Fotomarkt Kodak müht sich um sein Zukunfts-Bild

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Digitalzeitalter zu spät erkannt

„Sie drücken den Knopf, wir machen den Rest“, versprach George Eastman , als er das Unternehmen 1888 gründete. Eastman verfolgte einen typisch amerikanischen Ansatz: Mit Hilfe einfach zu bedienender Kameras wollte er die Fotografie von der Spezialisten-Beschäftigung zum Massenhobby machen. Das gelang ihm mit Apparaten wie der Volkskamera „Brownie“, die Kodak 1900 um einen Dollar verkaufte, der Film dazu kostete 15 Cent. 1935 brachte Kodak seinen Kodachrome-Diafilm für Amateure auf den Markt – ein jahrzehntelanger Bestseller. Bei der ab 1963 verkauften Instamatic-Kamera mussten die Benutzer nur noch eine Filmkassette einlegen. Auf die Spitze trieb Kodak sein Gebot der Einfachheit aber mit der Wegwerfkamera in den 1980er-Jahren, die nur für einen Film gebraucht werden konnte. In seinen besten Jahren hielt Kodak einen Weltmarktanteil von 90 Prozent bei Fotofilmen, fuhr jedes Jahr Milliardengewinne ein und wurde wohl auch dadurch träge.

Anfang der 1980er- Jahre fing der Ärger an: Der japanische Fuji-Konzern begann, Marktanteile in Kodaks Heimatmarkt, den USA zu erobern. Doch so richtig bergab ging es mit Kodak erst, als Ende der 1990er-Jahre der Siegeszug der Digitalkameras begann. Und das, obwohl ein Kodak-Angestellter, der Ingenieur Steven Sasson, im Jahr 1975 als erster ein digitales Bild aufnahm – und auf Tonbandkassette abspeicherte. Doch Kodak wollte sich mit der Erfindung nicht das  eigene Geschäft gefährden, sagt ein Ex-Kodakmanager gegenüber wiwo.de. „Das wurde weiter entwickelt, aber nicht weiter gefördert.“

Heute stellt Kodak zwar Digitalkameras her und hält zahlreiche Patente, was die Verarbeitung von digitalen Fotos betrifft. Doch Konkurrenten wie Canon, Sony oder Panasonic haben den US-Riesen längst überholt. Vor fünf Jahren war Kodak noch weltweit der drittgrößte Hersteller von Digitalkameras mit einem Marktanteil von 14,1 Prozent, zeigen Zahlen des Marktforschungsunternehmens IDC. Im vergangenen Jahr fiel Kodak mit nur mehr knapp neun Prozent Marktanteil auf Platz fünf zurück. „Kodak gab in analogen Zeiten Millionen für Werbung aus. Bei digitalen Produkten glaubte der Konzern, dass die Marke von selbst zieht. Das war ein Fehler“, analysiert ein Branchenexperte.

Konkurrent Fujifilm setzte früh auf neue Bereiche

Das Geschäft mit den Digitalknipsen ist zwar wegen der hohen Konkurrenz margenschwach, hat aber eine wichtige Funktion: „Digitalkameras sind für das Image wichtig, weil wir sonst mit Consumer-Produkten nicht mehr so stark vertreten sind“, meint Petra Fujiwara, Deutschland-Pressesprecherin von Kodaks Erzkonkurrenten Fujifilm. Denn auch Fujifilm traf das Wegbrechen des Filmgeschäfts hart.  Bereits zu Anfang des Jahrtausends zeichnete sich ab, dass die Zukunft der Fotografie digital sein würde. Doch während Kodak weiterhin daran glaubte, dass sich der traditionelle Film noch ein paar Jahre halten würde, reagierten die Japaner deutlich schneller.  Anders als frühere Film-Größen wie Agfa oder Ilford hat Fujifilm die Umwälzungen gut überlebt. „Wir haben aus der Vergangenheit gelernt, dass wir nicht nur von einem Bereich abhängig sein sollten“, sagt Fujiwara. „Wir sind heute viel breiter aufgestellt.“

Fujifilm definierte bereits Anfang dieses Jahrtausends sechs strategische Wachstumsbereiche, darunter Medizinische Systeme, grafische Systeme, optische Geräte und Funktionsmaterialien. Als die Erlöse aus dem Verkauf von Filmen noch sprudelten, begann Fujifilm gezielt Unternehmen zuzukaufen -  etwa im Medizintechnik-Bereich. Kodak hingegen hat seine Medizinsparte im Jahr 2007 für 2,35 Milliarden Dollar verkauft, um Schulden abzubauen.

Heute macht der Bereich Digitalkameras, Fotopapiere, Film und Chemikalien bei Fujifilm gerade noch 16 Prozent des Konzernumsatzes von insgesamt 16,7 Milliarden Euro aus. Rund 40 Prozent entfallen heute auf den Bereich Informationslösungen. Zu diesem Bereich zählen Systeme für digitale Röntgenaufnahmen ebenso wie der Bau von Linsen für Handy-Kameras, bei denen Fujifilm laut Eigenangaben 50 bis 60 Prozent der Weltnachfrage abdeckt. 43 Prozent seiner Umsätze macht der Konzern heute mit Bürogeräten wie Druckern und Scannern und den dazugehörigen Dienstleistungen.

Wegen der Wirtschaftskrise und Restrukturierungskosten  schrieb Fujifilm zwar im vergangenen Geschäftsjahr, das am 31.März endete, einen Verlust von 302 Millionen Euro. Doch das war der erste Nettoverlust seit Jahren. Während Kodak seine Mitarbeiterzahl drastisch reduzierte, verdoppelte Fuji die Zahl seiner Angestellten in den letzten zehn Jahren auf nunmehr rund 80.000. „Wir haben es geschafft, zu diversifizieren. Deshalb stehen wir heute viel gesünder da“, sagt Fujifilm-Sprecherin Fujiwara. „Wir können Kodak nur raten, langfristiger zu denken und zu investieren.“

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