Ex-Landesbank-Vorstand verhaftet Die Skandale bei der BayernLB

Die Verhaftung eines Ex-Vorstandes, dubiose Geschäfte, Milliardenrisiken: Eine Serie von Skandalen erschüttert die Landesbank - das hat System.

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Der frühere Risikomanager der Quelle: dpa

Für Drehbuchautoren gäbe die jüngste Affäre der Bayerischen Landesbank wohl ein perfektes Skript ab: Ein Banker mit feudalem Lebensstil und einem Faible für Formel-1-Boliden lässt sich auf zweifelhafte Geschäfte ein und kassiert Millionen. Die Orte des Geschehens verbreiten einen Hauch Exotik: protzige Rennstrecken, die karibischen Jungferninseln, Mauritius und das idyllische Salzburg. Selbst der Name der Affäre klingt licht und klar: Sonnenschein.

So hatte der frühere BayernLB-Vorstand Gerhard Gribkowsky seine Privatstiftung in Österreich getauft, die nun im Zentrum einer der spektakulärsten Korruptionsermittlungen der vergangenen Jahre steht. Der Verdacht: Gribkowsky soll für sein „Entgegenkommen“ beim Verkauf von Formel-1-Anteilen seitens der BayernLB mit Millionensummen geschmiert worden sein, vermuten die Münchner Staatsanwälte. Am Mittwoch ließen sie Gribkowsky wegen Flucht- und Verdunkelungsgefahr in Untersuchungshaft nehmen und lenkten damit den Blick auf eine Bank, die in den vergangenen Jahren auch ohne die jüngste Affäre zum Synonym für Missmanagement und Amigo-Wirtschaft avanciert war.

3,7 Milliarden Euro hat die BayernLB versenkt

So hatten sich die Bayern-Banker mit Schrottpapieren auf dem US-Hypothekenmarkt verzockt, was nach dem Platzen der dortigen Immobilienblase zu Milliardenverlusten führte. Die Fehlspekulationen wurden auch Risiko-Vorstand Gribkowsky angelastet. Er musste im Frühjahr 2008 gehen. Wenig später genehmigte die EU-Kommission insgesamt 15 Milliarden Euro rettende Staatshilfen des Freistaates Bayern für seine angeschlagene Landesbank. Zehn Milliarden Euro zahlte Bayern als Finanzspritze, mit weiteren 4,8 Milliarden Euro garantierte der Freistaat für faule Wertpapiere.

3,7 Milliarden Euro hat die BayernLB bei der mittlerweile wieder abgestoßenen Bank Hypo Group Alpe Adria (HGAA) versenkt. Die Staatsanwaltschaft ermittelt, ein parlamentarischer Untersuchungsausschuss prüft das Desaster. Auch bei zahlreichen Großpleiten, etwa der des Elektronikgeräteherstellers Grundig und des Flugzeugherstellers Fairchild Dornier, durfte ein Name unter den Gläubigern nie fehlen: BayernLB.

Zwar dürfte der aktuelle Korruptionsfall nach dem derzeitigen Stand nichts mit den Altlasten der Bank zu tun haben. Doch dass es immer wieder die BayernLB erwischt, hat System: Und das heißt enge Verbandelung mit der Politik und mangelnde Kontrolle.

Bereits die Ursprünge der jüngsten Affäre zeigen, wie die Geschäfte der BayernLB mitunter funktionieren.

Der bayrische Filmhändler Leo Kirch, in der Politik des Freistaats bestens verdrahtet, hatte sich in den Neunzigerjahren mit Krediten der Landesbank in die Rennserie Formel 1 eingekauft. Nachdem sein Film- und Fernsehimperium 2002 zusammenbrach, fielen Kirchs Formel-1-Anteile an die Bank. Gribkowskys Aufgabe als Risiko-Vorstand war es später das BayernLB-Erbe aus dem Konkursimperium zu verwerten und möglichst viel von den zwei Milliarden Euro zurückzuholen, die die Bank dem Medienhändler geliehen hatte.

2006 verkaufte die Bank die Formel-1-Anteile schließlich an die Londoner Investmentgesellschaft CVC und den schillernden Formel-1-Gründer Bernie Ecclestone. Für welchen Preis die Anteile den Besitzer wechselten ist unklar, doch seit dem Deal machen Gerüchte die Runde, es sei eine recht überschaubare Summe gewesen.

Ex-Vorstand schweigt

Die BayernLB erklärt zwar noch am vergangenen Dienstag, es gebe „bisher keinen Anlass, daran zu zweifeln, dass der Verkaufsprozess korrekt vollzogen wurde“. Doch die Münchner Ermittler sahen das anders. Stutzig macht sie vor allem, dass nach dem Deal offenbar 50 Millionen Dollar aus Mauritius und den karibischen Jungferninseln an die im österreichischen Salzburg beheimatete Stiftung Gribkowskys transferiert wurden. Der Ex-Vorstand schweigt bislang zu den Vorwürfen.

Ironie der Geschichte: Die Verkaufserlöse des Formel-1-Deals nutzte die Bank wohl auch, um ihre Expansionspläne in Osteuropa voranzutreiben. Damit bahnte sich das nächste Desaster an: die Übernahme der österreichischen Bank Hypo Alpe Adria.

Die BayernLB hatte die HGAA 2007 für 1,7 Milliarden Euro übernommen. Kurz nach dem Deal mussten die Bayern noch mehr als eine Milliarde Euro zusätzliches Kapital nachschießen. Die hochgeschraubten Erwartungen auf ein boomendes Osteuropageschäft entpuppten sich als Reinfall.

Brisant ist dabei nicht allein das kaufmännische Versagen. Auch in Sachen HGAA stehen Vorstände und Kontrolleure im Verdacht, untreu und fahrlässig gehandelt zu haben. Die Staatsanwaltschaft ermittelt. So floss angeblich Bestechungsgeld an den mittlerweile verstorbenen österreichischen Landeshauptmann Jörg Haider, um dessen Zustimmung zu dem Deal zu erkaufen. Das Land Kärnten war zuvor Haupteigentümer der Bankengruppe (WirtschaftsWoche 6/2010).

Münchner Staatsanwälte wollen Anfang des Jahres Anklage im Fall BayernLB erheben. Im Fadenkreuz der Ermittler stehen der frühere Vorstandschef Werner Schmidt sowie weitere ehemalige Manager. Laut „Süddeutscher Zeitung“ wird der frühere Risiko-Vorstand Gribkowsky in einem internen Gutachten der BayernLB bei den Schuldigen nach Schmidt an zweiter Stelle genannt.

Die Vorstände sollen die HGAA wissentlich zu einem überteuerten Preis gekauft haben, nämlich von einer Investorengruppe um den Ex-HGAA-Chef Tilo Berlin. Die Gruppe hatte ihre Anteile nach nur wenigen Monaten an die BayernLB weitergereicht – mit mutmaßlich 130 bis 170 Millionen Euro Gewinn. Zu den Investoren zählten die Familie Flick und der ehemalige Bahn-Chef Heinz Dürr.

Die Landesbank hat allen damaligen Vorständen inzwischen Schadensersatzforderungen präsentiert und trennte sich Ende 2009 per Notverkauf für einen symbolischen Euro von ihrer österreichischen Tochter.

Neue Strategie

Die HGAA ist die BayernLB zwar losgeworden, doch damit ist längst nicht alles gut: In der hauseigenen Bad Bank schlummern noch Risiken in Höhe von rund 44 Milliarden Euro; bei der ungarischen Tochter MKB drohen Verluste. 2008 hat die BayernLB mit mehr als fünf Milliarden Euro den höchsten Verlust aller Landesbanken gemacht. 2009 waren es noch fast 2,8 Milliarden Euro Miese.

Erst im vergangenen Jahr hat die Bank wieder Geld verdient: So wiesen die Münchner in den ersten neun Monaten 2010 ein Ergebnis vor Steuern von 669 Millionen Euro aus. Wie nachhaltig die Gesundung ist, bleibt allerdings abzuwarten.

Denn ein Großteil des Gewinns stammt aus der um rund 47 Prozent zurückgefahrenen Risikovorsorge im Kreditgeschäft dank der verbesserten Wirtschaftslage. Zudem hat der neue Vorstandschef Gerd Häusler der Bank eine andere Strategie verordnet.

Auch auf Druck der EU-Kommission konzentriert sich die BayernLB stärker auf das Inland, risikoreiche Geschäfte wurden zurückgefahren. Die Schrumpfung lässt sich auch am um elf Prozent gesunkenen Provisionsüberschuss ablesen.

Nach den Anfang November überraschend abgesagten Fusionsgesprächen mit der ebenfalls angeschlagenen Düsseldorfer WestLB hofft der Freistaat Bayern, der seit der Krisenintervention 94 Prozent der Anteile hält, jetzt auf einen privaten Käufer für die Bank.

Diesmal dürften die am Verkaufsprozess Beteiligten wohl von Anfang an unter erhöhter Beobachtung stehen.

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