direkt ins Auge: "Schön in die Mitte gerückt", sagt Marketingprofi Müller, "nicht nach links, da schaut ja keiner hin."

Müllers Trumpf im Rennen um den begehrten Sponsoren-Platz war ihre Schnelligkeit – kaum stand fest, dass der nächste Song Contest in Deutschland stattfinden würde, griff sie zu. Wie viele Millionen sich Henkel das kosten lässt, verrät sie nicht. Es lockte die Chance, die Marke mithilfe der Schlagerparade zu verjüngen. "Das hat in Moskau 2009 auch schon sehr gut funktioniert", sagt Müller – die Schwarzkopf-Marke Drei-Wetter-Taft, die vor zwei Jahren als Sponsor auftrat und in Russland den Markt anführte, steigerte danach weiter spannkräftig ihre Marktanteile.

In Düsseldorf, wo Henkel seinen Hauptsitz hat, ist Schwarzkopf gleich mehrere Nummern größer eingestiegen – und setzt erstmals massiv auf Werbung im Internet. Dazu erfand die Agentur Tribal DDB die Web-Seite „The Look of Music“, auf der ESC-Fans in ganz Europa Fotos ihrer ausgefallensten Frisuren hochladen und Tickets fürs Finale gewinnen konnten. Auch im Fernsehen ist Schwarzkopf mit der Düsseldorfer Trällersause sehr präsent – seit Januar folgt nach jedem TV-Spot der Hinweis "Official Beauty Partner of the ESC". "Wir haben sicher das Maximum an TV-Präsenz herausgeholt", sagt Müller. Ob sich der Aufwand lohnt, wird bei Henkel in den kommenden acht bis zwölf Wochen mit spitzem Stift berechnet: „Wir prüfen, ob sich in der Entwicklung der Marktanteile der ESC-Effekt nachweisen lässt“, sagt Müller.

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