GE bläst in Deutschland zum Angriff

Aus einem unscheinbaren Sichtbetonbau in München-Bogenhausen heraus steuert der US-Konzern General Electric (GE) die Geschäfte auf einem seiner wichtigsten Märkte. Nächste Woche eröffnet GE ein neues Forschungszentrum.

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MÜNCHEN. Der flache Bau aus Sichtbeton mit Metallfenstern hat seine besten Jahre hinter sich. Innen und außen dunkelbraun im Stil der siebziger Jahre, holzverkleidete Gänge – das Gebäude im Münchener Stadtteil Bogenhausen hat den Charme eines Ärztehauses. Nichts deutet darauf hin, dass eines der größten Unternehmen der Welt, der US-Konzern General Electric (GE), von hier aus die Geschäfte auf einem seiner wichtigsten Märkte steuert.

Vor der Haustür des Rivalen Siemens blasen die Amerikaner zum Angriff in Deutschland. Für 2004 plant Deutschlandchef Thomas Limberger erneut ein „höheres zweistelliges Wachstum“. Ganz so hoch wie im vergangenen Jahr werde es nicht ausfallen, schränkt der jugendlich wirkende 37-Jährige im Gespräch mit dem Handelsblatt ein. 2003 hatte GE den Umsatz mit deutschen Kunden um rund ein Drittel auf 5,98 Mrd. Euro gesteigert. Wie so oft bei deutschen Töchtern großer US-Konzerne ist der Gewinn tabu. Doch ist Limberger auf bestem Weg, sein Ziel zu erreichen: den Umsatz von 2002 auf 2005 zu verdoppeln.

Am kommenden Montag geht die GE-Offensive in die nächste Runde. In Garching, keine 20 Kilometer von der Konzernzentrale des Erzrivalen Siemens entfernt, eröffnet der Konzern sein neues Forschungszentrum. Die Feier hat vor allem symbolischen Charakter, denn die Investitionssumme ist mit 52 Mill. Euro vergleichsweise gering. Bei einem Jahresumsatz von zuletzt 134 Mrd. Dollar ist das eine Kleinigkeit, aber die Geste ist wichtig.

GE hatte sich Standorte in ganz Europa angeschaut und dann Bayern gewählt, obwohl hier keine Subventionen fließen. „Ich kann die globale Wettbewerbsfähigkeit meines Unternehmens verbessern, in dem ich das gute deutsche Universitätssystem und die Ingenieure nutze, die es hervorbringt“, hatte Konzernchef Jeff Immelt die Entscheidung im Handelsblatt-Gespräch begründet – ganz nebenbei bringt sich GE mit solchem Lob auch als Gesprächspartner in Berlin in Stellung.

Immerhin ist der 10 000 Quadratmeter große Bau in Garching einer von nur vier GE-Forschungszentren. Die anderen stehen in den USA, China und Indien. 150 Wissenschaftler werden künftig in unmittelbarer Nähe der Technischen Universität München nach neuen Lösungen in Bereichen wie Medizintechnik und Materialwissenschaften suchen. Schon sieht es so aus, als ob der Neubau bald zu klein würde.

Ein zweites Signal für die Bedeutung des Standortes hat der Konzern im Frühjahr gesetzt, als er das weltweite Hauptquartier des Geschäftsfeldes Inspection Technologies nach Hürth bei Köln legte – eine rare Ausnahme in dem US-zentrierten Konglomerat. Inspection Technologies ist aus der Übernahme der Agfa NDT hervorgegangen, einem Anbieter von Technologie zur zerstörungsfreien Materialprüfung, zum Beispiel von Flugzeugtriebwerken und Pipelines.

Solche Zukäufe von Geschäftsfeldern sind ein Weg der Expansion, die Markteinführung von Produkten aus dem internationalen GE-Angebot ein zweiter. Der Konzern ist in Deutschland mit knapp 7 000 Beschäftigten bereits mit einer Vielzahl von Produkten vom Konsumentenkredit über Kunststoffteile bis zur Windkraftanlage vertreten. Derzeit testet GE den Markt für Alarmanlagen. „In Deutschland ist noch nicht einmal jedes hundertste Privathaus mit einer Alarmanlage gesichert, in den USA sind es 18 Prozent“, schwärmt Limberger. Als Weltmarktführer könne GE hier Produkte weit unter den in Deutschland üblichen Preisen anbieten.

Mit Interesse hat GE vernommen, dass Siemens bald erstmals einen Deutschland-Chef ernennen wird. Er soll dafür sorgen, dass Kunden die ganze Produktpalette aus einer Hand angeboten bekommen. Also genau das, was Limberger für GE tut. Darüber hinaus beschäftigt sich Limberger intensiv damit, die Kosten zu senken und die Struktur zu vereinfachen. „Von 190 rechtlich selbstständigen Einheiten wollen wir auf eine niedrige zweistellige Zahl herunter“, sagt er.

Doch GE Deutschland schafft vor allem neue Jobs, zum Beispiel im florierenden Finanzgeschäft. Die auf Verbraucherkredite spezialisierte GE Money Bank baut gerade ein Call-Center mit 300 Arbeitsplätzen in Hannover. „Die Qualität kriegen sie im Ausland nicht“, sagt Limberger. Wieder so ein Lob für den Standort Deutschland.

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