50.000 Euro für ein Bett, 300 für einen Schlaf-Tracker Guter Schlaf ist uns lieb – und verdammt teuer

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Was Apps und Schlaf-Tracker taugen

Vom Traum des guten Schlafs will aber längst nicht nur die Bettenindustrie profitieren. Technik hält immer stärker Einzug in den deutschen Schlafzimmern. Findige Ingenieure und Entwickler schicken sich an, jede Phase unseres Schlafs zu optimieren.

Die Einschlaf-Optimierer

Das beginnt schon beim Einschlafen. Dutzende Apps für iPhones, Android-Geräte und das Windows-Phone versprechen einen sanften Übergang ins Reich der Träume. Die Kosten sind gering. Einschlaf-Apps gibt es schon für wenige Euro, viele sogar kostenlos.

Zehn Dinge, die uns den Schlaf rauben
Trennung von Arbeit und FreizeitSchlafstörungen haben sich nach Einschätzung von Medizinern zu einer Volkskrankheit entwickelt. „Wir schätzen, dass zwischen 5,7 und 6 Prozent der Bevölkerung an behandlungsbedürftigen Ein- und Durchschlafstörungen leiden“, sagte Hans-Günter Weeß, Vorstandsmitglied der Deutschen Gesellschaft für Schlafforschung und Schlafmedizin (DGSM). Es gebe wissenschaftliche Hinweise, dass heute weniger geschlafen werde als vor Jahrzehnten. Ein Grund ist die mangelnde Trennung von Arbeit und Freizeit: Abends noch schnell E-Mails für die Arbeit beantworten oder am PC noch an einem Projekt feilen – die ständige Erreichbarkeit und die technischen Möglichkeiten, auch von daheim zu arbeiten, lassen die Grenzen von Arbeit und Freizeit verschwimmen. Das hindert daran, den Kopf frei zu bekommen und entspannt, einschlummern zu können. Quelle: Fotolia
Aktivierung statt Entspannung beim Internet-SurfenPCs und Smartphones verändern unser Freizeitverhalten: Statt vorm Einschlafen ein Buch zu lesen oder Fernzusehen – und dabei passiv Informationen aufzunehmen – surfen Menschen zunehmend vorm Schlafengehen im Internet. Doch beim Online-Shopping, E-Mail-Verkehr, Facebook-Chats oder Online-Spielen  muss das Gehirn sehr viele Informationen verarbeiten. Dabei wird es eher aktiviert als auf den Schlaf vorbereitet zu werden. Dabei kann helfen die Hintergrund-Beleuchtung der Displays zu dimmen, um sich auf die anstehende Nachtruhe einzustellen. Außerdem sollte nicht im Schlafzimmer gesurft werden, um den Raum gedanklich nicht mit Aktivität in Verbindung zu bringen. Eine Stunde vor dem Schlafengehen sollte man komplett auf PCs, Smartphones und Co. verzichten. Quelle: obs
Zu viel StressStressige Lebensphasen wühlen den Körper auf, und machen es nachts schwieriger, einzuschlafen. Um so wichtiger ist, es für Entspannung zu sorgen. Quelle: Fotolia
Die Angst vor Schlafstörungen verstärkt sie nurJe mehr man sich Gedanken, um die Schlafstörungen macht, desto stärker fördert man sie. So wird die Angst zu einer sich selbst erfüllenden Prophezeiung. Da man denkt, in der Nacht nicht einschlafen zu können, stellt sich der Körper auf diesen Zustand ein – und man bekommt tatsächlich kein Auge zu. Quelle: Fotolia
Unruhiger Schlaf kann zur Gewohnheit werdenWenn Menschen lange Zeit einen unruhigen Schlaf haben, etwa weil sie gerade ein Kind bekommen haben, wird dieser Zustand für den Körper irgendwann zur Gewohnheit. So können Menschen auch Jahre nachdem ihr Baby das letzte mal nach der Flasche geschrien hat, immer noch einen unruhigen Schlaf haben. Dagegen kann eine Verhaltenstherapie helfen. Quelle: dpa
Es fehlt ein EinschlafritualMenschen sollen über ihre Schlafprobleme nicht grübeln, sondern ihr Verhalten ändern. Dies kann etwa ein Einschlafritual sein. So stellt etwa die obligatorische Tasse Tee oder Milch vor dem Gang zum Bett, den Körper irgendwann darauf ein, dass nun die Schlafenszeit ansteht. Dadurch kann das Einschlafen mit der Zeit leichter fallen. Quelle: dpa/dpaweb
Verschiedene Wecker Quelle: dpa

Ihre Funktion ist immer gleich: Mit Walgesängen, Meeresrauschen oder Regengeräuschen wollen sie die Gedanken im Kopf übertönen, verhindern dass der Stress und Tagesgeschehen das Einschlafen unmöglich machen.

Nicht die schlechteste Investition, findet Zulley. "Positive monotone Stimulation erleichtert das Einschlafen. Denken Sie doch mit welchen Gesängen man kleine Kinder in den Schlaf bekommt." Wer es schafft, das Gedankenkarussell im Kopf zu stoppen, findet tatsächlich leichter in den Schlaf. Das Problem: Die Geräusche wirken nicht für alle gleich. Ist ein singender Wal für den einen wirklich beruhigend, treibt er den anderen zur Verzweiflung. Am Ausprobieren kommt niemand vorbei, sagt Zulley deshalb. Für viele Menschen genüge aber auch beruhigende Musik oder ein Hörspiel.

Die Aufwecker

Für manche ist es der bitterste Moment des Tages: das Aufwachen. Lichtwecker sollen den Start in den Tag so angenehm wie möglich machen. Statt den Schläfer mit lauter Musik aus dem Schlaf zu schrecken, erhöhen sie 20 bis 60 Minuten vor der eingestellten Weckzeit schrittweise die Helligkeit im Raum. So simulieren sie den Sonnenaufgang. Aus Sicht der Wissenschaft ist das einigermaßen sinnvoll. "Helles Licht unterdrückt das Schlafhormon Melatonin und wirkt deshalb als Wachmacher", erklärt Experte Zulley. Weil die Helligkeit nur langsam steigt, wird morgens niemand aus seiner Tiefschlafphase gerissen.So geweckt fällt der Start in den Tag tatsächlich leichter.

Kleiner Nachteil: Die positive Wirkung hält nur kurz. Spätestens zwei Stunden nach dem Aufwachen ist der Körper so oder so auf Normalbetrieb hochgefahren. Und die Wecker haben ihre Tücken. Das Licht vieler preiswerter Modelle ist nur schwach ausgeprägt. Wer tief oder mit dem Rücken zum Wecker schläft, wird von dem Schein kaum geweckt werden. Wirklich gute Lichtwecker sind hingegen teuer. Schnell kosten sie 150 Euro und mehr.

 

Die Alles-Überwacher

Während Lichtwecker und Einschlafhilfen bereits einen festen Platz in vielen Schlafzimmern haben, hat der Boom in einem anderen Segment gerade erst begonnen. Schlaf-Tracker erobern derzeit Deutschlands Bettenburgen. Sie zeichnen die Bewegung im Schlaf auf, registrieren die Geräusche in der Umgebung und erkennen, ob gerade eine Tiefschlaf- und Traumphase angesagt ist.

Die Vielfalt der Tracker ist groß: Bereits kostenloses Smartphone-Apps spucken Diagramme und Werte zum Schlafrhythmus aus. Vor dem Einschlafen auf die Matratze gelegt, aktivieren sie den Wecker, wenn im Bett gerade besonders viel Bewegung herrscht.

Auch die Hersteller von Fitness-Armbändern haben neben der Jogging-Strecke das Schlafzimmer als Einsatzort für sich entdeckt. Wearables wie das JawBone Up und das Fitbit Flex zeichnen die Schlafbewegungen  auf – und wecken je nach Modell durch leichte Vibrationen zu richtigen Zeit. 

Der französischen Hersteller Withings treibt die Entwicklung zum privaten Schlaflabor sogar noch weiter. Sein intelligentes Lichtsystem Aura kontrolliert nicht nur das Schlafverhalten sondern steuert es durch den Einsatz bestimmter Wellenlängen: Zum Einschlafen strahlt das Gerät rotes Licht  aus, das die Ausschüttung des Müdigkeits-Hormons Melatonin erhöht wird. Am Morgen leuchtet das Gerät blau und erreicht so die gegenteilige Wirkung.

Weil sich Aura auch mit einem kabellosen Blutdruckmessgerät von Withings und dem hauseigenen Fitnesstracker Pulse koppeln lässt, gilt es als eine der umfassendsten Möglichkeiten, mit der Privatleute ihren Schlaf steuern können. Das hat freilich seinen Preis: Schon für Aura allein werden 300 Euro fällig.

Hästens-Manager Bobe etwa hält von der ganze High-Tech-Ausrüstung im Schlafzimmer freilich wenig. In seinen Luxus-Betten sieht er sie gar nicht gern: "Das passt einfach nicht zu Philosophie, den natürlichen Schlaf zu fördern."

Auch Schlafforscher Zulley bezweifelt, dass Gadgets die Heilsbringer für Wenig-Schläfer sind. Nicht nur, dass ihre Ergebnisse nur grob und ungenau sind. Wer zu viel Aufhebens um seinen Schlaf macht, schade sich am Ende sogar. "Je mehr ich mich mit dem Thema beschäftige, desto unentspannter werde ich", sagt Zulley. "Der Königsweg in den Schlaf ist die Entspannung. Mangelt es daran, bleiben wir wach."

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