Finanzierung Staatlicher Rückhalt für den Mittelstand

Die Bundesregierung will vor allem kleine und mittlere Unternehmen mit Hilfe der Kreditversicherer stabilisieren. Sie will die Versicherungssummen aufstocken, wenn die Institute selbst nicht zahlen wollen.

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Woher kommt das Geld? Jetzt will der Staat den Mittelstand stützen. Quelle: ap Quelle: handelsblatt.com

MAINZ. Die Kreditversicherer sind den Banken als Sündenböcke gefolgt. Und der Staat plant nunmehr jene in der Krise zu unterstützen, die die vermeintliche "Finanzversicherungsklemme" auslösen.

Anders als bei den Geldhäusern kommt die Forderung nach Hilfe allerdings aus der Industrie. So klagen viele Unternehmen und Verbände, dass die Delkredere-Versicherer sich ihrer Verantwortung entziehen und nur noch eingeschränkt Kreditlimite zeichnen.

Die Kreditversicherer selbst sehen diese Maßnahme zwar als ungerechtfertigt an, entziehen sich aber nicht dem Angebot des Bundes. Ergo stellen sie ihre Infrastruktur, Know-how und Vertriebskanäle zur Verfügung. Auch Fachmakler greifen auf diese Option zurück.

Das gesamte abgedeckte Forderungsvolumen betrug zum Jahresende 2006 etwa 230 Mrd. Euro, steigerte sich bis zum Jahresende 2009 auf rund 285 Mrd. Euro und beträgt derzeit etwa 275 Mrd. Euro. Das Volumen liegt demnach rund drei Prozent unterhalb des Vorjahresniveaus.

Die Gründe sind einerseits in der verhaltenen Zeichnungsquote der Anbieter zu suchen, daneben aber auch in dem konjunkturell kaum überraschenden Rückgang von Umsätzen und Preisen. Ein häufiges Problem sind zudem verschlechterte Bonitätsbeurteilungen. Aber auch die Forderungsschuldner tragen dazu bei: Anders als die Banken, die zur Prüfung verpflichtet sind, ist die Bilanz- und Datenanalyse der Kreditversicherer im Wesentlichen auf die freiwillige Kooperation mit dem Schuldner angewiesen. Fehlen dessen Daten, wird sich der Kreditversicherer nicht in ausreichendem Umfang an der Risikoübernahme beteiligen.

Ferner werden in der Krise auch vermehrt neue Policen für Forderungsabsicherungen nachgefragt: Zum einen, weil Kreditinstitute mit ihrer zurückhaltenden Kreditpolitik dem Mittelstand Liquidität entziehen und dieser sich dann durch verlängerte Zahlungsziele bei den Lieferanten refinanziert. Zum anderen aber, weil ein höheres Ausfallrisiko auch bei Unternehmen erwartet wird, die bislang ohne Kreditversicherung arbeiteten. Hier kollidieren Nachfrageinteressen und Angebotsmöglichkeiten.

Obwohl sich das Volumen der versicherten Handelsgeschäfte seit Beginn der Wirtschaftskrise gesamtwirtschaftlich nur unwesentlich verringerte, hat das Wirtschaftsressort der Bundesregierung entschieden, gut 8 Mrd. Euro an Rückbürgschaftslinien zur Verfügung zu stellen. Allerdings basieren Kreditversicherungen auf klaren Bonitätsvorgaben, die Linien sind deshalb nicht ohne weiteres auszuweiten.

In den kommenden Monaten wird nun versucht, ein so genanntes Top-up Modell mit staatlicher Rückversicherung zu installieren. Die Maßnahme sieht vor, dass in Fällen, bei denen der Kreditversicherer dem Versicherungsbedarf des Kunden nur eingeschränkt zustimmt, eine Verdoppelung des Rahmens ermöglicht wird.

Die Prämie für die Deckungserweiterung wird vermutlich 25 Prozent über dem Satz liegen, der dem Rahmenvertrag unterliegt. Allein dies kann dazu führen, dass das Angebot nicht allzu stark angefragt wird. Immerhin ist der Mittelstand in diesem Bereich preissensitiv.

Zudem besteht die Gefahr, dass die Kreditversicherer die nun risikofreien Rückbürgschaften nutzen, um sich aus kritischen Engagements stärker zurückzuziehen. Mit anderen Worten: Das gesamte Deckungsvolumen bliebe im Wesentlichen konstant. Hier sind Berater der Unternehmen gefragt, welche die Finanzverantwortlichen bei den Verhandlungen unterstützen.

Immerhin ist diese Maßnahme aber sinnvoller als die so genannte Abwrackprämie, die punktuell zu Gunsten der Automobilhersteller wirkte, aber andere Branchen wie die Möbelindustrie stark belastet.

Die Versicherungs-Aufstockung kommt in dieser Hinsicht der gesamten Wirtschaft zugute, speziell aber dem Mittelstand: Sämtliche Unternehmen, die ihr Debitorenmanagement mit Kreditversicherungen optimieren, profitieren von diesem Subventionsinstrument.

Einen wichtigen ergänzenden Effekt für die Liquidität erhält die Maßnahme aber auch wegen der anhaltenden Kreditklemme: Die Lieferantenkredite werden bei den Herstellern gerne absatzfinanziert. Der Forderungsverkauf wird wiederum mit Delkredereversicherungen unterlegt. Reduziert der Kreditversicherer sein Obligo, so sind damit auch Forderungsfinanzierungen unmittelbar betroffen. Bleiben die Delkrederezusagen aber auf hohem Niveau, bleibt diese Finanzierungsoption erhalten.

Im Vorfeld wurden neben dem Top-up unter anderem auch eine parallele sowie eine alternative Staatsdeckung diskutiert. Ansätze wie im staatsdirigistischeren Frankreich, bei der auch komplette Ablehnungen des privaten Marktes angefragt werden können, werden faktisch selten angenommen, weil die Prämien auf Grund des erhöhten Risikos entsprechend hoch kalkuliert sind. Auch die Alternative einer parallelen Staatskreditversicherung würde prominent an Zeit, Qualität und Strukturdefizit scheitern. Die Lösung erscheint also in der Summe ideal.

Bleibt schließlich nur die Frage, wann das Projekt "Staats-Top-up" umgesetzt wird. Hier ist Mitte 2010 ein realistisches Datum.

Joachim Neusser ist Geschäftsführer der Unternehmensberatung ProCreda GmbH.

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