Frieder Burda "Mit Kunst wird man nicht reich"

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Ursprünglich wollten Sie Ihr Museum aber in Südfrankreich bauen.

Stimmt. Es gab auch schon Pläne. Aber der Bürgermeister sagte mir schließlich ganz deutlich: Eigentlich wollen wir Ihr Museum hier nicht. An diesem Ort leben Menschen, weil sie ihre Ruhe wollen. Ein Museum bringt viel Unruhe – jeden Tag Busladungen voller Menschen. Keine Franzosen – ausschließlich Japaner. Da wurde mir klar: Es hat keinen Sinn.

Damals, Mitte der Neunzigerjahre, entwickelte sich Berlin zum globalen Kunstmekka. Warum haben Sie sich dennoch für Baden-Baden entschieden – eine Stadt, die, wie Sie mal selbst gesagt haben, noch immer den Geist des 19. Jahrhunderts atmet?

Ich halte Berlin für eine spannende Stadt, fahre dort bis heute gerne hin. Mir wurde für meine Sammlung auch ein Flügel im zum Museum umgebauten Hamburger Bahnhof angeboten. Aber heimisch fühle ich mich dort nie. Die emotionalste Anbindung habe ich nun mal an meine badische Heimat. Hier sollte mein Lebensmittelpunkt sein, hier wollte ich auch meine Kunst um mich herum haben. Anfangs dachte ich daran, die Staatliche Kunsthalle in Baden-Baden zu pachten. Die war damals in schlechtem Zustand, das Land fuhr die Zuschüsse immer weiter runter. Nach einigem Hin und Her wollte sie der damalige Ministerpräsident Erwin Teufel dann doch nicht hergeben. Überließ mir dann aber das Nachbargrundstück in Erbpacht. Hier ist der beste Platz für mein Museum in Deutschland.

Wie oft sind Sie dort?

Sicher jeden zweiten Tag. Ich schau mir einfach gern die Bilder an. Und freue mich über die Menschen, die dann auf mich zukommen, sich bedanken. Das gibt mir eine gewisse Befriedigung – das ist der Dank, den ich bekomme. Das tut mir gut.

Sie haben inzwischen 1,2 Millionen Besucher seit der Eröffnung im Oktober 2004. Hat dieser Erfolg Ihren Blick auf die Sammlung verändert?

Eindeutig ja. Seit ich das Museum habe, bin ich bei Zukäufen wesentlich gehemmter. Es gibt mehr Berater, die reinreden, das tut der Qualität nicht unbedingt gut. Meine Freiheit ist eingeschränkt. Früher habe ich gekauft, was mir gefallen hat, ohne Rücksicht auf Verluste. Heute muss ich mein Bauchgefühl immer mal wieder hintan stellen und überlege schon mal: Wird dieses oder jenes Kunstwerk auch dem Publikum gefallen?

Und für welche Bilder entscheiden Sie sich zuhause, ganz ohne Publikumsdruck?

Früher habe ich mich dort immer mal wieder gern mit all meinen Picassos umgeben, mal war alles voll mit Bildern von Gerhard Richter. Weil inzwischen viele dieser Bilder immer auf Ausstellungen unterwegs sind, hängt zuhause oft auch junge Kunst. 

Welche?

Das entscheidet meine Frau. Sie hat mich übrigens auch mit der Fotografie versöhnt, die mir lange Zeit zu technisch und fremd war. Ich dachte immer: Eine Kamera hinstellen, das könne doch jeder. Inzwischen schätze ich die Arbeiten von Fotokünstlern wie Axel Hütte oder Gregory Crewdson sehr. Den Amerikaner hatten bis Anfang März ausgestellt, er zeigt das morbide Amerika, den verlorenen Traum der Menschen, die einmal geglaubt haben, dort alles erreichen zu können. Auf ihn hat mich meine Stieftochter Patricia gebracht, die auch künftig in meiner Stiftung eine tragende Rolle spielen könnte.

Welche?

Sie ist studierte Kunsthistorikerin und wird das Museum künstlerisch beraten. Mein Stiefsohn Dominik – er plant an der London School of Economics zu promovieren – soll sich um die kaufmännische Seite kümmern. Und mit Ludger Hünnekens habe ich einen Profi für das tägliche Geschäft an Bord. Das Museum soll schließlich auch künftig geführt werden wie ein Unternehmen.

Also noch mehr Blockbuster wie die Chagall-Ausstellung, zu der fast 200.000 Besucher kamen?

So etwas ist nicht regelmäßig zu machen. Es ist unendlich schwer geworden, Bilder dieses Kalibers auszuleihen. Wir werden auch Ausstellungen anderer Museen übernehmen müssen, sonst laufen uns die Kosten davon. Außerdem freuen sich unsere Besucher immer, wenn sie wieder einen neuen Ausschnitt aus meiner Sammlung zu sehen bekommen. Unser Konzept sieht aber vor, jedes Jahr eine eigene große bedeutende Sommerausstellung zu präsentieren. In diesem Jahr ist es Neo Rauch.

Und wann wollen Sie endgültig den Stab übergeben?

Ich bin Stier und plane nicht groß. Ich habe mich immer treiben lassen. Aber eines ist klar: Man kann das Sammeln nicht von heute auf morgen einstellen. Die Liebe zur Kunst wird mein Leben bestimmen, bis zum Schluss.

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