Geschäftsreisen Wie man bei den Reisekosten spart

Deutsche Unternehmen gaben im vergangenen Jahr gut 41 Milliarden Euro für Geschäftsreisen aus. Doch in vielen Fällen ließen sich die Ausgaben verringern - ohne dass die Reisequalität schlechter werden muss. Wie die Hamburger Unternehmensberaterin Liane Feisel Sparpotenziale in den Reisekostenbudgets großer und kleiner Firmen aufspürt.

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Unternehmensberaterin Liane Feisel

Das Vorgehen ist immer gleich, „egal ob wir einen Konzern oder ein mittelständisches Unternehmen unter die Lupe nehmen“, sagt Liane Feisel. Die quirlige, zierliche Frau ist Gründerin und Inhaberin der Hamburger Beratungsfirma Feisel Consulting und spezialisiert auf das Management von Geschäftsreisen. „Wir untersuchen zuerst die Prozesse und dann den Einkauf, am Ende steht ein Konzept für den Auftraggeber, wie beide Bereiche optimiert werden können und welche nachhaltige Kostenreduzierung das bringen kann.“

Sich auch die Prozesse genau anzuschauen, ist nach Feisels Erfahrung eine neue Entwicklung. „Früher waren für die meisten Unternehmen nur die direkten Kosten von Interesse, unsere Aufträge konzentrierten sich darum damals auf den Reisemitteleinkauf.“ Das hat sich geändert: Mittlerweile interessieren sich auch kleine und mittelständische Unternehmen für die Abläufe und die dadurch verursachten indirekten Kosten. Zum einen, weil die Einsparpotenziale beim Einkauf in den meisten Fällen weitgehend ausgeschöpft sind, vor allem aber, weil Prozess und Einkauf aufgrund der mittlerweile in den Firmen immer öfter genutzten Online-Buchungsmöglichkeiten eng miteinander verzahnt sind.

Reiserichtlinie als Ausgangspunkt

Ausgangspunkt der Bestandsaufnahme ist die bestehende Reiserichtlinie des Unternehmens. „Die enthält nicht nur eine Menge Informationen über die Regeln, an die sich die Reisenden halten müssen, die Reiserichtlinie lässt auch Rückschlüsse auf den Einkauf und die Kommunikationsabläufe zu“, ist Feisels Erfahrung. Ergänzend dazu führt sie ausführliche Interviews mit Vielreisenden und vielbuchenden Sekretärinnen: „Da erfährt man eine ganze Menge über die tatsächliche Bedeutung der Reiserichtlinie, ob sie in der Praxis funktioniert, welche Schwächen sie hat und wie man sie verbessern könnte.“

Parallel dazu werden alle im Zusammenhang mit dem Reisemanagement bestehenden Verträge und Abkommen gesichtet – etwa Rabattverträge mit Hotelketten, Firmenabkommen mit Fluggesellschaften oder Regelungen mit den Vertragsreisebüros. Geprüft wird ebenfalls, inwieweit Regelungen und Restriktionen in den Reiserichtlinien – in welcher Bahn-Klasse gereist werden darf, ab wie viel Flugstunden Business Class gebucht wird, mit welchen Airlines oder Hotels Preferred-Partner-Abkommen bestehen und wie gebucht wird – bestehen und ob diese Regeln logisch zueinander passen.

Aus diesen Informationen werden unterschiedliche Szenarien abgeleitet, die als Entscheidungsgrundlage für Veränderungen dienen. In Matrix-Form wird aufgezeigt, wie sich die Gesamtkosten verringern, wenn bestimmte Bedingungen verändert werden – etwa eine Beschränkung der Business-Class-Erlaubnis auf Flüge ab acht Stunden, ein generelles Umsteigen auf die zweite Bahn-Klasse oder die Verpflichtung auf bestimmte Vertragspartner.

„Eine besonders wichtige Stellschraube ist eine Verlängerung der Buchungsvorläufe“, sagt Beraterin Feisel. Geschäftsreisende buchen meist eher kurzfristig, obwohl das nicht immer notwendig ist. „Tatsächlich gibt es in jedem Unternehmen lange im Voraus planbare Reiseanlässe, etwa zu Messen oder Kongressen“, sagt Feisel.

Bei einigen Firmen liegt dieser Anteil langfristig planbarer Reisen bei bis zu 25 Prozent: „Wenn da die Vorausbuchungsfristen genutzt werden, reduziert das die Flugkosten ganz beträchtlich.“ Das funktioniert allerdings nur, wenn die aus der Entscheidungs-Matrix abgeleiteten Änderungen in der Reiserichtlinie von der obersten Geschäftsleitung abgesegnet werden und damit für alle Reisenden bindenden Charakter bekommen.  

 Ein wichtiger Punkt ist auch das Reisegenehmigungsverfahren. In manchen Unternehmen erfolgt die Genehmigung erst dann, wenn ein Kostenvoranschlag vorliegt. Dieses auf den ersten Blick sinnvolle Verfahren hat allerdings häufig eine genau gegenteilige Wirkung: „Weil die Genehmigung wegen Abwesenheit des Vorgesetzten immer mal wieder liegen bleibt, wird dann meistens erst kurz vor Beginn der Reise gebucht – das  treibt die Reisekosten in die Höhe“, warnt Beraterin Feisel, „ich kenne Beispiele, wo dieses Genehmigungsverfahren zu 20 Prozent höheren Kosten geführt hat.“

Für Geschäftsreisen können Quelle: AP

Feisel plädiert deshalb für eine schlanke, pragmatische Lösung – etwa so, wie es in den SAP-Reisekostenabrechnungssystemen meist vorgesehen ist und wo die Reise als genehmigt gilt, wenn der Vorgesetzte nicht innerhalb einer bestimmten Frist ausdrücklich widerspricht. „Es bringt nichts, ein 100-prozentig sicheres Verfahren für fünf Prozent Ausreißer zu installieren“, findet die Beraterin. Ein Kompromiss bestehe darin, dass der Vorgesetzte im Rahmen der Buchung automatisch eine Aufstellung der Kosten bekommt: „Wenn er dann nicht einverstanden ist, kann notfalls immer noch storniert werden“, sagt Feisel.

Was die Verschlankung der Prozesse angeht, müssen vor allem Buchung und Bestellung unter die Lupe genommen werden. Gerade in kleinen und mittelständischen Unternehmen ist dieser Vorgang häufig stark fragmentiert: Zum einen, weil mehrere Reisebüros eingeschaltet werden, zum anderen, weil ein Teil der Reisenden am Reisebüro vorbeibucht. „Für einige ist es offenbar eine Art Sport, stundenlang im Internet herumzusurfen, um einen Flug fünf Euro billiger zu finden.“

Zum Standardprogramm der Beraterin gehört deshalb die Prüfung, ob das Unternehmen reif ist für ein Online-Buchungssystem. Das ist nach einer Faustregel immer dann der Fall, wenn mindestens die Hälfte des Reiseaufkommens aus unkomplizierten Reisen, etwa von Hamburg nach London und zurück besteht. In solchen Fällen können die Reisenden – oder die Sekretariate - online selbst buchen. Um die komplizierten Reisen mit mehreren Stationen oder mit Umsteigeverbindungen würde sich das Reisebüro kümmern.

Kartensystem zum Bezahlen

Entscheidet sich ein Unternehmen für ein Online-Buchungstool, dann gibt es zwei Möglichkeiten: eine direkte Verbindung mit einem Anbieter wie zum Beispiel Cytric oder eine einfachere, funktional eingeschränkte, dafür aber meist billigere Lösung, wo das Vertragsreisebüro das Online-System zur Verfügung stellt. Meist empfiehlt sich in der Start-Phase die indirekte Reisebürolösung: „Ein Direktanschluss lohnt sich nur, wenn die Online-Buchung für alle zwingend von oben vorgeschrieben ist“, rät Feisel. „Ohne das Mandat von oben bringt das alles nichts.“

Das gleiche gilt für den Bezahlprozess. Feisel empfiehlt ein Kreditkartensystem, wie es zum Beispiel AirPlus International oder American Express anbieten. Dabei werden die über das Online-Tool gebuchten Flüge oder Bahnfahrten automatisch mit einer sogenannten Firmenstellenkarte beglichen, für Hotelrechnungen oder andere unterwegs anfallenden Zahlungen hat der Reisende eine eigene Karte – im Fachjargon als Walking Card bezeichnet.

Das Kreditkartensystem hat den großen Vorteil, dass Lieferscheinkontrolle und Fakturierung automatisiert werden können – alle Daten werden aus der Abrechnung des Kreditkartenproviders übernommen und müssen nicht mehr (wie früher üblich) noch einmal per Hand erfasst werden. Außerdem können sich die Unternehmen so einen schnellen Überblick über ihre Reisekosten verschaffen und haben so bessere Eingriffsmöglichkeiten, wenn in plötzlichen Krisen wie im Herbst 2008 nach der Lehmann-Pleite schnell reagiert werden muss.

Last-but-least sollte auch das Vertragsreisebüro ab und an auf den Prüfstand gestellt werden. „Ich empfehle meinen Kunden, alle paar Jahre eine Ausschreibung zu machen. Das hilft, die Kosten im Griff zu behalten“, sagt Feisel. Zumal die Reisebüros gerade angekündigt haben, dass sie über die bisherigen Bezahlmodelle nachdenken. In Zukunft stehen dann vermutlich nicht nur Servicegebühren auf der Reisebürorechnung, sondern darüber hinaus auch noch eine Art Grundgebühr.

Doch unabhängig davon, was sich in den Vertragsbeziehungen zwischen Unternehmen und Reisebüro ändern wird: Eine Überprüfung und Durchleuchtung des Geschäftsreisevolumens lohnt sich so oder so, auch wenn Spezial-Berater wie Feisel natürlich ein Honorar für ihr Knowhow verlangen: „Selbst bei konservativer Schätzung sind häufig bis zu 25 Prozent Reisekostensenkung drin.“

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