Amazon Das Rätsel der fehlenden Milliarde

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Amazon investiert in Logistik

Doch mit dem Aufbau von immer mehr Auslieferungszentren kippt dieser Trick. Bereits 29 Bundesstaaten behalten inzwischen bei Amazon-Transaktionen die Mehrwertsteuer ein und leiten diese an die Bundesstaaten weiter, in denen die Kunden jeweils wohnen. 2017 wollen zehn weitere Bundesstaaten sich dieser Vorgehensweise anschließen.

Amazon-Chef Jeff Bezos hat gar keine andere Wahl, als immer mehr in Logistik zu investieren. Auf der einen Seite, um sich der Konkurrenz zu erwehren, auf der anderen Seite, weil ein zunehmender Teil der Verkäufe über unabhängige Händler erfolgt, die nur ihre Waren in Amazons Lager abliefern und sie dann gegen Gebühr verschicken lassen. Die Zahl der Verkäufe von Drittanbietern, die durch Amazon versendet werden (Fulfilment by Amazon), stieg im Quartal um 70 Prozent und 55 Prozent aller Verkäufe von Dritten werden heute über Amazon getätigt. Das erklärt den kontinuierlichen Aufbau von Lagern und den geplanten Bau eines eigenen Frachtflughafens für 1,5 Milliarden Dollar.

Mit den anhaltend hohen Investitionen und dem Fehlen von Gewinnbeiträgen der kostspieligen Projekte wie Amazon Music oder Prime Video, die Investitionen in Lizenzen, Abspielrechte oder Eigenproduktionen erfordern, fällt Amazons geheimer Geldmaschine immer mehr Bedeutung zu. Denn die Wachstumsverlangsamung droht langsam zu einem Problem für Jeff Bezos zu werden. Im zweiten Quartal 2016 lag das Plus zum Vorjahr noch bei 31 Prozent, im dritten bei 29 und jetzt bei 22 Prozent.

AWS, die Sparte für Cloud-Computing, ist die Profitmaschine des Handelsunternehmens. Der operative Gewinn von 926 Millionen Dollar im Quartal bei einer satten Gewinnmarge von 26 Prozent sorgt für den nötigen Cash Flow. Der Umsatz im Quartal lag mit 3,6 Milliarden Dollar um 47 Prozent über dem Vorjahresquartal, aber auch hier schwächen sich die Wachstumsraten ab.

Amazon ist einsamer Marktführer beim Boom-Segment Cloud-Computing, doch vor allem der Verfolger Microsoft holt mit großen Schritten auf und auch das abgeschlagene Google will nicht kampflos aufgeben. Der Umsatz der Sparte liegt laut Amazon im gleitenden Zwölfmonatsdurchschnitt bei 12,2 Milliarden Dollar. Microsoft hat als Ziel für 2018 einen Umsatz von 20 Milliarden Dollar ausgelobt und im abgelaufenen Jahr 14 Milliarden erreicht.

Im Jahr 2016 belief sich der Umsatz des gesamten Amazon-Konzerns auf 136 Milliarden Dollar, ein Plus von 27 Prozent. Geht es nach den Marktforschern von eMarketer, wird Amazon zwar der Wachstumschampion bleiben, sich aber auf ruhigere Zeiten einstellen müssen. Sie sagen bis 2020 ein jährliches Wachstum von 13 Prozent voraus. Kein anderer Wettbewerber erreicht hier einen zweistelligen Wert. Doch Anleger, die weiter auf Amazon als ungestümen Wachstumswert setzen, sollten sich noch einmal Gedanken machen.

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