Aldi-Kampagne Mit vereinten Kräften gegen die Supermärkte

Im Kampf gegen die Supermärkte starten Aldi Nord und Süd gemeinsam eine große Imagekampagne. Ein neuer Kino-Spot soll die Marke der Discounter auffrischen. Dafür holt sich Aldi sogar einen Berliner Rapper ins Boot.

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Bislang ging Aldi nur im Ausland ins Fernsehen. Das ändert sich künftig. Quelle: Screenshot: Aldi

Essen, Hamburg Die griechischen Götter tunken Hähnchenkeulen in einen Schokoladenbrunnen, lassen Skelette zum Tanz aufspielen, feuern spaßeshalber Blitze auf die Sterblichen. Plötzlich macht ein Controller im grauen Anzug dem Treiben ein Ende: Das Gelage sei schlichtweg zu teuer. Schließlich gebe es auf dem Olymp keinen Aldi.

Der Kino-Spot steht für eine gänzlich neue Werbestrategie, für die Aldi Nord und Aldi Süd erstmals beim Marketing im großen Stil zusammenarbeiten. Ab Sonntag dröhnt eine Botschaft per TV-Spot, im Radio und auf Plakaten auf die Deutschen ein: „Einfach ist mehr.“ „Das ist ein ganz neuer Angang für die Marke Aldi. Erstmals redet sie über ihre Haltung“, sagte Ulrich Klenke, Chef der Werbeagentur Ogilvy & Mather, am Donnerstag in den Essener Aldi-Nord-Büros. Er ist zusammen mit den Werbern von Oliver Voss für die Umsetzung verantwortlich.

Tatsächlich kam Aldi bislang mit Sonderangeboten auf Werbezetteln aus. Anzeigenblätter im ganzen Land verdanken ihre Existenz zu einem guten Teil dieser flächendeckenden Print-Werbung. Doch die Zeiten, in denen der Preis für sich sprechen sollte, sind vorbei. Nachdem Aldi Brotbackautomaten in die Läden und Markenprodukte ins Sortiment geholt, ja sogar einen Nachhaltigkeitsbericht vorgelegt hat, startet nun die nächste Stufe der Mission Marken-Auffrischung.

Aldi ging bislang nur im Ausland ins TV, wenn das Prinzip Discount erst bekanntgemacht werden musste. In Deutschland dagegen sind die Discounter an ihrer Wachstumsgrenze angelangt und gewinnen keine Marktanteile mehr gegen die klassischen Supermärkte.

Entsprechend richtet sich die Aldi-Werbung weniger gegen direkte Konkurrenten wie Lidl, Penny und Netto als gegen die sogenannten Vollsortimenter wie Edeka und Rewe. Der Vorstoß hat Gewicht: Zusammen sind Aldi Nord und Süd Deutschlands größter Discounter. Süd kommt in Deutschland auf einen Nettoumsatz von 14,2 Milliarden Euro, Nord auf etwa 11,1 Milliarden.

Aldi verfolgt in der TV-Werbung eine andere Strategie als Lidl. Dem Versuch der Neckarsulmer Konkurrenz, sich hochwertiger zu positionieren, setzt Aldi den Aspekt Einfachheit entgegen. „Wir fühlen uns wohl als Discounter“, sagte Aldi-Nord-Marketingchef Kay Rüschoff. Die Botschaft der Werbekampagne ist denn auch, dass der Einkauf bei Aldi schneller und unkomplizierter ist als im Supermarkt.


Fargo und die Einfachheit

Lidl hingegen zielt stärker darauf ab, sich als hochwertiger Anbieter zu präsentieren – etwa durch edle Weine und Feinkost. Dafür baut Lidl derzeit seinen Onlineshop mit etlichen Stellenausschreibungen in Berlin aus, um auch im Netz zur Anlaufstelle für Kunden zu werden.

Erst am Mittwoch eröffnete Lidl zudem an der Hamburger Nobelmeile Neuer Wall einen Pop-up-Store für eine sogenannte Premium-Modelinie. Für zehn Tage soll eine modern in Grautönen gestaltete Boutique das Image der Mode vom Discounter aufbessern. Auch in der Fernsehwerbung hebt Lidl stark auf Auswahl und Qualität ab.

Doch der Versuch, über Imagewerbung neue Kunden zu gewinnen, war für Lidl offenbar nur mäßig erfolgreich. Der Plan, diejenigen 20 Prozent der Deutschen, die nicht regelmäßig bei dem Discounter kaufen, in die Läden zu locken, sei nicht wirklich aufgegangen, gestand Einkaufschef Jan Bock in Hamburg ein. Dafür aber seien die Stammkunden noch treuer geworden.

Daraus hat wohl auch Aldi gelernt. Die Kampagne ziele von Anfang an darauf ab, die Markentreue der vorhandenen Kunden zu erhöhen, sagte Aldi-Süd-Einkaufschefin Jeanette Thull. Angeblich sind das 90 Prozent der Deutschen. „Wir wollen außerdem sicherstellen, dass der Discount auch für jüngere Kunden attraktiv bleibt“, sagte Thull.

Dazu hat sich Aldi vom 27-jährigen Berliner Rapper Fargo ein Lied schreiben lassen. Auch darin geht es um Einfachheit – und darum, dass die vielen verschiedenen Käsesorten aus dem Supermarkt ja letztlich doch alle gleich schmecken. Aldi Süd will den Musiker sogar zu einem Konzert in ein Zentrallager holen.

So offen mag sich der nördliche Schwesterkonzern nicht präsentieren. An den Social-Media-Aktivitäten der Mülheimer werden sich die Essener weiterhin nicht beteiligen – versprechen aber immerhin, das Geschehen auf Facebook und Instagram zu „beobachten“.

Das Werbevolumen hinter der neuen Kampagne wollen beide nicht nennen. Unerheblich dürfte es nicht sein: Zunächst starten 45-Sekunden-Spots bei fast allen TV-Sendern. Dazu kommen 50 000 Plakatflächen. Die Kampagne soll langfristig laufen, dann auch produktspezifischer. Ein Radiospot weist in der zweiten Stufe etwa darauf hin, dass der teuerste Kaffee der Welt dadurch entsteht, dass er von einer Katzenart gefressen und wieder ausgeschieden wird. Bei Aldi allerdings gebe es den aus gutem Grund nicht: „Weil unser Kaffee geröstet ist, aber nicht hirnverbrannt.“

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