ADC-Werbefestival Kein Platz für schlechte Werbung

Der Art Directors Club hat die besten Werbekampagnen Deutschlands ausgezeichnet. Die Branche präsentiert sich dabei im Wandel: Der Trend geht zum Digitalen – und hohe Budgets bestimmen nicht länger die Spielregeln.

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Die Baumarktkette und die Agentur Heimat haben in diesem Jahr die meisten Auszeichnungen beim Werbefestival des Art Directors Clubs (ADC) Deutschland erhalten. Quelle: Screenshot Youtube

Hamburg Die Baumarktkette Hornbach und die Agentur Heimat haben es mal wieder geschafft: Für die Kampagne „Du lebst. Erinnerst Du Dich?“ gab es in diesem Jahr die meisten Auszeichnungen beim Werbefestival des Art Directors Clubs (ADC) Deutschland. Sie bekamen allein drei goldene Nägel dafür – so heißen die Preise des Clubs.

Der Spot zeigt einen Mann, der eigentlich nur ein Loch in seinem Garten gräbt – in seinen Träumen schlittert er jedoch splitterfasernackt einen hohen Berg hinunter. Der Film, der im Fernsehen und in den digitalen Kanälen lief, ist spektakulär inszeniert und thematisiert dabei die Sehnsucht, die den Heimwerker antreibt.

Der ADC, dem in Deutschland rund 700 führende Kreative angehören, hat am Donnerstagabend in Hamburg die besten deutschen Werbekampagnen ausgezeichnet. „Es war ein ausgesprochen starker Jahrgang, vor allem die digitalen Arbeiten haben deutlich zugenommen“, sagte ADC-Präsident Stephan Vogel, der im Hauptberuf als Kreativchef bei der Agentur Ogilvy arbeitet, gegenüber dem Handelsblatt.

Im Vorjahr hatte es einigen Unmut darüber gegeben, dass der ADC so viele Printkampagnen geehrt hatte. Das ist dieses Mal nicht der Fall. Rund 2750 Einreichungen hat es insgesamt gegeben, etwa so viel wie im Vorjahr. Der Club hatte mit weniger Arbeiten gerechnet, da die wettbewerbsfreudige Hamburger Agentur Jung von Matt 2017 eine ihrer Award-Pausen einlegt.

Zum ersten Mal hat der ADC nicht nur einen, sondern gleich vier Grands Prix vergeben. Damit werden besonders originelle Kampagnen ausgezeichnet. Der Spot „Check it before it’s removed“ ist nach Ansicht der Kreativen eine solch überragende Arbeit. Die Agentur DDB Group Germany hat sie für die Organisation Pink Ribbon Deutschland ersonnen. Die Kampagne, die stark in den sozialen Netzwerken lief, richtet sich an Frauen und ermuntert sie, sich regelmäßig an der Brust untersuchen zu lassen, um Krebserkrankungen vorzubeugen.

Über diese Kampagne hatten zahlreiche Medien berichtet – ein Effekt, auf den die Werber zunehmend setzen. „Heute heißt es nicht mehr, buche einen 30-Sekunden-Spot vor der Tagesschau, sondern sieh zu, dass in der Tagesschau über Dich berichtet wird“, erklärte ADC-Präsident Vogel die neue Denke.


Siegeszug des „kreativen Darwinismus“

Ein weiterer Grand Prix ging an die Deutsche Telekom für ihr Onlinespiel „Sea Hero Quest“, das dazu dienen sollte, der Demenzforschung zu helfen. „Eine großartige Markenarbeit“, lobte Vogel die Kollegen von der Agentur Saatchi & Saatchi. Das Spiel habe einen sozialen Ansatz, gleichzeitig finde aber auch die Marke Telekom Anwendung. Auch der dritte Grand Prix ging an eine wohltätige Organisation: „Dot. The first Braille Smartwatch“ ist eine vernetzte Armbanduhr, mit der auch Blinde etwas anfangen können. Die Agentur Serviceplan hat sie für die Organisation Dot Incorporation kreiert.

Inmitten dieser Arbeiten, die für einen guten Zweck werben, sticht der vierte Grand Prix regelrecht heraus: Es ist das Cover des Nachrichtenmagazin „Der Spiegel“, auf dem US-Präsident Donald Trump als Killer dargestellt wird, indem er die Freiheitsstatue köpft. Mit diesem Cover hatten die Journalisten bewusst polarisiert – und ernteten nun den Respekt der Kreativgemeinde.

In einer Ausstellung im Hamburger Museum der Arbeit präsentierte der ADC seit Mittwoch die besten Kampagnen. Parallel fand im Kulturzentrum Kampnagel am Donnerstag ein Kongress zum diesjährigen Motto „Disrupting Deutschland“ statt, bei dem unter anderem der spanische Marketingexperte Javier Sanchez Lamelas zum Thema „Forget ads. Think new.“ sprach.

Sanchez, der 20 Jahre lang für Coca-Cola gearbeitet hat, sprach über den grundlegenden Wandel, durch den seine Branche schreitet. Früher habe „kreativer Kommunismus“ geherrscht, die Unternehmen hätten mit viel Mediageld Werbung in den Markt gedrückt. Heute gebe es „kreativen Darwinismus“, sagte Sanchez, für schlechte Werbung gebe es keinen Platz mehr – auch nicht mit viel Mediageld im Gepäck.

Einer der Werbestars, die am Donnerstagnachmittag in Hamburg auftraten, war der Schwede Björn Stahl von der Agentur Ingo Stockholm, dem kreativen Kopf hinter der Kampagne „The Swedish Number“. Über eine Hotline konnten Menschen aus aller Welt bei Privatpersonen in Schweden anrufen und über das Land von Volvo, Bullerbü und Ikea plaudern. Der Kreative Stahl hatte die Aktion für das Fremdenverkehrsamt organisiert – und sich nebenbei einen internationalen Ruf erarbeitet.

Ingo Stockholm gehört zum britischen Werbenetzwerk WPP und wird je zur Hälfte den beiden Agenturmarken Ogilvy und Grey zugeordnet. Branchenkennern zufolge soll es immer ein hartes Ringen darum geben, welche der beiden Agenturen die von Ingo erzielten Award-Punkte bei sich eintragen darf.

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