„Amtlich-was-kippen"-Kampagne Das Finanzministerium erteilt Lemonaid einen Korb

Das Hamburger Limo-Unternehmen Lemonaid kämpft wegen existenzbedrohender Steuernachzahlungen für eine Gesetzesänderung. Doch das Bundesfinanzministerium hält die Spendengesetze für ausgewogen. Schlechte Nachrichten für das Crowdinvesting des Unternehmens.

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Das Bundesfinanzministerium erteilt der Hamburger Limonadenfirma Lemonaid und seiner Kampagne für eine bessere steuerliche Behandlung von Sozialunternehmen einen Korb. „Nach aktueller Rechtslage sind Spenden an steuerbegünstigte Körperschaften abziehbar“, so ein Sprecher des Ministeriums gegenüber der Wirtschaftswoche. „Einerseits wird das uneigennützige Engagement der Spenderinnen und Spender gesellschaftlich anerkannt, andererseits dafür gesorgt, dass das Interesse der Allgemeinheit an einer planbaren und gesicherten Finanzierung der öffentlichen Haushalte mit Steuereinnahmen berücksichtigt wird.“

Als Lemonaid gegen eine gesetzlich verordnete Mindestmenge von Zucker in der Limonade vorging, stellten die Hamburger der damaligen Ernährungsministerin Julia Klöckner eine Statue aus Zucker vor das Ministerium. Etwas später hingen da freche Plakate: „Frau Klöckner ist noch immer Ernährungsministerin. Und nu?“ Noch hat Finanzminister Christian Lindner bislang noch keine solchen Überraschungen serviert bekommen.

Lemonaid kämpft ums Überleben: Das Sozialunternehmen hat mit ihrem Versuch, die Spenden des Unternehmens als Sponsoring zu deklarieren, bei einer Steuerprüfung eine Aufforderung zur Steuernachzahlung in Höhe von drei Millionen Euro erhalten: Lemonaid spricht von „existenzbedrohenden Forderungen“ und von „einem Irrsinn, der Sozialunternehmen generell“ betreffe. Das Finanzamt habe ihr Sponsoring „letztlich als Gewinnausschüttung“ definiert, weil ihr der Gegenwert fehle.

Sollte das Gesetz nicht geändert werden, steht vielleicht sogar die Rückzahlungsfähigkeit ihrer Crowdfinanzierung in Frage. Vor knapp einem Jahr lieh Lemonaid sich bei seinen Fans bereits drei Millionen Euro zu einer Verzinsung von fünf Prozent – die Rückzahlung wird in 2026 fällig.

Wegen des Steuergeheimnisses dürfe das Ministerium nicht auf den konkreten Fall von Lemonaid eingehen, so der BMF-Sprecher. Er konkretisierte aber, dass im Körperschaftssteuergesetz die Höhe des Abzugs auf 20 Prozent des Einkommens oder vier Promille der Summe der Umsätze plus Löhne und Gehälter begrenzt sei. „Die den Höchstbetrag übersteigenden Spenden können in den folgenden Veranlagungszeiträumen abgezogen werden“, so der Sprecher, „Die Abzugsfähigkeit wird damit auf mehrere Jahre verteilt.“

Lemonaid aber hat in der Vergangenheit bis zu 15 Prozent ihres Umsatzes gespendet, und zwar auch in Jahren, in denen es Millionen-Verluste machte. Es verspricht seinen Konsumenten, fünf Cent je Flasche zu spenden. Das Verlagern der Abzugsmöglichkeit in die Zukunft bringt jedoch nichts, wenn das Unternehmen seinem Sozial-Versprechen treu bleiben will – dann muss es weiter mehr ausschütten, als es sich eigentlich leisten kann.

Der Hamburger Finanzsenator Andreas Dressel (SPD) hatte gegenüber dem „Hamburger Abendblatt“ Verständnis für Lemonaid geäußert – er wolle die Weiterentwicklung des Gemeinnützigkeitsrechts prüfen lassen. Er kann aber nur über die Finanzministerkonferenz und die Ampel-Koalition Einfluss nehmen.

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Dem Wunsch nach besseren steuerrechtlichen Bedingungen für Sozialunternehmen schließen sich auch Viva con Agua und Soulbottles an – obwohl die ihre Spenden rechtlich so strukturiert haben, dass sie keinen Ärger mit dem Finanzamt haben. Das Unternehmen machte auf Anfrage keine Angabe dazu, wie viele Menschen sich ihrer Petition „Amtlich was kippen“ angeschlossen haben – bei 50.000 Stimmen gäbe es eine Anhörung im Bundestag. Bislang haben sich erst 15.000 Menschen auf der Lemonaid-Website zum Unterschreiben der Petition angemeldet.

Lesen Sie auch, warum Crowdfinanzierungen für die Anleger selten gut ausgehen.

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