Familienzwist Die Oetkers streiten weiter

August Oetker wird heute 70 Jahre alt. Seine Lieblingsthemen sind Schiffe, Oldtimer und die Nachhaltigkeit. Doch dazu befragt ihn derzeit niemand. Denn viel interessanter ist der nicht endende Streit in der Familie.

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Familienpatriarch August Oetker: Böse Zungen behaupten, er hätte noch gerne weiter an der Spitze des Konzerns gestanden. Quelle: dpa

Bielefeld Als kleiner Junge, kurz nach dem Zweiten Weltkrieg, war August Oetker am liebsten bei den Gärtnern, die das Anwesen der Familie am Bielefelder Stadtrand zum Schlaraffenland machten. „Da gab es alles. Apfelbäume, Kirschbäume und Birnbäume, Kartoffeln, Gemüse, Pflaumen“, erinnert sich August Oetker. Später wollte er lieber Kapitän sein. Er wurde weder noch. Aber er hat Jahrzehnte den „Dampfer“ Dr. Oetker gelenkt und die Früchte der Arbeit geerntet. An diesem Montag wird er 70 und versucht, sich den Ärger über die Streitereien in der Familie nicht allzu sehr anmerken zu lassen.

August Oetker, internes Kürzel „AO“, leitete von 1981 bis 2009 den Konzern. Der Nahrungsmittelsparte verordnete er eine Konzentration auf Kernkompetenzen und hatte damit Erfolg. Der gelernte Schifffahrtskaufmann machte die Container-Reederei Hamburg Süd zur größten Sparte. Sie liefert mittlerweile mehr als die Hälfte des Umsatzes von fast elf Milliarden Euro. Zum Konzern gehören auch die Radeberger-Gruppe, die Henkell-Gruppe, die Lampe-Bank und Hotels.

Böse Zungen behaupten, August Oetker hätte gerne noch weitergemacht an der Spitze. Doch die drei jüngeren Halbgeschwister um Alfred aus der dritten Ehe des Patriarchen Rudolf August Oetker hätten ihm das verwehrt. Wäre er gern geblieben? Er ringt um Worte. „Nein. Es hätte Gründe geben können und ich dachte, es gab Gründe. Diese Gründe entfielen dann, aber, nein, sie wurden so nicht gesehen.“

Als August dann ging, folgte ihm 2010 etwas überraschend sein jüngerer Bruder Richard (63) als Oetker-Chef nach. Alfred Oetker habe sich Hoffnungen auf den Posten gemacht. Und die drei jüngeren Geschwister seien erbost gewesen, berichteten Medien. Seitdem herrsche Eiszeit. Mittlerweile bemüht sich sogar ein internes Schiedsgericht aus einem Ex-Bundesrichter und zwei renommierten Rechtswissenschaftlern darum, die Wogen zu glätten.

Heute ist August Oetker Vorsitzender des mächtigen Beirats und sitzt damit an einer Schaltstelle des Konzerns. Hier wird der nächste Konzernchef bestimmt. Die Familie ist hier in der Minderheit. Drei Familienmitgliedern, darunter August und Alfred Oetker, stehen vier familienfremde Manager gegenüber.

August Oetker redet nicht über mögliche Nachfolger Richards, der spätestens 2016 ausscheidet. Er betont aber, dass der Name Oetker nicht reiche, um den Konzern zu lenken. „Es sollen die Besten das Unternehmen führen.“


Oetker soll nicht auseinanderfallen

August Oetker hat nie einen Hehl daraus gemacht, dass ihm die Schifffahrt besonders am Herzen liegt. „AO“ führte auch die Verhandlungen mit der Reederei Hapag-Lloyd über eine Fusion. Diese wäre sinnvoll gewesen, wie alle Beteiligten stets betonten. „Die meisten Beteiligten“, knurrt Oetker an dieser Stelle. Man könne eben verschiedener Auffassung zum Thema Schifffahrt sein.

Haben die Geschwister um Alfred die Verhandlungen mit der Hapag-Lloyd gestoppt, wie es zu lesen war? Das könne er nun wirklich nicht sagen, aber er bedaure das Scheitern, sagt August Oetker. Zugleich beeilt er sich zu ergänzen, dass die „Alten“ nicht immer recht haben müssten.

Dass er sich zu seinem Geburtstag andere Medienberichte gewünscht hätte, sieht man dem groß gewachsenen Mann deutlich an. Wird darin die Handlungsfähigkeit der Familie und der Gruppe infrage gestellt, kommt er in Fahrt. Es sei „Blödsinn“, wenn eine Zeitung behaupte, die Investitionen würden wegen des Streits heruntergefahren. „Das ist alles Unsinn.“

Dennoch ist die Uneinigkeit für den vierten Oetker-Chef seit 1891 kein Dauerzustand. Medien spotten, dass sich die Geschwister inzwischen schon darüber streiten, wer das firmeneigene Propellerflugzeug („Puddingmeise“) nutzen darf. Beeinträchtigt der Streit doch die Geschäfte? „Also wenn das Jahrzehnte lang dauert, dann sicher“, räumt August Oetker ein.

Von einem Auseinanderfallen der Oetker-Gruppe will er aber nichts wissen. Er denkt lange über die Antwort nach, bevor er fast trotzig sagt: „Eine Gruppe fällt nicht einfach auseinander oder wird auseinandergenommen, nur weil sich Gesellschafter nicht einig darüber sind, in welcher Weise sie weitergeführt werden soll.“ Veränderungen seien denkbar. Es gebe keinen Bereich, mit dessen Verkauf Oetker seine Identität verlieren würde, „außer Dr. Oetker selber“, das „Mutterhaus.“

Deutlich entspannter ist August Oetker, wenn es um Oldtimer geht. Er sammelt alte Autos. Und fühlt er sich jetzt alt, fast wie ein Oldtimer? August Oetker, der immer noch um die 16 Ämter hat, zuckt mit den Achseln. Es gebe den Spruch: Man ist so alt, wie man sich fühlt. Aber: „Dazu komme ich nicht, dazusitzen und mich zu fühlen. Dazu muss man sich ja hinsetzen und sich fragen, wie fühle ich mich? Das ist mir zu langweilig.“

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