Fusion mit Unicredit HypoVereinsbank kommt nicht zur Ruhe

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HVB-Chef Wolfgang Sprißler: Quelle: dpa-dpaweb

Der Betriebsrat reagiert mit seltener Schärfe auf die Pläne aus der Zentrale. „UniCredit hat anscheinend vor, den Mitarbeitern den Krieg zu erklären“, schrieb er schon im Juni an die Belegschaft. Die HVB werde „ausgeweidet“, Auslagerungen nach Polen seien eine „neue Qualität des Irrsinns“, soziale Verantwortung gegenüber Mitarbeitern scheine „es nicht mehr zu geben“. Entsprechend empört fragen die Arbeitnehmervertreter, ob „im Vorstand wirklich das Chaos herrscht, das wir hier wahrnehmen“.

„Das Konzept von UniCredit besteht offenbar ausschließlich in einem fantasielosen Sparprogramm“, sagt ein Betriebsratsmitglied. Die Stimmung in vielen Bereichen sei „äußerst schlecht“, die Mitarbeiter fühlten sich „hin- und hergeschoben“. Und viele fürchteten, dass noch mehr schlechte Nachrichten nachkämen. „Die verkündeten Auslagerungen sind vermutlich nur der Anfang“, sagt das Betriebsratsmitglied.

Die Führung um den Ex-McKinsey-Berater Profumo zieht ihre Strategie unbeirrt durch. Die besteht darin, die effizienten Arbeitsabläufe bei UniCredit auf die übernommenen Gesellschaften zu übertragen. Alles wird an der Mailänder Skala gemessen, Profumos Konzept sieht vor, auf Dauer die meisten zentralen Funktionen ohne Kundenkontakt in miteinander vernetzten Kompetenzzentren zu bündeln.

Dabei profitiert UniCredit von der starken Position im Heimatmarkt, wo die Bank vor allem im Privatkundengeschäft sehr erfolgreich ist. Das Geldhaus, das erst 1998 aus dem Zusammenschluss mehrerer Regionalbanken und Sparkassen entstand, ist so zu einem der schlagkräftigsten Institute Europas geworden. Osteuropa steht dabei schon lange im Fokus, schon vor der Übernahme der HVB zählte UniCredit zu den Marktführern. In diesen Regionen sind vielfach noch zweistellige Wachstumsraten möglich, für Westeuropa erwartet Profumo dagegen in den kommenden Jahren nur ein Plus von 1,7 Prozent.

Sparen als Teil der Philosophie

Alles in allem steht die HVB heute stabil, wenn auch nicht berauschend da. Im vergangenen Jahr machte sie mehr als zwei Milliarden Euro Gewinn und erreichte eine Eigenkapitalrendite vor Steuern von 25 Prozent. Doch im ersten Quartal 2008 musste die Bank einen Verlust von 282 Millionen Euro melden. Die Finanzkrise ging auch an der HVB nicht vorüber. Der Bereich Markets & Investmentbanking machte vor Steuern 640 Millionen Euro minus. Auch in vielen anderen Bereichen gingen die Erträge zurück. Positiv wirkte sich vor allem die Kostendisziplin aus. Die Verwaltungsaufwendungen gingen im Vergleich zum Vorjahr um fast neun Prozent zurück.

Sparen ist tatsächlich ein wesentlicher Teil der HVB-Philosophie. So sank das Verhältnis von Aufwand zu Ertrag allein im vergangenen Jahr um 8 auf nun 54 Prozent. Ohne Einschnitte funktioniert so etwas nicht. Die Zahl der Mitarbeiter ging schon im vergangenen Jahr um fast 1000 auf knapp 25.000 zurück. Dem Investmentbanking zum Beispiel hat Profumo persönlich zudem radikale Einsparungen in der IT verordnet, berichtet ein Insider. Danach sollen die Kosten für Computer und Rechenleistung allein in diesem Jahr um einen hohen zweistelligen Millionenbetrag sinken. Da dies im laufenden Betrieb kaum zu machen ist, sei das Entwicklungsbudget zusammengestrichen worden. „Inzwischen sieht es so aus, als könnte das ambitionierte Ziel erreicht werden“, sagt der Insider. Das läge aber nur an der allgemeinen Abkühlung gerade in diesem Bereich.

Das Investmentbanking zählt neben dem Geschäft mit Firmen und mit vermögenden Privatkunden zu den Hoffnungen der Bank. Für den Ausbau der Sparte hat sie ordentlich Geld lockergemacht. So wurden nach Angaben eines Insiders in den vergangenen Monaten allein 30 Experten für Firmenübernahmen bei der Konkurrenz abgeworben. Im Wertpapierhandel sieht es zurzeit allerdings mau aus. Dennoch soll die Stimmung gut sein. „Wir fühlen uns als Angreifer“, sagt ein Top-Manager.

Den großen Wurf erwartet niemand

Dadurch, dass mit dem Ex-Goldman-Sachs-Partner Theodor Weimer im kommenden Jahr ein Investmentbanker an die Spitze der HVB rückt, wird dessen Position sicher nicht schwächer. Die Personalie hat Spekulationen Auftrieb gegeben, die Bank könne sich mittelfristig von ihrem Privatkundengeschäft trennen. Das sei „absoluter Quatsch“, sagt einer, der eng mit Weimer zusammenarbeitet. In fast 15 Jahren als Unternehmensberater habe Weimer alle Bereiche des Bankgeschäfts kennengelernt. Auch Profumo hat sich in der vergangenen Woche zu dem Geschäftszweig bekannt. Im Interview mit der „Süddeutschen Zeitung“ gab er das Ziel einer Rendite von 20 Prozent für den Bereich aus.

Davon ist die Bank noch weit entfernt. Über Jahre hinweg bescherten die Sparer und Kreditnehmer der HVB Verluste. Erst seit Kurzem schreibt die Sparte schwarze Zahlen. Das liegt vor allem an der gesteigerten Effizienz. Während die Konkurrenten große Zuwächse bei der Kundenzahl melden, stagniert diese bei der HVB bei etwa drei Millionen. Wachstum soll es nicht in der Breite, sondern vor allem bei bestimmten Zielgruppen, etwa bei Ärzten, geben.

Einen großen Wurf erwartet derzeit niemand von der Bank. Bei der aktuellen Konsolidierung im deutschen Geldgewerbe spielt sie keine Rolle. An mangelndem Geld liegt das nicht, der Verkauf der Bank Austria hat nicht nur viel Ärger gebracht, sondern auch sechs Milliarden Euro für Akquisitionen in die Kasse gespült. Doch was damit geschieht, wird nicht in München entschieden. Sondern in Mailand.

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