Flugzeugbauer Die ungewöhnlichen Methoden von Airbus-Chef Enders

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Enders kann mit seiner bisherigen Bilanz nicht zufrieden sein. An Airbus hängt nicht nur der ganze EADS-Konzern, dessen Umsätze, Erträge und Börsenkurs im Wesentlichen vom Geschäft mit den Passagierflugzeugen bestimmt werden. An der Performance des Flugzeugriesen hängt auch Enders persön-liche Zukunft. Denn, so haben es die EADS-Aktionäre vor drei Jahren vereinbart, Gallois soll 2012 die EADS-Führung an Enders abgeben. „Aber nur wenn er bis dahin nicht doch noch stolpert“, heißt es in französischen Aufsichtsratskreisen.

Danach sieht es derzeit nicht aus. Mögen ihn einige auch geringschätzen als Sohn eines Schäfers, geboren im Flecken Neuschlade im Nordosten von Rheinland- Pfalz, oder heimlich verachten als Haudrauf in schlecht sitzenden Anzügen ohne Geduld, Humor und Mimik. Im Alltag passt er selten in Schablonen.

Natürlich hat der Mann mit den stahlblauen Augen fast rücksichtslos gepokert, etwa als er drohte, den Bau des Militärtransporters A400M einzustellen, wenn die Abnehmerländer nicht mehrere Milliarden nachzahlten. Am Ende erreichte er eine Nachzahlung von 3,5 Milliarden Euro.

In der Regel aber arbeitet der Bundeswehr-Major der Reserve mit Finesse, Voraussicht und blitzschneller Intelligenz, die auch Vertraute oft erstaunt. „Bevor seine Gesprächspartner eine Sache zu Ende gedacht haben, hat TE sie meist schon zwei, drei Schritte weitergedreht“, sagt der Chef eines Luftfahrtzulieferers.

Schlechte Ausgangslage

Enders hat bei Airbus Dinge erreicht, die bei seinem Amtsantritt wie Utopie erschienen. Damals war das europäische Vorzeigeunternehmen wegen der Pannen beim A380 zur Lachnummer abgerutscht. Die Börsenaufsicht ermittelte gegen fast die ganze Konzernspitze wegen Verdacht auf Insiderhandel. Und als ob das nicht reichte, mischten sich Politiker aller Länder so stark in die Unternehmensführung ein, dass Kanzlerin Angela Merkel und Frankreichs Präsident Nicolas Sarkozy persönlich für Ordnung sorgen mussten.

Dieses Schlamassel sollte ausgerechnet Enders beseitigen? Einer, der auf den ersten Blick das Gegenteil dessen ist, was das Unternehmen brauchte? Ein Sparkommissar mit Sätzen wie Handkantenschläge am Rande des politisch Korrekten, zwischen Ingenieur und Marketingmann? Der bis dahin härteste Sachwalter deutscher Interessen in der EADS und erklärter USA-Fan als Chef eines französischen Nationalheiligtums? „Es hat damals wohl keiner geglaubt, dass ich bleibe“, erinnert sich Enders in stiller Freude.

Die Ausgangslage war ungünstig. Enders erhielt zwar den Titel CEO, also des Vorstandsvorsitzenden. In Wirklichkeit hatte er aber kaum mehr Macht als ein Frühstücksdirektor. Sein unmittelbarer Vorgänger Gallois war zugleich EADS-Chef und überließ die Macht weitgehend seinem Vize Fabrice Brégier. Und Brégier wollte nicht zurück ins Glied.

Mit diplomatischem Geschick

So begann Enders den Feldzug zur Rettung von Airbus mit einer Machtprobe – aber eben nicht, wie jeder erwartete, mit Krawall, sondern mit diplomatischem Geschick und so still, dass die Episode praktisch nicht nach draußen drang. Er appellierte an Gallois’ Ehrgefühl. „Ich schätze seinen Stil als klassisch preußisch bei Dingen wie Pflichtbewusstsein, dem Zurücknehmen der eigenen Person und ihn als lauteren integeren Menschen“, lobt ihn Enders.

Gallois gewährt Enders Alleinherrschaft. Der aber kostete den Sieg nicht aus, sondern bot dem degradierten Vize an, sich Stabschef und Sekretariat zu teilen, als Zeichen, dass es keine Geheimnisse zwischen ihnen geben sollte. „Und er hat ihm wohl auch klargemacht, dass ein Scheitern auch Brégiers Aussichten nach Enders Airbus-Chef zu werden, zunichte macht“, sagt ein Konzernkenner.

Es folgte der Konzernumbau, ähnlich unorthodox. Die Feuerlöscharbeiten bei A380 & Co. überließ der promovierte Politologe erst einmal den Vorstandskollegen. Enders selbst suchte die tieferen Ursachen der Krise – auf neuen Wegen. „Er ist keiner der bei Airbus dominierenden Ingenieure, Ökonomen oder Juristen, sondern auch politischer Wissenschaftler und stellt deshalb viele alte Glaubenssätze infrage“, sagt ein Ex-Mitarbeiter.

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