Aktienverkauf Haniel verkauft Metro-Anteile

Der Schuldenberg von Haniel soll durch einen massiven Aktienverkauf verkleinert werden. Der neue Haniel-Chef will sich von zwei großen Aktienpaketen trennen: Metro- und Celesio-Anteile stehen zum Verkauf.

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Die Familien Haniel und Schmidt-Ruthenbeck verlieren die Mehrheit am Handelskonzern Metro. Quelle: dpa

Düsseldorf Der neue Haniel-Chef Stephan Gemkow macht einen Teil der beiden größten Aktienpakete des Mischkonzerns zu Geld. Haniel verkauft Anteile am Handelskonzern Metro und am Pharmahändler Celesio für insgesamt 400 Millionen Euro, wie aus einer Mitteilung vom Dienstag hervorgeht. Über Nacht sollen zunächst Celesio-Papiere für bis zu 99 Millionen Euro auf den Markt geworfen werden. Für die Verringerung des Metro-Anteils um 4,24 Prozent will sich Haniel dagegen bis zu 18 Monate Zeit lassen. Mit dem Verkauf wäre rechnerisch auch die Mehrheit der Familien Haniel und Schmidt-Ruthenbeck an dem Handelskonzern (Real, MediaSaturn) verloren. Sie halten bisher zusammen 50,01 Prozent, davon liegen 34,4 Prozent bei Haniel.

Die Sorgenkinder von Haniel
28 Milliarden Euro Umsatz, glücklose Investments und die Ratingagenturen drohen mit der Herabstufung auf Schrott-Status - wenn Stephan Gemkow im Sommer Chef des Duisburger Mischkonzerns Haniel wird, dürfte ihm einiges von seinem Job als Lufthansa-Finanzchef her bekannt vorkommen. Der Mischkonzern erwartet ein schweres Jahr, die schlechten Zahlen für 2011, die Haniel heute präsentiert, sprechen bereits Bände. Quelle: dpa
Außerdem erwarten den 52-Jährigen (r) ungewohnte Dinge wie den von Amtsinhaber Jürgen Kluge losgetretenen Dauerstreit im Management. Nach einem spektakulären Machtkampf bei der Metro mit dem ehemaligen Metro-Chef Eckhard Cordes hätte Kluge im vergangenen Jahr seinen vorzeitigen Rückzug aus dem Amt angekündigt. Quelle: dpa
Haniel gilt als der unbekannte Riese der deutschen Firmenlandschaft. Das Duisburger Unternehmen, das unter anderem auch Anteile am Handelsriesen Metro und am Versandhändler Takkt hält, hatte 2011 bei einem Umsatz von 27,3 (Vorjahr: 27,4) Milliarden Euro einen Einbruch beim Ergebnis vor Steuern von 390 (620) Millionen Euro verbucht. Nach Steuern blieb ein Gewinn von noch 236 (454) Millionen Euro. Die Nettofinanzschulden konnte der ehemalige McKinsey-Chef Kluge leicht abbauen - sie sanken von 5,15 auf 4,85 Milliarden Euro.
Schuld an dem Gewinneinbruch ist die Haniel-Tochter Celesio. Der Stuttgarter Pharmahändler leidet unter den Sparmaßnahmen im Gesundheitssektor und wird derzeit umgebaut. Aktuell steckt der neue Celesio-Chef Markus Pinger viel Energie in die von seinem Vorgänger Fritz Oesterle eingeleitete Expansion in Südamerika. Zuletzt hat der Konzern die Mehrheitsbeteiligung an seiner brasilianischen Tochter Panpharma deutlich aufgestockt. 2011 setzte Celesio in Brasilien bereits rund 1,65 Milliarden Euro um. Das Land trug damit mehr als sieben Prozent zum Konzernumsatz von 23 Milliarden Euro bei. Nach drei Gewinnwarnungen im vergangenen Jahr soll Celesio aber bei größeren Übernahmen erst einmal eine Pause einlegen.
Wichtigste Beteiligung im Haniel-Konzern ist die Metro (34 Prozent). Auch der Düsseldorfer Händler hatte 2011 ein schwieriges Jahr und mit Umsatz- und Gewinnrückgängen zu kämpfen. Allerdings spülte der Verkauf von Metro-Immobilien dem Großaktionär Geld in die Kasse. Zu den bekanntesten Vertriebsketten der Gruppe gehören Marken wie ... Quelle: dpa
... Media Markt, Saturn, Kaufhof und Real. Insgesamt gehören dem Duisburger Familienclan heute rund 800 Firmen in der Welt. Allerdings bergen vor allem die Großbeteiligungen an Metro und Celesio für den Mischkonzern Risiken. „Wir haben ein Klumpenrisiko“, sagte Jürgen Kluge am Montag in Duisburg. Die Strategie sei klar - solche Risiken müssten mittel- bis langfristig reduziert werden. „Derzeit sollten wir sie (Metro und Celesio) nicht zur Disposition stellen“, fügte Kluge hinzu, der Haniel voraussichtlich im August verlässt. Ein kurzfristiger Verkauf oder ein Abschmelzen der Beteiligungen sei mit Blick auf die niedrigen Aktienkurse sowohl bei Metro als auch bei Celesio „irrational“. Bei Celesio werde es wohl drei Jahre dauern, bis der Konzern zu alter Ertragskraft zurückfinden werde.
Zu Haniel gehört zudem zu 100 Prozent der Rohstoffrecycler ELG mit Sitz in Duisburg. Das Unternehmen ist in der Aufbereitung und dem Handel mit Rohstoffen für die Edelstahlindustrie aktiv und erzielte 2010 jährlich einen Umschlag von 1,3 Millionen Tonnen Edelstahlschrott. Zwei Jahre später leidet ELG unter dem Wettbewerb und steuert wegen Wertberichtigungen weniger zum Ergebnis bei. Trotz einer Umsatzsteigerung um 4 Prozent auf 2,72 Milliarden Euro ist das operative Ergebnis um 8 Prozent von 88 auf 81 Millionen Euro gesunken.

Mit dem Verkaufserlös will Gemkow den Schuldenberg von Haniel reduzieren. Mittelfristig solle die Verschuldung unter zwei Milliarden Euro gedrückt werden, erklärte der Konzern. Noch ist die Holding mit rund 2,4 Milliarden verschuldet. 150 Millionen Euro soll der Verkauf weiterer, als nicht strategisch identifizierter Vermögenswerte bringen. Die Beteiligungspakete am Büro-Versandhändler Takkt, dem Arbeitskleidungs-Hersteller CWS-boco und der Recycling-Tochter ELG stünden aber nicht zur Disposition.

"Haniel geht mit diesem Maßnahmenpaket den Verschuldungsabbau auf Holdingebene konsequent an und balanciert zugleich das Portfolio besser aus", erklärte Gemkow den Schritt. Gemkow verschafft sich mit einem Schuldenabbau neuen Spielraum. Zuletzt hatten die Rating-Agenturen S&P sowie Moody's die Bonitätsnoten gesenkt, womit die Schuldenaufnahme sich für Haniel tendenziell verteuert. Bei Metro hatte Haniel zahlreiche Rückschläge verkraften müssen - der Konzern stieg aus dem Dax ab und musste seine Gewinnprognose für 2012 revidieren.

Zunächst sollen 7,9 Millionen Celesio-Aktien an Investoren verkauft werden. Damit reduziert Haniel seinen Anteil auf 50,01 von 54,64 Prozent. Weitere Anteile könnte das Familienunternehmen frühestens sechs Monate später abstoßen. Die Aktien wurden am Dienstagabend über die Deutsche Bank zu einem Preis zwischen 12,20 und 12,50 Euro angeboten, wie es in Finanzkreisen hieß. Am Mittwoch soll die Platzierung beendet sein. Damit muss Haniel einen Abschlag von mindestens sechs Prozent zum Montags-Schlusskurs hinnehmen. Im Frankfurter Späthandel fiel die Celesio-Aktie um 6,1 Prozent auf 12,45 Euro.

Die größten Einzelhändler der Welt

Haniel hatte vor 39 Jahren die Mehrheit an dem Pharmahändler übernommen, der damals noch Gehe hieß. "Wir begrüßen, dass Haniel ein stabiler Ankeraktionär bleibt. Es ändert sich dadurch für Celesio nichts", sagte ein Celesio-Sprecher am Dienstag. "Wir sind vom nachhaltigen Ergebnispotenzial sowohl von Metro als auch von Celesio überzeugt", betonte Gemkow.

Bei Metro musste Haniel allerdings deutliche Kurseinbußen hinnehmen, seit das Unternehmen unter dem früheren Vorstandschef Eckhard Cordes seine Beteiligung aufgestockt hatte und zusammen mit dem Großaktionär Schmidt-Ruthenbeck dort mit 50,01 Prozent der Aktien die Mehrheit kontrolliert. Nun sollen 13,7 Millionen Aktien verkauft werden. Das drückte die Metro-Aktie im Frankfurter Späthandel um 1,8 Prozent auf 21,82 Euro. Die Mehrheit auf der Hauptversammlung bleibt den beiden Großaktionären trotzdem sicher. Metro sei ein "Ankerinvestment", unterstrich Haniel. Metro wollte sich zu den Plänen nicht äußern. (redigiert von Jörn Poltz)

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