Eurovision Song Contest Melodien für Millionen

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Einen Steinwurf von den Altstadt-Kneipen entfernt steht Dirk Elbers in seinem lichten Amtszimmer. Denkt er an den Song Contest Tag und Nacht, scheint er um Sorgen und Nöte gebracht. „Der ESC“, sinniert der CDU-Mann, der die Chose im vergangenen Oktober an den Rhein holte, "zeigt die ganze Vielschichtigkeit Europas, und diese Vielfalt wird sich auch in den Veranstaltungen in der Stadt widerspiegeln." Wie vielschichtig die ist, dürfen die Gäste aus aller Welt etwa am 14. Mai bewundern. Dann marschieren mehr als 2400 Schützen und Karnevalisten den Rhein entlang, samt Fasanenfeder am Hut.

"Das", erklärt Elbers die Folklore, „ist eine Art Musikparade plus Brauchtumsumzug.“ Und überhaupt: "Düsseldorf ist eine sehr internationale und offene Stadt mit rheinischem Frohsinn, wo Brauchtum mit Lokalkolorit dazugehört – warum sollen wir das verstecken?" Fragt sich, was die Geburtsstadt Heinrich Heines am Ende davon hat. Die Rhein-Metropole, einst Bühne für Künstler wie Beuys und Immendorff, Musikpioniere wie Kraftwerk und Spaßpunker wie die Toten Hosen, will nämlich weg vom ewig angepappten Image, bloß Brutstätte der Kö-Schnepfe zu sein, der gelangweilten wie gelifteten, reichen Unternehmergattin.

Mindestens zehn Millionen Euro macht Nordrhein-Westfalens Landeshauptstadt deshalb für den erhofften Imagewandel locker. Der größte Teil davon geht mit 6,2 Millionen Euro für Miete und Umbau der Arena drauf. Weitere gut drei Millionen kostet das Ersatzstadion, in dem der heimische Zweitliga-Fußballclub Fortuna drei Partien austrägt. Gerade 800.000 Euro dagegen stehen im Haushaltsentwurf für Marketingzwecke: „Wir haben ein bestimmtes Budget und wollen nicht das Geld säckeweise ausgeben“, sagt Elbers.

Ob das allerdings reicht, um nachhaltig am Image zu feilen? Für große Würfe wie eine TV-Übertragung auf der Fassade des ehemaligen Thyssen-Hochhauses, die im ersten Anlauf gut eine Million Euro gekostet hätte, fehlten Geldgeber. Auch für eine Reihe von Spontan-Konzerten cooler Bands in den Stadtteilen, ausgedacht von den Machern des örtlichen alternativen „Open Source“-Musikfestivals, reichte es nicht. Und der als Kreativberater engagierte hochdekorierte Werber Ralf Zilligen ging frühzeitig von Bord – offenbar passten im Rathaus vielen seine Ideen nicht.

Was der ESC Düsseldorf bringt, ist unklar

Ob die Stadt vom Spektakel profitiert, ist daher zweifelhaft. Zwar rechnet Elbers "in Zukunft mit höheren Übernachtungszahlen, Buchungen der Arena und mit Effekten bei der Gewerbesteuer“. In Oslo, Gastgeber im vergangenen Jahr, stiegen die Übernachtungszahlen nach dem ESC um 15 Prozent. Die Rheinländer haben sogar einen Betrag von 140 Millionen Euro vor Augen, den sie für Werbung hätten ausgeben müssen, um die gleiche Aufmerksamkeit zu erreichen. Nachrechnen lässt sich das aber nicht. Der langfristige Effekt für Stadt und Image, räumt Elbers ein, lasse sich heute "noch nicht exakt beziffern".

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