Air Berlin vor der Übernahme Berliner Spedition buhlt um Pleite-Airline

Die Liste potenzieller Bieter für die insolvente Air Berlin füllt sich zunehmend mit illustren Kaufinteressenten. Die Pleite-Airline lockt nicht nur Rennfahrer und Hostelbetreiber, sondern auch die Spedition Zeitfracht.

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Die Spedition Zeitfracht wirft sich in den Bieterkampf um die Pleite-Airline. Quelle: dpa

Düsseldorf Die kleine Berliner Spedition Zeitfracht mit ihren 325 Lastwagen kennen die wenigsten. Das aber soll sich nach dem Willen ihres Geschäftsführers Wolfram Simon, 36, nun ändern. Man habe am Montagabend die testierten Kaufunterlagen bei Air-Berlin-Sachwalter Lucas Flöther eingereicht, erklärte er dem Handelsblatt. Nun warte man auf den Zugang zum laufenden Investorenprozess.

Der Familienbetrieb greift damit nach Deutschlands zweitgrößter Fluggesellschaft, deren Verkauf Flöther derzeit gemeinsam mit der Unternehmensberatung Roland Berger organisiert. „Uns ist daran gelegen“, erklärt Simon, „Air Berlin möglichst als Ganzes zu erhalten und den Luftverkehrsstandort Berlin zu stärken.“

Im angedachten Konzept, mit dem man den insolventen Flieger wieder erfolgreich machen will, klaffen allerdings erhebliche Lücken. So vermutet Zeitfracht insbesondere im Luftfrachtbereich „große Wachstumschancen und Erlöspotenziale“.  Für den Passagierbetrieb dagegen halte man Ausschau nach Partnern. Ein möglicher: Ihr Luftfrachtgeschäft wickelt die Lkw-Spedition, wie das Handelsblatt erfuhr, schon jetzt in Kooperation mit Air China ab.

Das Familienunternehmen hatte Gründer Horst Walter Schröter 2011, zwei Jahre vor seinem Tod, der Nichte Jasmin Schröter, 33, vererbt. Sie ist mit Simon liiert.

Auf den ersten Blick scheint Zeitfracht für die Übernahme von Air Berlin viel zu klein. Der 800 Mitarbeiter beschäftigende Gesamtkonzern („Schröter Holding GmbH“) brachte es 2015 bei 102 Millionen Euro Umsatz auf 1,4 Millionen Euro Nettogewinn. Air Berlin dagegen beschäftigt zehnmal so viel Personal, das 2016 fast 3,8 Milliarden Euro Umsatz bewegte – wenn auch mit enormem Verlust.

Doch die Firmenkasse von Zeitfracht ist prall gefüllt. Im vergangenen Oktober verkaufte die Berliner Spedition ihren Firmenanteil von 6,21 Prozent an Deutschlands zweitgrößtem Paketdienst DPD. Der Kaufpreis blieb zwar unveröffentlicht, dürfte Experten zufolge aber an eine dreistellige Millionenhöhe heranreichen. Jahrelang hatte sich der DPD-Hauptgesellschafter, die französische Postgesellschaft La Poste, um den ausstehenden Anteil an der Paketgesellschaft DPD bemüht, die 2017 voraussichtlich 1,7 Milliarden Euro umsetzt.

Gegenüber dem Handelsblatt bestätigt Zeitfracht-Geschäftsführer Simon, dass die Gelder aus dem Anteilsverkauf für den Einstieg bei Air Berlin eingesetzt werden sollen.

Ob die Zeit reichen wird, ist ungewiss. Bis zum 15. September will der Insolvenzsachwalter Offerten für Air Berlin einsammeln, um womöglich schon am 21. September einen Verkaufsentscheid zu fällen. „Das ist sportlich“, erklärte Simon, „aber schaffbar.“ Unterstützung bekommt er von der Wirtschaftskanzlei Görg. Die Kölner Rechtsanwälte hatten Zeitfracht beim Verkauf der DPD-Anteile beraten, bekannt wurde Görg durch den Verkauf des Warenhausimperiums Arcandor Karstadt.


Die Liste der Bieter für Air Berlin wird länger und länger

Zeitfracht reiht sich in eine lange Liste möglicher Bieter für Air Berlin ein. Am Wochenende war der einstige EnBW-Chef Utz Claassen ins Gespräch gekommen. Claassen bestätigte aber kein konkretes Kaufinteresse. Auch der Nürnberger Unternehmer Hans Rudolf Wöhrl preschte mit einem Konzept vor zur Komplettübernahme von Air Berlin. Zugang zu den Geschäftsbüchern erhielt er aber nicht, weil Wöhrl die geforderte Vertraulichkeitserklärung verweigerte.

Funkstille herrscht zudem bei Ex-Rennfahrer Niki Lauda, der bis Wochenbeginn eine Offerte für die Air-Berlin-Tochter Niki prüfen wollte. Ryanair-Chef Michael O'Leary polterte zwar kräftig gegen das Verfahren, will aber kein Angebot machen. Dafür meldete sich der Berliner Hostelbetreiber Alexander Skora. Er will mit israelischen, kanadischen und US-Partnern ein Angebot unterbreiten. Bieter mit guten Aussichten sind dagegen Lufthansa, gefolgt von Easyjet und Condor. Wie es um die Interessenten stehe, wollte ein Sprecher Flöthers nicht kommentieren.

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