Agent Provocateur Luxusindustrie hat Dessous lange vernachlässigt

Vom schmuddeligen Rotlichtviertel bis in amerikanische Malls: Der Chef des Labels Agent Provocateur, Garry Hogarth, erzählt von dem Erfolg der Luxus-Boutique. Er findet: Luxusdessous verkaufen sich am besten mit Humor.

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Agent Provocateur Hogarth Boutique Dessous Quelle: Creative Commons

WirtschaftsWoche: Herr Hogarth, 1994 eröffnete der Sohn der Modedesignerin Vivienne Westwood, Joe Corre, im damals schmuddligen Londoner Rotlichtviertel Soho die erste Boutique von Agent Provocateur. Seit ein paar Wochen betreibt das Unternehmen in einer Seitenstraße der Düsseldorfer Luxusmeile Königsallee eine Filiale. Sind Sie bieder geworden?

Garry Hogarth: Nein, die Marke hat sich verändert. Der Shop in der Broadwick Street existiert immer noch und hat eine ikonische Bedeutung für unser Label. Heute sind wir zwar weiterhin in schrulligen, aber eben zusätzlich auch in bürgerlichen Gegenden vertreten. In den USA sind wir am Rodeo Drive in Los Angeles wie auch auf der Madison Avenue in New York.

Dort stehen auch schon mal Models in Unterwäsche im Schaufenster und winken den Passanten zu.

So etwas machen wir hin und wieder.

Auch in Deutschland?

Vermutlich nicht.

Sind wir zu spießig?

Es geht nicht um die Kultur in Ihrem Land. Es geht um die Gegend, in der die Boutique steht.

Frankreichs Dessous-Schneider unter Druck

Wie wichtig ist es, das Image des Verbotenen und Anrüchigen zu bewahren?

Wir hatten immer eine gewissen Ruf, mit der Grenze zwischen dem Akzeptablen und dem Anstößigen zu spielen. Das bewahren wir uns. Immer ein wenig mit Augenzwinkern. Aber wir müssen von Zeit zu Zeit ein wenig schockieren.

Gar nicht so leicht in Zeiten, in denen mehr denn je mit Sex Waren verkauft werden und Porno nur einen Klick entfernt ist.

Es ist schwieriger geworden. Und es ist ein sehr feiner Grat zwischen „sexy“ und „schmierig“. Einige Geschäfte für Dessous verkaufen zum Beispiel auch Sexspielzeug. Daran sind wir nicht interessiert. Es ist wichtig, dass wir spielerisch und humorvoll bleiben und nicht anstößig.

Aber Produkte wie goldene Handschellen mit Kordelschmuck bedienen einen Geschmack, der mit dem Sado-Maso-Bestseller 50 Shades of Grey großen Erfolg hatte.

Und der hat uns überrascht. Diese Dinge gehörten schon lange zu unserem Programm. Ich war in unserem Shop in der Madison Avenue, als mir zwei Frauen sagten, dass unsere Marke in dem Buch stünde. Und ich hatte von dem Buch nichts gehört. Nach der Veröffentlichung des Buches haben wir etwa drei mal soviel Augenbinden verkauft.

Parallel zur immer sexualisierteren Gesellschaft, wird die Kritik lauter an Werbung, die mit nackter Haut wirbt. Wo finden Sie sich in dieser Stimmung wieder?

Es hat sich nicht viel geändert für uns. Es geht bei uns nicht um Nacktheit, sondern um geschmackvolle Kleidungsstücke. 75 Prozent unsere Kunden sind Frauen. Unser Ansatz ist es, dass sie sich selbstbewusster, stärker fühlen sollen. Es geht um sie.

Der Luxusmarkt stockt angesichts vieler Probleme. Ihre jüngsten Zahlen sehen gut aus. Was macht den Unterschied?

Die Luxusindustrie hat Dessous lange vernachlässigt. Sie können sie nicht sehen - in der Regel. Sie hat sich Handtaschen und Schuhe konzentriert, da ging das Thema Dessous unter. Viele Menschen, die ich in England kenne, kauften Mode bei Prada oder Armani und trugen darunter Unterwäsche aus dem Kaufhaus Marks & Spencer.

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