Expertenkolumne Fallstricke beim Praxisverkauf

Wer als niedergelassener Arzt am Ende seines Berufslebens seine Praxis verkauft, sollte dies ganz tun. Grund: Gibt er seine Tätigkeit nicht in vollem Umfang auf und führt beispielsweise seine bisherige meist besonders lukrative Gutachtertätigkeit fort, verliert er wichtige Steuerprivilegien. Dies ist Tenor einer aktuellen finanzge-richtlichen Entscheidung des Hessischen Finanzgerichts (vom 09.06.2008; 13 K 145/08).

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Marcus Hornig Quelle: Arndt Sauerbrunn / S7udio

Eine Neurologin hatte im Praxisübernahmevertrag eine Ausnahme vom sogenannten “Rückkehrverbot“ vereinbart. Zwar durfte sie sich in einem Umkreis von zehn Kilometern nicht mehr neu niederlassen, doch davon ausgenommen sollte ihre Gutachtertätigkeit sein. Diese machte aber mehr als zehn Prozent ihrer bisherigen Gesamtumsatzes aus. Damit wurde der Gewinn aus dem Praxisverkauf als laufender Gewinn in vollem Umfang steuerpflichtig. Sie verlor nicht nur ihren Anspruch auf den Freibetrag von zurzeit 45.000 Euro, bis zu dem der Verkauf keine Steuern ausgelöst hätte, sondern konnte für den Praxisverkauf nicht mehr den hälftigen Steuersatz beanspruchen.

Dies hätte vermieden werden können, wenn die Ärztin einige Grundsätze beachtet hätte. Steuerbegünstigt sind nur die Praxisübertragungen, bei denen alle wesentlichen Grundlagen wie Patientenstamm, Praxiswert, Ausstattung und Praxisräume zeitnah auf den Käufer übergehen. Gekoppelt sollte dies mit einem Wettbewerbsverbot (“Rückkehrverbot“) sein, wonach der Verkäufer für eine gewisse Zeit in einem örtlich begrenzten Wirkungskreis nicht mehr praktizieren darf.

Wer sich als Arzt aber noch nicht ganz aus dem Berufsleben verabschieden möchte oder plötzlich aus Krankheitsgründen seinen Beruf nicht mehr oder nur noch eingeschränkt ausüben kann, dem stehen verschiedene Gestaltungsmöglichkeiten zur Verfügung. So könnte eine Praxis rechtzeitig vor dem Verkauf in selbstständige Einheiten geteilt werden. So übt ein Internist, der neben seiner eigentlichen Heilbehandlung auch Gutachten für die Berufsgenossenschaft oder Trainingspläne für Leistungssportler erstellt, unterschiedliche Tätigkeiten aus. Werden diese Tätigkeitsschwerpunkte in voneinander getrennten Räumlichkeiten mit unterschiedlichem Personal ausgeübt, so nimmt die Rechtsprechung Teilpraxen an.

Höchstrichterlich entschieden worden ist beispielsweise der Fall eines Zahnarztes, der sowohl eine Zahnarztpraxis als auch eine Praxis für Kieferorthopädie auf zwei Stockwerken mit jeweils eigenem Personal und eigenem Patientenkreis unterhielt. Ist eine räumliche Trennung oder eine Aufteilung des Personals nicht möglich, muss die Trennung der Teilpraxen anders dokumentiert werden. Hier hilft auch eine getrennte Gewinnermittlung. Werden die zahnärztlichen und kieferorthopädischen Umsätze getrennt voneinander verbucht, kann dies ein Indiz für Teilpraxen sein.

Sinnvollerweise verkauft der Arzt dann die Teilpraxis mit dem höchsten Umsatz. Dafür erhält er dann Freibetrag und halben Steuersatz. Die anderen Teilpraxen führt er weiter. Bei einem späteren Verkauf der anderen Teilpraxen muss aber bedacht werden, dass diese dann nicht mehr steuerbegünstigt veräußert werden können. Dieses Privileg steht einem Arzt bei Verkauf seiner Praxis in seinem Leben nur einmal zu.

Dabei ist darauf zu achten, dass keine nicht originär freiberuflichen Tätigkeiten miteinander kombiniert werden. Ein Augenarzt, der auf die Idee kommt, neben seiner Heilbehandlung als neues Geschäftsfeld auch Kontaktlinsen anzupassen und zu verkaufen, gefährdet damit seine freiberufliche Tätigkeit insgesamt. Er übt dann zwar wesensmäßig unterschiedliche Tätigkeiten aus. Trennt er aber nicht den Bereich der Kontaktlinsenanpassung räumlich und buchhalterisch, so “infiziert“ der originär gewerbliche Bereich der Kontaktlinsenanpassung mit anschließendem Verkauf seine anderen Umsätze mit dem Malus der Gewerblichkeit - der aber für ihn nur in Gemeinden mit Hebesätzen unter 400 Prozent zu einer echten Belastung mit Gewerbesteuer führt.

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