Air Berlin Regierung macht Druck auf Piloten

Bundesverkehrsminister Dobrindt appelliert an die streikenden Air-Berlin-Piloten, ihren Dienst wieder aufzunehmen. Bundesarbeitsministerin Nahles kritisierte das Verhalten der Piloten als „hochgradig unsolidarisch“.

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An mehreren deutschen Flughäfen kam es auch am Mittwoch wegen umfangreicher Krankmeldungen von Piloten der insolventen Air Berlin zu Flugausfällen. Quelle: dpa

Berlin Die Bundesregierung erhöht den Druck auf Piloten der insolventen Air Berlin. Nach den ungewöhnlich vielen Krankmeldungen müssten die Flugzeugführer nun wieder rasch ihren Dienst aufnehmen, sagte Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) am Mittwoch in Berlin. „Ich kann nur an alle appellieren, Vernunft wieder einkehren zu lassen und die Flüge stattfinden zu lassen.“ Alles andere würde die Rettung der Airline gefährden. Bundesarbeitsministerin Andrea Nahles kritisierte das Verhalten der Piloten als „hochgradig unsolidarisch“. Air Berlin sei in einer schwierigen Lage, sagte die SPD-Politikerin der Nachrichtenagentur Reuters. „Die Piloten belasten mit ihrem Verhalten jetzt eine vernünftige Übergabe oder einen Verkauf. Das ist nicht akzeptabel.“

Auch am Mittwoch musste der Konzern rund 70 Flüge streichen und setzt erst für Donnerstag auf eine spürbare Besserung. Auch das Management appellierte an die Piloten, ins Cockpit zurückzukehren. „Unterstützt uns in dieser für das Unternehmen existenzbedrohenden Situation“, schrieb Konzernchef Thomas Winkelmann in einem offenen Brief. Bereits am Dienstag waren rund 100 Maschinen am Boden geblieben, weil sich etwa 200 Piloten zum Teil kurzfristig krank gemeldet hatten. Daraufhin hatte der Generalbevollmächtigte des Unternehmens, Frank Kebekus, gewarnt: „Wenn sich die Situation nicht kurzfristig ändert, werden wir den Betrieb und damit jegliche Sanierungsbemühungen einstellen müssen.“

Air Berlin ist seit Mitte August pleite und kann nur dank eines Staatskredits über 150 Millionen Euro weiterfliegen. Interessenten können bis diesen Freitag ein Kaufangebot für den Konzern oder Teile davon einreichen.

Viele Piloten fürchten bei einer Übernahme durch Konkurrenten wie die Lufthansa oder Easyjet erhebliche Gehaltseinbußen. Sie fordern deshalb Verhandlungen mit Air Berlin darüber, nach welchen Maßstäben sie übernommen werden könnten. Dies ist auch für die Interessenten ein Knackpunkt. „Der Betriebsübergang von Personal ist die giftige Pille, die Condor, Lufthansa und Easyjet nicht schlucken wollen“, sagte ein Insider aus dem Umfeld der Verhandlungen.

Die Regierung kritisierte das Vorgehen der Piloten. „Das ist durchaus ein riskantes Manöver, was da von einigen Piloten ganz offensichtlich versucht wird“, warnte Dobrindt. Nahles betonte, die insgesamt rund 8000 Beschäftigten „sollten jetzt nicht in Mithaftung genommen werden für die Einzelinteressen von einigen Piloten“. Bundeswirtschaftsministerin Brigitte Zypries (SPD) mahnte zügige Verhandlungen an. Zudem sollte es „möglichst wenig Störfeuer“ geben – „von welchen Seiten auch immer“.

Air-Berlin-Chef Winkelmann versprach den Piloten, nach Auswertung der Kaufangebote Gespräche mit den Arbeitnehmervertretern und Gewerkschaften zu führen. „Unser Ziel ist eine geordnete Überleitung möglichst vieler Arbeitsplätze“, schrieb er. „Die kurzfristige Stabilisierung des Flugbetriebs schon Morgen ist die unabdingbare Voraussetzung dafür.“

Die Verkäufer wollen ein sogenanntes „Grounding“ verhindern, also die Einstellung des Flugbetriebs. Für Interessenten könnte dies jedoch eine elegante Lösung sein, um nicht für Air Berlins attraktive Start- und Landerechte an Flughäfen zahlen zu müssen. „Für Lufthansa und Ryanair wäre dies womöglich eine gute Variante“, sagte ein Insider. Bei einer Einstellung des Flugbetriebs droht Air Berlin diese „Slots“ zu verlieren. Dann würden sie kostenlos neu verteilt – zu 50 Prozent an Airlines, die vom jeweiligen Flughafen bereits abfliegen, und zu 50 Prozent an Neubewerber.

Derweil erwägt die Betreiber-Gesellschaft des Flughafens Parchim in Mecklenburg Vorpommern, Link Global Logistics, eine Offerte für Air Berlin, wie Reuters von einem Insider erfuhr. Der chinesische Unternehmer Jonathan Pang würde bei einer erfolgreichen Übernahme eine Kooperation seiner Logistikfirma mit der Fluggesellschaft ausloten. Dobrindt verwies mit Blick auf Pang auf das für Airlines geltende EU-Recht. Demnach muss die Mehrheit des Eigentums und die Kontrolle über eine europäische Fluggesellschaft auch von Europäern gehalten werden.

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