Achim Wambach "Für die Mitarbeiter von Kaiser's Tengelmann geht das Bangen weiter"

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"Der Minister entscheidet und trägt die Verantwortung"

Sofern es noch einmal ein solches Verfahren geben wird. Es sind im Laufe der Debatte immer wieder Stimmen laut geworden, die eine Abschaffung fordern. Was halten Sie davon?
Die Ministererlaubnis erfüllt einen sehr wichtigen Zweck. Das Kartellamt kann durch dieses Prozedere frei von politischem Druck auf Basis wettbewerblicher Argumente entscheiden. In anderen Ländern – wie etwa Großbritannien – kann die Politik schon früher in solche Verfahren eingreifen. In Deutschland ist das Verfahren ziemlich sauber und transparent: Erst erfolgt die wettbewerbliche Prüfung und dann kann auf Antrag der Minister entscheiden, ob Gemeinwohlargumente überwiegen.

Nun hat das Gericht die Berechtigung genau dieser Argumente bemängelt.
In diesem Fall. Aber es gibt durchaus Gemeinwohlargumente die überwiegen können – etwa wenn es um Umweltschutz oder Wissenschaftsförderung geht. Wir haben in der Vergangenheit gesehen, dass Fusionen im Rahmen der Ministererlaubnis bewilligt wurden. Übrigens hat auch die Monopolkommission in einigen Fällen eine solche Erlaubnis empfohlen.

Braucht es eine engere Definition des Gemeinwohls im Wettbewerbsrecht?
Aus den bisherigen Ministererlaubnisentscheidungen, der Rechtsprechung und den Stellungnahmen der Monopolkommission ergeben sich schon einige Voraussetzungen für die Anerkennung als Gemeinwohlgrund. Es dürfte schwierig sein, eine präzisere Definition des Gemeinwohls gesetzlich festzuschreiben. Eine bessere Systematisierung potenzieller Gemeinwohlgründe wäre allerdings hilfreich, um den offenbar bestehenden Unklarheiten bei Anwendung dieses Instruments entgegenzuwirken.

In der Debatte wurden ebenfalls Stimmen laut, die forderten, die Entscheidungen der Monopolkommission sollten für den Wirtschaftsminister bindend sein. Was halten Sie davon?
Die Monopolkommission ist nicht in gleicher Weise demokratisch legitimiert, wie etwa der Wirtschaftsminister. Im Rahmen der Ministererlaubnis sind gegebenenfalls unterschiedliche Gemeinwohlgründe gegeneinander abzuwägen. Das ist eine politische Entscheidung. Der Minister hat ein politisches Amt und kann zur Verantwortung gezogen werden.

Ihr Vorgänger, Daniel Zimmer, ist nach dem Eklat mit dem Wirtschaftsministerium zurückgetreten. Wie harmonisch ist aktuell die Zusammenarbeit mit dem Minister?
Wir haben eine ganze Reihe von Themen, die wir mit dem Wirtschaftsministerium und dem Minister diskutieren. Das funktioniert gut. Bei der Ministererlaubnis sind wir und das Ministerium unterschiedlicher Meinung. Der Rücktritt meines Vorgängers war ja auch dieser Sache geschuldet. Wir haben die Argumente sehr sorgfältig analysiert und sind zu unserer Empfehlung gekommen. Der Minister hat anders entschieden. Aber so ist es: Wir empfehlen, der Minister entscheidet und trägt die Verantwortung dafür.

Nun, normalerweise wirkt die Monopolkommission im Hintergrund. Zimmers Rücktritt brachte viel Brisanz mit sich. Gibt es wirklich keine Spannungen?
Da müssen Sie im Ministerium nachfragen. Auf der operativen Ebene arbeiten wir nach wie vor sehr gut zusammen. Dass wir in dieser Sache anderer Meinung sind, das gehört dazu, das hat es auch vorher schon gegeben.

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