Praktiker ist nicht unbedingt ein zweiter Fall Schlecker. Die Baumarktkette ist seit ihrer Gründung 1978 in Luxemburg unter dem Namen Bâtiself mehrfach verkauft worden. Hier haben mehrere Unternehmer die Bodenhaftung verloren oder ihr Schärflein ins Trockene gebracht, während Geldgeber und Arbeitnehmer mit dem Unternehmen untergingen.
Das Scheitern von Praktiker hat seine Ursache in der Gier von Konzernen, die ihr Heil im hemmungslosen Wachstum sehen. Die damalige Konzernmutter Asko in Saarbrücken, die später in dem Düsseldorfer Handelsriesen Metro aufging, hatte nichts Besseres zu tun, als Wettbewerber zu schlucken, allein 1979 die neun Märkte von Baywa. Von 1985 an folgte der Erwerb der damaligen Wickes-, 1990 der Realkauf-Märkte.
Die Liste der Übernahmen ließe sich beliebig verlängern: BLV, Massa, Huma, extra, Bauspar, Wirichs. Alle diese Unternehmen waren für Praktiker nichts anderes als ein Mittel, Konkurrenten mit viel Kapital aus dem Rennen zu schlagen und sich die Opfer einzuverleiben. Insofern ist Praktiker der typische Fall eines großmachtsüchtigen Konzerns, dessen Verantwortliche glauben, mit ihrer Kapitalkraft alles zu ihrem Vorteil regeln zu können.
Dazu trugen kräftig die schier unersättlichen heute mehr als 600 Mitglieder des Industriellen-Clans Haniel bei. Als Großaktionäre des Düsseldorfer Handelskonzerns Metro, zu dem Praktiker 1995 kam, holten die Familienaktionäre aus der Baukette heraus, was sie konnten. Zunächst brachte Metro die Baumarktkette im November 2005 ein zweites Mal an die Börse und bescherte dadurch sich und somit den Haniels viele Millionen.
Keine drei Wochen später verkaufte Metro die Immobilien von Praktiker für sage und schreibe umgerechnet 240 Millionen Euro an eine Investmentfirma. Ein größeres Weihnachtsgeschenk durch Aussaugen einer Firma hätten sich Metro und dahinter die Haniels gar nicht machen können.
Dass dieses Vermögen jetzt in der Insolvenz fehlt, um Gläubiger zu befriedigen oder die Arbeitnehmer zu bezahlen, ist der bisher unbeachtete Skandal des Praktiker-Konkurses. Dafür muss die Bundesagentur für Arbeit einspringen, um die Beschäftigten in den kommenden drei Monaten mit Beitragszahlungen der deutschen Arbeitgeber und Arbeitnehmer auszuhalten.
Die eigentlichen Ursache für die Zahlungsunfähigkeit von Praktiker sind aber ein völlig verfehltes Konzept und schwerstes Missmanagement. Der Grundstein dazu wurde bereits 1982 durch die Einführung des Discount-Prinzips geführt. Doch anders als Aldi war die Idee bei Praktiker von Vorneherein zum Scheitern verurteilt.