Wenn es ein Paradies für Kunden im Internethandel gibt, sieht es wohl so aus: Die größte Auswahl aller Produkte, die günstigsten Preise, kostenfreie Lieferung. Wenn die Ware dennoch nicht gefällt, schickt man sie einfach zurück - kostenlos und ohne Angabe von Gründen.
Wenn es eine Hölle für Verkäufer im Internethandel gibt, dann sieht sie wohl so aus: Er muss die größte Auswahl parat haben, die Gewinnmarge auf ein Minimum reduzieren, die Ware schnell versenden – und dann beobachten, dass sie später ohne Begründung zurückkommt. Die Rücksendekosten muss er natürlich auch übernehmen.
Der Internetgigant Amazon hat seit Jahren sehr großzügige Konditionen für die Rücksendung von Waren. Die galten bislang jedoch nicht zwingend für die Händler, die ihre Hosen, Waschmaschinen oder Rotweine über den Marktplatz von Amazon verkauften. Die Drittanbieter konnten im Rahmen der gesetzlichen Vorgaben ihre Rücknahmekonditionen selber bestimmen. Das ist nun vorbei: Seit dem 19. April gelten für alle Produkte, die über die Amazon-Webseite gekauft werden, einheitliche Regeln für die Rücksendung.
Vorteil für Kunden
Der Vorteil für den Käufer liegt auf der Hand: Er muss nicht bei jedem Produkt, das er über einen Händler auf Amazons Marktplatz ordert, nachschauen, wie im Falle des Falles die Rücksendung geregelt ist.
Und die Regelungen sind aus Sicht der Kunden sehr großzügig. Es gilt:
- Waren dürfen binnen 30 Tagen ohne Angabe von Gründen zurückgesendet werden. Der Käufer erhält den vollen Kaufpreis zurück.
- Kostet der Artikel mehr als 40 Euro und wird innerhalb von 14 Tagen zurückgeschickt, entfallen die Kosten für die Rücksendung für den Käufer.
- Noch großzügiger ist die Regelung für Bekleidung, Schuhe und Handtaschen. Hier erhalten die Kunden die Portokosten unabhängig vom Kaufpreis binnen 30 Tagen zurück. Retouren sind für diese Waren also innerhalb der Frist kostenfrei.
- Eine weitere Regel betrifft Waren, die im Zeitraum zwischen dem 1. November und 31. Dezember versandt werden. Im Weihnachtsgeschäft gilt die Ausnahme, dass alle Waren bis zum 31. Januar zurückgesendet werden dürfen. Die Frist für die Rückgabe wird damit deutlich verlängert. Falls das Weihnachtsgeschenk also nicht gefällt, darf es mit ausreichend zeitlichem Spielraum zurückgeschickt werden.
Probleme für Händler
Für die unabhängigen Händler verschärfen sich damit noch einmal die Bedingungen, unter denen sie auf dem Amazon-Marktplatz ihre Waren feilbieten. Wer nicht schon bislang die gleichen Konditionen anbot, muss nun nachziehen, will er nicht aus den Listen des Konzerns fliegen. Die Verpflichtung, auch den Rückversand der Kunden zahlen zu müssen, dürfte insbesondere Anbieter, die mit kleinen Gewinnspannen rechnen, empfindlich treffen.
Mit den längeren Rücksendezeiten als gesetzlich vorgeschrieben wird es für Händler schwer zu kalkulieren, wann sie wirklich mit dem Geld rechnen können. Gleichzeitig sind umfangreiche Rechte für die Rückgabe von Artikeln ein wirksames Instrument im Marketing.
Strategie von Amazon
Für die Marke Amazon dürften die neuen Regeln einen weiteren Gewinn an Image in der Kundenorientierung bedeuten. Bislang fielen unangenehme Erfahrungen mit einzelnen Händlern auch auf Amazon zurück. Sollten nun alle Retouren im Sinne der Kundenstrategie Amazons abgewickelt werden, zahlt das wiederum auf Amazons Sympathiewerte ein.
Mit dem erhöhten Druck auf die Drittanbieter könnte es Amazon zudem gelingen, sie dazu zu bewegen, sämtliche Logistikschritte über Amazon abwickeln zu lassen. Ein Service, den sich der Versender mit Provisionen gut bezahlen lässt. Für die Händler wird es dann immer schwieriger, die nötigen niedrigen Preise zu bieten, um bei der Auflistung aller Anbieter möglichst weit oben zu stehen.
Die umsatzstärksten Onlinehändler
Mit einem Umsatz von 432,3 Millionen Euro war Alternate im Jahr 2016 nach Umsatz der zehntgrößte Online-Shop Deutschlands.
Quelle: EHI Retail Institute; Statista
Etwas mehr Umsatz, nämlich 450 Millionen Euro, hat Tchibo 2016 erwirtschaftet und landet damit auf einem soliden neunten Rang.
Durch conrad.de ist auch ein Elektronik-Fachhändler in der Bestenliste vertreten. Mit einem Umsatz von 471,8 Millionen Euro im Jahr 2016 schafft er es auf Rang 8. Auf diesem Platz landete er auch im Vorjahr.
Platz 7 geht mit einem Umsatz von rund 517,4 Millionen Euro an cyberport.
Mit einem Umsatz von 532,8 Millionen Euro landet der Versandhandel von Media Markt auf Rang 6.
Der Umsatz des Onlinegeschäfts von bonprix lag bei über 586,6 Millionen Euro.
Die AG notebooksbilliger.de, die neben Laptops auch Smartphones, Tablets und PCs vertreibt, hat 2016 706,6 Millionen Euro erwirtschaftet und landet damit auf Platz vier.
Das kann Zalando noch übertreffen. Mit einem Umsatz von rund 1,1218 Milliarden Euro im Jahr 2016 landet der Onlinehändler für Mode auf Platz drei.
Otto setzte 2,7434 Milliarden Euro um.
Mit einem Umsatz von 8,1229 Milliarden Euro im Jahr 2016 ist der börsennotierte Online-Versandhändler amazon.de unangefochtener Spitzenreiter.
Kunden sollten bei aller Freude über großzügige Rücksenderegelungen nicht vergessen, dass es auch bei Amazon Grenzen gibt. „Bitte beachten Sie, dass Sie jeden Artikel in dem Zustand zurückgeben müssen, wie Sie ihn erhalten haben. Das heißt, neue Artikel müssen auch bei Rückgabe neu und unbenutzt sowie vollständig sein. Gebrauchte Artikel dürfen keine zusätzlichen Abnutzungsspuren oder Beschädigungen haben.“
Der Internethändler Zalando kann davon ein Lied singen. Als "Zalando-Partys" machte ein Begriff Karriere, der belegt, dass einige Käufer, so sie sich im Versandparadies wähnen, für den Händler auch mal die Hölle sein können. Die Waren wurden bestellt, für eine Party angezogen und anschließend zurückgeschickt.