Frieder Burda "Mit Kunst wird man nicht reich"

Der Verlagserbe über die Kunst des Sammelns, sein Selbstverständnis als schwäbische Hausfrau und die Frage, welche Bilder in seinem Wohnzimmer hängen.

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Werden Sie das auch an Ihrem 80. Geburtstag noch sagen? Quelle: dpa

WirtschaftsWoche: Herr Burda, Sie begehen am 29. April Ihren 75. Geburtstag. Vielleicht mit einem neuen Picasso, zur Feier des Tages?

Burda: So ein Datum war für mich nie ein Anlass, Kunst zu kaufen. Im Grund genommen mag ich den Anlass gar nicht. Beim Kunstkauf spielen andere Kriterien eine Rolle.

Welche?

Es fällt mir schwer, das zu beschreiben. Genauso wie man die Liebe zu einer Frau schwer in Worte fassen kann. 

Aber nach irgendwelchen Kriterien müssen Sie sich schließlich entscheiden. Was ist in Ihren Augen ein gutes Bild? 

Mich interessieren nicht der finanzielle Wert oder die kunsthistorische Bedeutung einer Arbeit. Ein Bild, eine Skulptur muss mich aufregen. Es muss Herzklopfen auslösen.

Wann spürten Sie dieses Herzklopfen zum ersten Mal?

Bei einem Bild von Lucio Fontana. Das Bild hängt bis heute in meinem Haus, es ist auch das erste Bild, das ich gekauft habe. Das war 1968. 

Ist es noch immer Ihr Lieblingsbild?

Ich hatte eigentlich nie eines. Es ist letztlich wie bei einer Mutter mit vielen Kindern – die will auch keines bevorzugen. Aber ich gebe zu: Der emotionale Bezug zu dem Fontana ist noch immer besonders stark, auch nach all den Jahren. Es war so etwas wie mein persönliches 1968. In dem Jahr habe ich es zum ersten Mal gesehen, auf der Documenta III in Kassel. Ich war völlig aus dem Häuschen. Dass ein Künstler seine eigenen Leinwände aufschlitzt, kam mir ungeheuerlich vor. Ich habe das Bild kurze Zeit später über einen Schweizer Kunsthändler erworben, für 3500 Mark – auch um gegen meinem Vater zu rebellieren, wie man das als junger Mann tut. 

Ist Ihnen das gelungen?

Provozieren ließ er sich von mir nicht – anstatt sich wie von mir erhofft über meine Wahl zu echauffieren, fand er den Fontana „nicht uninteressant“. Aber meine Leidenschaft für die Kunst war nun geweckt. Er war ja selbst Kunstsammler, hat sich vor allem für den deutschen Expressionismus begeistert. Und sich nach einem erfolgreichen Geschäftsabschluss schon mal mit einem Bild belohnt – Kirchner, Nolde, auch mal einen Chagall. Farbintensive Arbeiten waren das, er kam ja aus dem Druckgewerbe. Aber rückblickend nicht immer erstklassige Werke. 

Hatten Sie das Sammler-Gen schon als Kind?

Ich habe als Kind nie etwas gesammelt – keine Murmeln, keine Streichholzschachteln, keine Briefmarken. In den Sechzigerjahren habe ich mich mal kurz mit Uhren beschäftigt. 40 Stück hatte ich am Ende, darunter auch die eine oder andere Rolex. Die konnte man damals noch auf den Ständen der Pariser Flohmärkte finden. Die Uhren habe ich dann in einem Rutsch verkauft – sie haben mich gelangweilt, als ich die Kunst für mich entdeckte.

Ein mutiger Sammler waren Sie in jungen Jahren aber nicht. Werke von Joseph Beuys oder Jörg Immendorf sucht man vergeblich in Ihrer Sammlung. 

Ich habe nichts gegen Gesellschaftskritik. Aber mir geht es in meiner Kunstsammlung nicht um Provokation, sondern um gute Kunst. Beuys habe ich nie richtig verstanden, vielleicht spielte auch eine Rolle, dass er sich Anfang der Siebzigerjahre an der Kampagne „Enteignet Springer“ beteiligt hat. Ich bin kein intellektueller Sammler, will lieber schöne Kunst zeigen als aggressive oder schockierende Werke. Mich faszinieren eher Farben als verkopfte Konzepte. Auch mit Videokunst kann ich nichts anfangen – ich schätze keine Kunst, die einen Stecker braucht. Ich entscheide nach dem Bauchgefühl, sammle mit dem Herzen.

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