500 Jahre Reinheitsgebot Bier überdauert alle Krisen

Seite 2/3

Bier, ein Zufallsprodukt

Zweites Glas. Bierähnliche Getränke wurden bereits in der Altsteinzeit produziert, mutmaßlich als eher zufällige Entdeckung durch in Wasser verfaulter Gerste und angebrannte Breispeisen. Bier, so verrät die Ausstellung, wurde in der Vor- und Frühgeschichte und im Mittelalter nicht nur wegen der berauschenden Wirkung geschätzt, sondern auch, weil es, anders als das häufig mit Krankheitserregern verschmutzte Wasser der damaligen Zeit, deutlich gesünder war. Die heilkundige Hildegard von Bingen stellte bereits im zwölften Jahrhundert fest, der Hopfen „halte gewisse Fäulnis von den Getränken fern“.

Gepanschtes Bier konnte tödlich sein

Ziel des Reinheitsgebots von 1516 war die Qualitätssicherung für die Verbraucher. So hatten Brauer ihr Bier zum Beispiel mit Pflanzen wie dem Wermut gepanscht, was tödlich enden konnte. Es ging aber auch um die Versorgung der Bürger, die man über das Gesetz steuern wollte. Der Weizen war wichtigstes Brotgetreide und daher oft Mangelware.

So wurde Bier zum Volksgetränk, zum „fünften Element Bayerns“, wie es der Geheime Ratskanzler des Kurfürstentums, Wiguläus Xaverius Aloysius Freiherr von Kreittmayer, 1716 formulierte. Bier wurde in unglaublichen Mengen konsumiert: Die Arbeiter im Lagerkeller einer Brauerei erhielten durchschnittlich pro Tag vier Liter Bier als Haustrunk, die Braugesellen sechs bis sieben Liter. Tranken sie es nicht, verfiel damit ein Teil des Lohns. Bier wurde selbstverständlich auch an Kinder ausgegeben, und bis 1870 – so informiert die Ausstellung - stieg der Bierverbrauch in ganz Bayern auf 251 Liter pro Kopf und Jahr. Rund um das Bier entstand eine Erlebnisgastronomie in Bierpalästen mit riesigen Innenräumen, zum Beispiel der Münchner Kindl-Keller. Das Münchner Oktoberfest wird inzwischen weltweit kopiert. Seit 1980 ist der Bierkonsum zwar noch immer imposant, aber stark rückläufig und liegt nun in Bayern bei 145 Liter (Deutschland insgesamt: 107 Liter).

Die Geschichte des Bieres

Drittes Glas. Aldersbach im Landkreis Passau hat eine prächtige Barock-Kirche anzubieten und mit dem Rottal, dem Bäderdreieck Birnbach-Füssing-Griesbach, dem Bayerischen Wald jenseits der Autobahn 3 und den nahen Oberösterreich und Tschechien eine attraktive Umgebung. Aber als Ort der Landausstellung „Bier in Bayern“ war die touristisch weitgehend unbekannte Gemeinde zunächst heftig umstritten. Doch Aldersbach schlug Ingolstadt, Kulmbach und Freising-Weihenstephan. „Hier sind Wirtshauskultur, Handwerk und Kunst, Bier und Barock räumlich und thematisch ganz besonders eng verzahnt“, stellte Ministerpräsident Horst Seehofer in seinem Grußwort für die Ausstellung fest. Auf Schritt und Tritt begegnet einem in Aldersbach Biergeschichte: Ein Glücksfall war die alte und neue Brauerei, deren Räume und Einrichtungen von anno dazumal liebevoll restauriert wurden. Gebraut wird seit 1268, die Familie von Aretin besitzt das Unternehmen seit 1812.

Inhalt
Artikel auf einer Seite lesen
© Handelsblatt GmbH – Alle Rechte vorbehalten. Nutzungsrechte erwerben?
Zur Startseite
-0%1%2%3%4%5%6%7%8%9%10%11%12%13%14%15%16%17%18%19%20%21%22%23%24%25%26%27%28%29%30%31%32%33%34%35%36%37%38%39%40%41%42%43%44%45%46%47%48%49%50%51%52%53%54%55%56%57%58%59%60%61%62%63%64%65%66%67%68%69%70%71%72%73%74%75%76%77%78%79%80%81%82%83%84%85%86%87%88%89%90%91%92%93%94%95%96%97%98%99%100%