Adidas-Chef Hainer "Wir peilen eine Million Trikot-Verkäufe an"

Der Adidas-Chef Herbert Hainer hält die Tochter Reebok nicht für einen Fehlkauf und wehrt sich vor Fußball-EM und Olympia gegen Vorwürfe schlechter Arbeitsbedingungen bei Lieferanten.

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Adidas-Chef Herbert Hainer Quelle: Chris Gloag für WirtschaftsWoche

WirtschaftsWoche: Herr Hainer, Sie rüsten sowohl den FC Bayern München als auch den FC Chelsea London mit Trikots aus. Überwiegt bei Ihnen nach der Niederlage der Bayern im Champions-League-Finale vor zwei Wochen die Freude oder die Trauer?

Hainer: Emotional schlägt mein Herz ganz klar für Bayern München, das brauche ich nicht zu verheimlichen. München ist die Stadt, in deren Nähe ich aufgewachsen bin, ich bin Bayer. Rational betrachtet haben wir als Marke das Finale allerdings in jedem Fall gewonnen: 300 Millionen Zuschauer waren weltweit dabei, wenn wir die alle mit Werbespots oder Anzeigen hätten erreichen wollen, hätte wir einigen Aufwand betreiben müssen.

Was bringt Ihnen in Großbritannien der Sieg Chelseas im Kampf gegen den dortigen Marktführer Nike?

Der Sieg hilft uns auf jeden Fall, das Spiel war auch dort das Top-Thema. Wir liegen in Großbritannien nach Marktanteilen jetzt mit 16 Prozent nur noch zwei Punkte hinter Nike, holen ständig auf und wollen sie spätestens 2015 ablösen.

Hat das Finale direkt für Umsatz gesorgt?

Ja, wir haben in den drei Tagen rund um das Endspiel allein in München 150.000 Fan-Shirts und Kappen verkauft, da sind die Trikots nicht eingerechnet. Das ist mehr als jemals zuvor und mehr als bei jedem anderen vergleichbaren Endspiel weltweit, einschließlich Super Bowl, dem Finale der Football-Liga in den USA.

Mehr Gewinn im EM-Fieber
Produkte zum Fußballfieber Quelle: Fotolia
Panini Quelle: Panini
Tipp-Kick Quelle: Fotolia
Fußball-Trikots Quelle: Fotolia
Tischfußball Quelle: dpa/dpaweb
Deutschlandfahne Quelle: dpa
Hüte und Hawaiiketten Quelle: dapd

Am 8. Juni startet die Fußball-Europameisterschaft, bei der Adidas sechs Teams ausrüstet – wie läuft der Verkauf der deutschen Nationaltrikots?

Der läuft sehr gut – ich war ja bei dem Auswärtstrikot anfangs skeptisch wegen der Farbe Grün, weil wir ein ähnliches vor Jahren schon mal hatten. Den Fans gefallen aber beide – das klassische weiße wie auch das grüne – sehr gut, und wir peilen rund eine Million verkaufte Trikots in Deutschland an. Wenn Deutschland erfolgreich spielt, werden es vielleicht noch ein paar mehr.

Das Leibchen kostet 79,95 Euro – vor vier Jahren lag der Preis noch bei 69,95 Euro. Wieso langen Sie dermaßen zu?

Was heißt hier zulangen? Der Trikotpreis ist demnach pro Jahr um drei Prozent gestiegen, das ist nur etwas mehr als die Inflationsrate. Gleichzeitig sind aber auch die Rohstoff- und Lohnkosten gestiegen, was auch dazu führen könnte, dass das Trikot eines Tages 100 Euro kostet.

Top-5-Sportkonzerne

Nike ist der größte Sportartikelhersteller der Welt. Die Amerikaner behaupten, sie hätten zusammen mit ihrer englischen Marke Umbro Adidas als weltgrößten Fußballartikelproduzenten abgelöst. Laufen Sie Nike beim Fußball hinterher?

Nein, das ist nicht so. Zum einen macht Umbro meines Wissens keine großen Umsätze mehr – deswegen will  Nike sie ja auch wieder  verkaufen. Umbro hat ohnehin kaum noch große Mannschaften unter Vertrag, zur nächsten Saison müssen sie jetzt auch noch den englischen Meister Manchester City abgeben. Und wenn man sich die Marktanteilszahlen bei Fußballschuhen ansieht, kommen wir weltweit auf 37 Prozent, während Nike bei 30 Prozent liegt. Wir haben unseren Vorsprung ausgebaut.

Die Fußball-EM zählt für Adidas zu den wichtigsten geschäftlichen Ereignissen. Schweigen Sie deshalb, wenn es um kritische Themen wie Menschenrechtsverletzungen in der Ukraine geht?

Nein, wir haben keine Angst, uns zu äußern, wenn wir von einer Sache überzeugt sind. Aber wir haben prinzipiell das Credo, uns nicht zu politischen Themen zu äußern. Die Dinge ändern sich so schnell, dass wir mit Statements von einer Bredouille in die andere kämen. Dieselben Politiker, die jetzt über die Fußball-EM in der Ukraine schimpfen, haben vor fünf Jahren den europäischen Fußballverband UEFA noch für die Vergabe gelobt. Oder stellen Sie sich vor, ich hätte mich vor eineinhalb Jahren für die Laufzeitverlängerung für Atomkraftwerke ausgesprochen...

Arbeitsbedingungen in Zulieferbetrieben

Adidas-Chef Herbert Hainer Quelle: Chris Gloag für WirtschaftsWoche

Adidas steht gerade im Vorfeld von EM oder Olympia immer wieder in der Kritik wegen der Arbeitsbedingungen bei Zulieferbetrieben, zuletzt in der ARD-Sendung „Markencheck“. Tun Sie nicht genug?

Wir nehmen unsere Verantwortung seit Jahren sehr ernst, bei uns arbeitet ein eigenes Team von 65 Mitarbeitern daran, die Verhältnisse bei unseren Zulieferbetrieben ständig im Blick zu haben und zu verbessern.

Offenbar reicht das nicht – in der ARD beklagten sich jüngst wieder Gewerkschafter aus El Salvador, Adidas sei der schlimmste Arbeitgeber in der Region.

Ich habe das gesehen und mich ehrlich gesagt über die ARD geärgert. Denn der Beitrag verschwieg, dass wir in dieser Fabrik in El Salvador seit zehn Jahren nicht mehr tätig sind. Das passte aber wohl nicht in das Konzept der Sendung. Seit Jahren werden wir von Organisationen wie Clean Clothes oder der Christlichen Initiative Romero dazu aufgefordert, die Verhältnisse in den Fabriken zu verbessern, also für bessere Bezahlung, Sozialstandards, sanitäre Anlagen zu sorgen und Zwangs- oder Kinderarbeit und unbezahlte Überstunden zu verbieten. In diesem konkreten Fall haben wir genau das von dem Fabrikbesitzer verlangt...

...und er hat nicht reagiert?

Wir haben ihn mehrmals abgemahnt. Nachdem er sich nicht an unsere Vorgaben hielt, haben wir gesagt: Das war’s, finito, stopp, wir gehen raus. Drei Jahre später war die Fabrik pleite. Und dann verlangt die gleiche Organisation, die uns gedrängt hat, wir müssten dem Besitzer auf die Finger schauen, wir sollten uns jetzt um seine Mitarbeiter kümmern, nachdem er Pleite gemacht hat.

Warum haben Sie sich nicht gekümmert?

Wir haben uns sehr wohl um sie gekümmert. Wir haben mit der Regierung von El Salvador verhandelt und uns bemüht, den Arbeitern zu neuen Jobs zu verhelfen. Das ist zum größten Teil auch gelungen. Weil das aber nicht ins Bild passt, werden solche Informationen gern unterschlagen.

In einem Stadion wird nicht nur Fußball gespielt - sondern über Werbung, VIP-Logen und Fanartikel ein Millionengeschäft gemacht. Eine Übersicht.

Aktuell kritisiert die Organisation Play Fair, Adidas schulde Arbeitern in Indonesien noch Löhne von 1,8 Millionen Euro.

Auch so ein Fall. Hier hat der Fabrikant uns 2008 vor die Tür gesetzt, weil er sich von unseren Wettbewerbern größere Aufträge erhofft hat. Die blieben aus, die Fabrik ging 2010 in Konkurs. Es ist unsinnig, uns im Nachhinein haftbar zu machen.

Gibt es in Ihrer Branche in Schwellenländern schwarze Listen, wie Menschenrechtsorganisationen behaupten, auf denen unliebsame Arbeiter und Gewerkschafter stehen, die deswegen keine Jobs mehr bekommen?

Nein, die gibt es nicht. Wir bemühen uns wirklich darum, größtmögliche Transparenz zu schaffen – nennen Sie mir eine Branche, die wie wir alle ihre Zuliefererbetriebe nennt und die Verhältnisse dort öffentlich bewertet. Das haben wir jetzt zum Beispiel für die Herstellung der Produkte für die Olympischen Spiele so gemacht. Wenn Sie bedenken, dass wir mit 1400 Fabriken und einer Million Mitarbeitern in mehr als 60 Ländern zusammenarbeiten, dann hört man vergleichsweise selten etwas Schlechtes von uns.

Warum zahlen Ihre Zulieferer dann nur Hungerlöhne?

Das ist nicht richtig – wir zahlen grundsätzlich immer mehr als den gesetzlichen Mindestlohn. In China liegt der zum Beispiel bei über 157 Euro im Monat, die Löhne sind in den vergangenen Jahren stetig gestiegen. In El Salvador liegt der Mindestlohn bei 170 Dollar – wer bei Adidas arbeitet bekommt 220 bis 230 Dollar, das ist mehr als ein Polizist oder ein Lehrer dort verdient. Es gibt in der Branche ein Pilotprojekt zu existenzsichernden Löhnen, aber am Ende sind nicht wir die Verhandlungspartner, sondern die Arbeitnehmer und die Arbeitgeber.

Wo können denn, im Ernst, in China Arbeitnehmer bei den Löhnen mitreden?

Stimmt, in China legt der Staat die Löhne fest, und er hat sie in den vergangenen zwei Jahren in unserer Branche jedes Mal um 25 Prozent erhöht. Das ist gut für die Arbeiter dort, und ich gönne es ihnen. Aber unsere Zulieferer und wir müssen kaufmännisch denken und werden künftige Kapazitäten deshalb außerhalb Chinas aufbauen. Damit wird der Anteil Chinas an unserer Beschaffung in der Masse mindestens konstant bleiben, prozentual aber Stück für Stück zurückgehen.

Hoffnung für Reebok

Die Siegprämien der deutschen Nationalmannschaften
WM der Männer 1954 Quelle: dpa
WM der Männer 1974 Quelle: dpa
EM der Frauen 1989 Quelle: dpa
WM der Männer 1990 Quelle: dpa
WM der Frauen 1995 Quelle: dpa
EM der Männer 2000 Quelle: dpa
WM der Männer 2002 Quelle: AP

Wohin werden Sie ausweichen?

Adidas will jedes Jahr um zehn Prozent wachsen. Wir haben letztes Jahr 245 Millionen Paar Schuhe für alle unsere Marken produziert, es werden also praktisch dieses Jahr mehr als 20 Millionen Paar mehr. Dazu brauchen wir zusätzliche Kapazitäten. Und die werden wohl eher in Indonesien, Vietnam oder Kambodscha entstehen als in China.

2011 hat Adidas 13 Prozent mehr Umsatz gemacht. Geht es in dem Tempo weiter, erreichen Sie Ihr Ziel 17 Milliarden Euro schon früher als geplant im Jahr 2015?

Wenn es so weit ist, lasse ich Sie das gerne wissen. Ich bin mit unserer aktuellen Entwicklung sehr zufrieden, wir haben im Mai ja gerade erst unsere Prognose für dieses Jahr erhöht. Aber wir wollen bis 2015 nicht nur im Umsatz zulegen, sondern auch eine operative Marge von elf Prozent erreichen.

Allerdings zieht Ihre US-Tochter Reebok die Margen der ganzen Adidas-Gruppe nach unten. Seit sechs Jahren doktern Sie nun schon an dem 3,1 Milliarden Euro teuren Zukauf herum. Ist Reebok ein Fehlkauf?

Nein, Reebok ist auf keinen Fall ein Fehlkauf. Im Gegenteil: Reebok ist ein wesentlicher Teil unserer Wachstumsstrategie und soll bis 2015 drei Milliarden Euro Umsatz erzielen.

Das ist doch nur so viel wie bei der Übernahme 2005.

Sie dürfen die Marken Rockport und Reebok CCM-Hockey nicht vergessen, deren Umsätze wir gesondert ausweisen. 2011 waren das 471 Millionen Euro. Zudem haben wir einige Symbole – wie die Profi-Basketballliga NBA – der Marke Adidas zugeordnet, weil sie dort besser zur Markenpositionierung passen. In den vergangenen zwei Jahren sind wir mit Reebok beim Umsatz um 20 Prozent gewachsen und haben die Marge um vier Prozentpunkte gesteigert, das sollte man nicht vergessen.

Aber 2012 wird der Reebok-Umsatz doch sinken. Der Ausrüstervertrag mit der US-Football-Liga NFL läuft aus, und die Toning-Schuhe, die Trainingseffekte schon beim Gehen versprechen, stecken in der Krise. Eine Milliarde Dollar, wie Sie noch vor einem Jahr schätzten, dürfte dieser Markt in den USA nicht mehr erreichen.

Nein, das glaube ich derzeit nicht...

...auch weil Sie in den Vereinigten Staaten wegen irreführender Werbung 25 Millionen Dollar Strafe zahlen mussten?

Ukraine in Zahlen

Die Auseinandersetzung und Dumpingpreise der Konkurrenz haben die Umsätze sicher nicht eben beflügelt. Aber Sie dürfen nicht übersehen: Wir verkaufen weltweit immer noch mehrere Millionen Paar Toning-Schuhe. Keine zehn Millionen mehr wie 2010. Aber wir werden neue Produkte auf den Markt bringen, und dann wird dieser auch wieder wachsen.

Nachdem Reebok Anfang der Neunzigerjahre Weltmarktführer in der Sportbranche war, ist die Marke nur noch in Indien Marktführer – und ausgerechnet dort muss sich Adidas offenbar mit kriminellen Machenschaften herumschlagen, die den Konzern 200 Millionen Euro kosten dürften.

Dabei handelt es sich ausschließlich um ein Reebok-Problem. Wir haben unseren Geschäftsführer vor wenigen Wochen entlassen, weil wir durch Prüfungen festgestellt haben, dass bei Reebok in den vorherigen Jahren nicht korrekt gearbeitet wurde.

Ein Drittel der 1000 Reebok-Läden in Indien soll geschlossen werden. Werden Sie auch Adidas-Shops dichtmachen?

Nein, Adidas ist davon nicht betroffen, dort wird wegen dieser Vorgänge kein einziger Laden geschlossen. Im Gegenteil, wir werden Adidas spürbar ausbauen, weil die Marke auch in Indien sehr schön wächst. Und wie viele Reebok-Läden schließen, das wird sich erst noch zeigen. Den Franchisenehmern liegt ein neues Konzept vor, und wer weiter mit uns arbeiten will, ist herzlich eingeladen. Wir werden uns jeden genau ansehen.

Entwicklung der Sportartikelindustrie

Wenn politische Missstände den Sport überschatten
1972: Olympische Spiele in MünchenDie Debatte um die Apartheid in Südafrika und Rhodesien, dem heutigen Simbabwe, dominiert die Spiele im Vorfeld. Beide Länder werden wegen der Diskriminierung der schwarzen Bevölkerung vom Internationalen Olympischen Komitee (IOC) von den Spielen ausgeschlossen. Überschattet werden die Spiele zudem von einem Anschlag: Ein palästinensisches Kommando überfällt israelische Sportler, eine Befreiungsaktion nach 30-stündiger Geiselnahme scheitert - elf Israelis und ein deutscher Polizist sterben. Quelle: dpa
1978: Fußball-WM in ArgentinienDas Land wird von einer Militärjunta regiert, Oppositionelle werden gefoltert und ermordet - die Ausrichtung der WM in dem südamerikanischen Land sorgt teilweise für heftige Kritik. Der Deutsche Fußball-Bund (DFB) schickt dennoch die deutschen Spieler nach Argentinien.(Foto: Der argentinische Junta-Chef, General Jorge Videla (Mitte), freut sich am 25.06.1978 während der Pokalübergabe an die siegreiche argentinische Mannschaft.) Quelle: dpa
1980: Olympische Spiele in MoskauDie USA und 61 weitere Staaten boykottieren die Spiele, um gegen den Einmarsch sowjetischer Truppen in Afghanistan zu protestieren. Auch die Bundesrepublik bleibt den Spielen fern. Quelle: dpa - picture alliance
1984: Olympische Spiele in Los AngelesVier Jahre später folgt die Retourkutsche: Die UdSSR, die DDR und zahlreiche weitere Länder des Ostblocks boykottieren Olympia in den USA. Sie wenden sich damit gegen die ihrer Meinung nach „chauvinistischen Gefühle“ in den USA und die „anti-sowjetische Hysterie“. Quelle: dpa - picture alliance
2008: Olympische Spiele in PekingWegen der Menschenrechtslage in China und der Niederschlagung der Proteste von Tibetern sagen zahlreiche westliche Politiker ihre Teilnahme ab. Quelle: dpa
2012: Formel 1 in BahrainBereits im Vorfeld des Grand-Prix-Rennens am Persischen Golf gibt es heftige Kontroversen. Trotzdem will die Formel 1 auch im kommenden Jahr in das Königreich zurückkehren. Bahrain steht in der Kritik, weil im Frühjahr 2011 bei Protesten gegen das Regime Dutzende Menschen getötet worden waren. Quelle: dpa
2012: Fußball-EM in der UkraineWenige Wochen vor Beginn der Fußball-EM in Polen und der Ukraine spitzt sich die Diskussion über die politischen Missstände im Gastgeberland zu. Die frühere Regierungschefin Julia Timoschenko war im Oktober 2011 wegen angeblichen Amtsmissbrauchs zu sieben Jahren Haft verurteilt worden. Der Prozess wurde als politisch motiviert kritisiert. Quelle: dapd

Die Olympischen Sommerspiele in London sind womöglich Ihre letzten als Adidas-Chef. Ihr Vertrag endet 2015, welche Empfehlung geben Sie Ihrem Aufsichtsrat für die Nachfolgesuche?

Es ist viel zu früh, jetzt schon über die Zeit nach 2015 zu spekulieren. Wann immer es aber so weit sein wird, ist der Aufsichtsrat sicher selber in der Lage, den Richtigen zu finden. Meine persönliche Meinung ist jedoch, dass es immer besser ist, den geeigneten Kandidaten im eigenen Hause zu finden, weil der diese sehr spezielle Industrie, die eigenen Marken, die Kultur des Hauses und die Mitarbeiter viel besser kennt.

Wie so etwas schiefgehen kann, hat Nike erlebt, als Ende 2005 der externe Manager Bill Perez Nike-Guru Phil Knight folgte und nach etwas mehr als einem Jahr schon wieder gehen musste.

Solche Fälle haben wir im Mittelmanagement auch schon erlebt. Andererseits bin ich 1987 auch von Procter & Gamble gekommen und es hat einigermaßen vernünftig geklappt...

Sie wurden ja auch nicht direkt Chef.

Nein, und das hatte auch weder ich noch sonst jemand geplant. Wenn man also nun die Chance hat, jemanden von innen zu nehmen, ist das sicher die beste Alternative. Aber wie gesagt: Es ist zu früh, darüber zu spekulieren. Bis es so weit ist, gibt es für mich allerdings auf jeden Fall noch genug zu tun.

Sie sind seit 25 Jahre bei Adidas – was sind für Sie die wesentlichen Veränderungen in der Sportartikelindustrie?

Drei Dinge – als Erstes habe ich die große Verlagerung der Produktion raus aus Deutschland und Europa miterlebt. Als ich kam, hatte Adidas etwa noch eine Fabrik mit 900 Mitarbeitern in Herzogenaurach – und große Proteste vor der Zentrale, als die Fabriken geschlossen wurden. Hätten wir das damals aber nicht gemacht, gäbe es die Marke wohl heute nicht mehr. Die Kosten hätten uns umgebracht. Der zweite Punkt ist, wie die Sportartikelindustrie den Weg in die Lifestyle- und Fashion-Welt geschafft und die Mode teilweise dominiert hat.

Und der dritte?

Das ist die Geschwindigkeit, mit der Sie heute von Nachrichten aus aller Welt getroffen werden. Wenn ein Unternehmen heute durch Meldungen in kürzester Zeit zu Reaktionen gezwungen wird, fordert das eine Organisation und die handelnden Personen in ganz anderem Maße als früher. Da haben sich Dinge drastisch verändert, und ich weiß nicht, ob das nur zum Guten ist.

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