Falk-Prozess Yachten, Villen, dubiose Deals

Alexander Falk war ein Star der New Economy, galt als Internetrebell und einer der reichsten Deutschen. Nun wurde vom Landgericht Hamburg wegen versuchten Betrugs zu vier Jahren Haft verurteilt. Der Aufstieg und Fall des Stadtplanerben.

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Alexander Falk (r.) mit seinem Quelle: dpa

1969: Alexander Falk wird in Hamburg geboren. Sein Vater Gerhard hatte nach dem Zweiten Weltkrieg den Kartografie-Verlag Falk gegründet, der durch die patentierten Faltstadtpläne weltweit berühmt wurde.

1991: Neben seinem BWL- und Politik-Studium arbeitet Alexander Falk im familieneigenen Verlag mit. Falk leitet eine mit der Digitalisierung der Pläne befasste Tochterfirma und entwickelt später darauf aufbauend Navigationssysteme.

1995 verkaufen Alexander Falk und seine Schwestern ihre ererbten Anteile an dem Kartografie-Verlag.

1997: Mit den umgerechnet 25 Millionen Euro, die der Medienkonzern Bertelsmann für den Verlag gezahlt hat, steigt Alexander Falk in das Internet-Geschäft ein und kauft die Mehrheit an der Schweizer Holding Distefora (Abkürzung für „Distribution Television, Foto, Radio"). „Ich war mir sicher, dass in 20 Jahren nur noch ein paar Exoten mit gedruckten Stadtplänen herumlaufen. Ich glaubte nicht mehr an dieses Geschäft", sagt Falk später in einem Interview. „Ich benutze nicht einmal Stadtpläne. Wenn ich nicht mehr weiterkomme und niemanden fragen kann, dann fahre ich an die Tankstelle, gucke mir schnell den Plan an und lege ihn unauffällig zurück."

1998: Von ThyssenKrupp kauft Falk die Hamburger Ision Internet AG, einen Internet-Zugangsanbieter, den er in die Distefora integriert.

März 2000: Falk bringt Ision an den boomenden Neuen Markt. Das Unternehmen präsentiert sich als „führender Anbieter von Internet-Zugang und Hosting in Deutschland". Die für 69 Euro ausgegebenen Papiere eröffnen mit 155 Euro und steigen kurz danach auf 158 Euro. Bei Börsenschluss notieren sie bei 130 Euro - ein Plus von fast 90 Prozent. Nicht schlecht für ein Unternehmen, das mit rund 800 Mitarbeitern gerade mal 25 Millionen Euro umsetzt.

Dezember 2000: In der Hochphase der New Economy, als die Börsenkurse ungeahnte Höhen erreichen, verkauft er Ision an den britischen Telekommunikationsanbieter Energis. 521 Millionen Euro in Aktien zahten die Briten an Falks Distefora Holding, die rund 75 Prozent der Ision-Aktien hält, 201 Millionen Euro gibt es in bar. Das „Manager Magazin" zählte ihn inzwischen zu den 100 reichsten Deutschen. Standesgemäß residiert Falk auf Hamburgs Reederzeile Palmaille in der Villa des früheren dänischen Hofarchitekten. Eine geschwungene Marmortreppe und Antiquitäten verleihen dem Patrizier-Anwesen hanseatisches Ambiente. In der Eingangshalle hängt ein Ölgemälde, das seinen Vater zeigt.

2001: Kaum zwei Monate nach dem Ision-Kauf verscherbelt Falk über die Distefora rund 17 Millionen Energis-Aktien, der Erlös liegt bei rund 100 Millionen Euro. Der Kurs der Briten bricht ein. Die Energis-Vorstände werfen Falk vor, eine vereinbarte Sperrfrist gebrochen zu haben. Falk verweist auf eine mündliche Absprache, die ihm den Verkauf gestattet haben soll.

Mai 2002: Energis stellt die Finanzierung von Ision ein. Ision stellt Insolvenzantrag. Die Briten stecken selbst tief in Finanznot, da der eigene Großaktionär National Grid weitere Finanzspritzen ablehnt. Für die Proleme wird auch die vorangegangene Übernahme von Ision für 812 Millionen Euro verantwortlich gemacht.

6. Juni 2003: In London erreicht Falk die Nachricht, dass Haftbefehl gegen ihn und fünf weitere ehemalige Ision-Manager erlassen wurde. Falk soll den Ision-Kurs durch Scheingeschäfte hochgetrieben haben, um einen besseren Verkaufspreis zu erzielen. Kripo-Fahnder haben bereits seine Pöseldorfer Villa und 23 weitere Immobilien durchsucht und Unterlagen beschlagnahmt. Der Millionär beordert seine Anwälte und Berater in die britische Hauptstadt. Einer soll ihm geraten haben, nach Südafrika zu fliehen - der Multimillionär besitzt ein weitläufiges Weingut bei Kapstadt. Doch Falk steigt in einen Privatjet gen Hamburg und landet in Untersuchungshaft in einer neun Quadratmeter-Zelle. Sein Vermögen wird eingefroren.

16. Juni 2003: Das angebliche Protokoll eines „Kick-off-Meeting" taucht auf und belastet Falk schwer. Aus dem Schreiben soll hervorgehen, dass sich Falk drei Monate vor dem spektakulären Energis-Deal mit einem kleinen Kreis von sechs Vertrauten im Hamburger Büro der Ision AG traf, um kursstützende Maßnahmen zu vereinbaren. Später räumt der Mitangeklagte Ralph S. ein, dass das Protokoll mit dem mutmaßlichen Betrugsplan eine Fälschung ist. Er habe mit diesem Dokument seine Chefs unter Druck setzen wollen.

April 2004: Wenn es ein Symbol gibt für den Aufstieg Falks gibt, dann ist es seine Yacht: die Flica II, 1939 in Schottland gebaut, 20 Meter lang mit einem Rumpf aus Mahagoni und Decksplanken aus Oregon-Pinie. Die Yacht wird in Kiel beschlagnahmt.

23. Juni 2004: Das Bundesverfassungsgericht hebt die vorläufige Sicherstellung von Falks Vermögen - immerhin 532 Millionen Euro - auf.

Dezember 2004: Der Prozess vor dem Hamburger Landgericht beginnt. Falk werden Kursmanipulation, Betrug in einem besonders schweren Fall und Steuerhinterziehung vorgeworfen.

Februar 2005: Maarten R., Ex-Ision-Finanzvorstand, gibt zu, Scheinumsätze von 2,2 Millionen Euro verbucht zu haben. Es habe aber keine Betrugsabsicht und keinen Betrugsplan gegeben.

März 2005: In einem Vernehmungsprotokoll des Falk-Beraters Hubertus W. ist von Luftgeschäften in Höhe von drei bis vier Millionen Euro die Rede.

April 2005: Falk darf nach fast zwei Jahren Untersuchungshaft das Gefängnis verlassen - gegen 1,5 Millionen Euro Kaution, strenge Meldeauflagen und Abgabe seines Passes.

November 2005: Das Landgericht hebt den Haftbefehl gegen Falk auf. Es gehe nur noch um den Vorwurf des versuchten Betruges, da objektiv kein Betrugsschaden mehr zu ermitteln sei. Die Staatsanwaltschaft legt Beschwerde ein. Das Oberlandesgericht setzt den Haftbefehl wieder in Vollzug. So geht es mehrfach hin und her.

9. Mai 2008: Das Hamburger Landgericht verurteilt Falk zu vier Jahren Haft wegen gemeinschaftlichen versuchten Betrugs und Bilanzfälschung. Die Staatsanwaltschaft hatte fünf Jahre und neun Monate Haft gefordert, die Verteidigung auf Freispruch plädiert. Falk will gegen das Urteil Rechtsmittel einlegen.

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