Finanzkrise Sein und Schein: Dumme Sprüche von Bankern und Analysten

Deutsche-Bank-Chef Josef Ackermann ist nicht der einzige Top-Banker mit einer Neigung zu starken Ansagen. Auch bei seinen Kollegen klaffen Ausspruch und Realität weit auseinander. Wir haben dumme Sprüche von Top-Banker und Analysten gesammelt - und recherchiert, was tatsächlich passiert ist.

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Das Paradebeispiel für eine vollkommen falsch eingeschätzte Situation: Richard Fuld, Chef von Lehman-Brothers. Quelle: dpa

Die meisten der folgenden Zitate wichtiger Banker und Finanzanalysten stammen aus dem Buch „Die 382 dümmsten Sprüche der Banker: Und noch mehr Gründe, warum Sie ihnen nicht trauen sollten“ von Manfred Gburek.

„Das Schlimmste ist überstanden.“  Richard Fuld, Chef der US-Investmentbank Lehman Brothers, im Juni 2008 über die Finanzkrise. Drei Monate später ging das 158 Jahre alte, von deutschen Einwanderern gegründete Institut pleite.

„Ich bin mit der jüngsten Entwicklung sehr zufrieden. Die Restrukturierung ist beendet, jetzt geht die Bank auf Wachstumskurs.“  Michael Diekmann, Chef der Allianz, im Mai 2005 zur Situation der Dresdner Bank, die seit 2001 zu dem Versicherungsriesen gehört. Ende August 2008 verkauft Diekmann seine Banktochter nach hohen Verlusten durch die Finanzkrise an die Commerzbank.

„Objektivität und Professionalität der Risikoeinschätzung — aber auch der Preisfindung — nehmen zu. Und indem Kreditrisiken in der Wirtschaft nach dem Prinzip der Risikomischung entsprechend der individuellen Tragfähigkeit verteilt und gestreut werden, verbessern sich auch Stabilität und Leistungsfähigkeit der Finanzmärkte.“ Klaus-Peter Müller, Ex-Commerzbank-Chef, heute deren Aufsichtsratschef und seit 2005 Präsident des Bundesverbands Deutscher Banken, über die zunehmende Verbriefung von Krediten, die zu der gegenwärtigen Finanzkrise führte.

"Im November oder spätestens im März nächsten Jahres sollte das Vertrauen zurück sein. Bis dahin sind die Quartals- und Jahresabschlüsse von 2007 veröffentlicht. Dann sollte die Krise ausgestanden sein.“ Klaus-Peter Müller, Ex-Commerzbank-Chef und heute deren Aufsichtsratschef, im Oktober des vergangenen Jahres über die Dauer der Finanzkrise.

Alan Greenspan, ehemaliger Quelle: AP

„Ich hoffe, ich war zweideutig genug... Wenn Sie glauben, mich verstanden zu haben, dann habe ich mich falsch ausgedrückt... Ich weiß, dass Sie glauben, Sie wüssten, was ich Ihrer Ansicht nach  gesagt habe. Aber ich bin nicht sicher, ob Ihnen klar ist, dass das, was Sie gehört haben, nicht das ist, was ich meinte.“

Alan Greenspan zur Geldpolitik während seiner Zeit als US-Notenbank-Chef von 1987 bis 2006. Greenspan gilt als Vater der Politik des billigen Geldes und unregulierter Kreditmärkte, die die gegenwärtige Finanzkrise überhaupt erst ermöglichte.

„Auf mittlere Sicht dürften die Preise unter 300 Dollar je Unze fallen. Sogar unter 300 Dollar je Unze dürfte die Minenproduktion weiter steigen.“

Die Weltbank im September 2003 über die Entwicklung des Goldpreises. Heute kostet die Unze Gold rund 830 Euro – fast dreimal so viel.

„Comroad hat das Potenzial, einer der leuchtendsten Sterne in der sich schnell entwickelnden Telematikwelt zu sein.“

Analysten der niederländischen Bank ABN Amro nach dem Höhepunkt des Internet-Blase im November 2000 über die Zukunft von Comroad. Kurze Zeit später ging das Unternehmen betrügerisch pleite, Comroad-Chef Bodo Schnabel wurde zu sieben Jahren Haft verurteilt.

„Behält die Angebotsseite die Oberhand, dürfte es in tiefere Kursregionen gehen. Reiseziel der Bären ist in diesem Fall die untere Trendkanallinie bei aktuell 11 480 Zählern. Für dieses Szenario spricht auch die 200-Tage-Durchschnittslinie, die seit Mitte Januar gen Süden zeigt. Eine fallende Glättungslinie wird als mittelfristiges Baisse-Signal interpretiert. Sollte es jedoch zu einer Gegenbewegung kommen, was eine erfolgreiche Verteidigung der Schiebezone bei 12 090/12 216 Zählern voraussetzt, könnte die unterschrittene Haltelinie bei 12 550/12 589 Punkten angesteuert werden.“

Christian Henke, technischer Analyst der WestLB, im Juni 2008 über den US-Börsenindex Dow Jones. Die Analyse vertuscht die typischen Schwächen solcher Prognosen: Hintertürchen wie „Reiseziel ist...“ oder „Sollte es...“, zudem die unkritische Fortschreibung eines Index, dessen Zusammensetzung sich während des Betrachtungszeitraums ständig ändert.

Georg Funke, ehemaliger Quelle: dpa

„Hypo Real Estate geht aus der jüngsten Marktkrise gestärkt hervor.“

Georg Funke, Chef der Münchner Immobilienbank Hypo Real Estate, im November 2007. Anfang 2008 gab er dann überraschend hohe Verluste durch die Finanzkrise bekannt. Ende September drohte sogar die Pleite des Dax-Konzerns, weil sich das Tochterunternehmen Depfa nicht mehr refinanzieren konnte. Nach 50 Milliarden an Geldzusagen und Bürgschaften der Branche und der Bundesregierung musste Funke gehen. Der Aufsichtsrat will seine Verantwortung rechtlich überprüfen lassen, Aktienschützer haben Strafanzeige erstattet.

„Unsere konsistente Strategie ist der Schlüssel zum Erfolg. Unsere Strategie verleiht uns Stabilität  und Berechenbarkeit.“

Peter Wuffli, damaliger Chef der Schweizer Bank UBS, im Jahr 2003 über die beiden Standbeine des Instituts: Vermögensverwaltung und Investmentbanking. Mit Abschreibungen von bisher etwa 32 Milliarden Euro ist die UBS das am härtesten von der Krise getroffene Institut.

„Ich forme diese Industrie... In 12 bis 18 Monaten wird man auf die jetzigen Kurse der Telekomtitel blicken und sich wünschen, man hätte diese Aktien seinerzeit gekauft.“

Jack Grubman, ehemaliger Staranalyst von Salomon Smith Barney, einer Tochter der US-Bank Citigroup, im März 2001 über Telekommunikationsaktien. Gegen Grubmann leitete die US-Staatsanwaltschaft nach dem Worldcom-Konkurs ein Ermittlungsverfahren ein. Inzwischen notiert die spanische Gesellschaft Telefónica knapp zehn Prozent, die niederländische KPN und 25 Prozent, Vodafone fast 40 Prozent und die Deutsche Telekom etwa 60 Prozent niedriger als damals.

„Wir machen das Schiff nicht nur wetterfest, sondern arbeiten auch hart an der Produktivität in den Geschäftsfeldern und am Geschäftsfeldportfolio, womit wir am Ende eine von zwei großen Banken in Deutschland sein werden.“

Albrecht Schmidt, Chef der HypoVereinsbank, im Oktober 2002. Drei Jahre später übernahm die italienische UniCredit das angeschlagene Münchner Institut.

Manfred Gburek

DIe meisten der vorigen Zitate wichtiger Banker und Finanzanalysten stammen aus dem Buch "Die 382 dümmsten Sprüche der Banker: Und noch mehr Gründe, warum Sie ihnen nicht trauen sollten" von Manfred Gburek. Der Autor entnimmt die gefallen Aussagen und Prognosen prominenter und weniger promineter Banker, Analysten oder Finanzexperten und stellt sie in den Kontext der Finanzkrise. Deutlich wird, wie unterschiedlich die Finanzmärkte und Unternehmen von den Experten bewertet beurteilt worden sind und welche Folgen  tatsächlich eingetroffen sind.

Das 224-seitige Buch ist bereits im Kopp Verlag erschienen und kostet 19,95 Euro.

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