Angestaubtes Image Vorwerk will wieder in deutsche Wohnzimmer

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Qualität als Trumpf

Welche Firmen das Comeback geschafft haben
Märklin, Schiesser, Rosenthal - Sie schafften es aus der InsolvenzSolarmodul der Conergy AG in Frankfurt an der Oder. Die deutsche Solarbranche gerät durch die stark subventionierte chinesische Konkurrenz zunehmend unter Druck. Allein im vergangenen Dezember meldeten die Solarzellen- und Modulhersteller Solon und Solar Millenium Insolvenz an. Beim Konstanzer Solarzellenhersteller Sunways hat der langjährige chinesische Partner LDK die Mehrheit übernommen. Sunways hatte im vergangenen Jahr mit dem Preisverfall in der Solarbranche und schwächerer Nachfrage zu kämpfen. Der Umsatz dürfte sich 2011 auf 110 Millionen Euro halbiert haben. LDK kann nun von den Technologien und dem Vertriebsnetz des Konstanzer Unternehmens profitieren. Quelle: dapd
So wichtig die Solarbranche ist, viele ihrer Unternehmen sind der breiten Bevölkerung unbekannt. Bei Märklin ist das ganz anders: Im Februar 2009 musste der schwäbische Modelleisenbauer Insolvenz anmelden. Bereits ein knappes Jahr später schrieb das Unternehmen wieder schwarze Zahlen. Zwischenzeitlich war das Lager reduziert, das Werk in Nürnberg geschlossen und mehrere hoch dotierte Manager entlassen worden. Das Ergebnis: der Gewinn vor Steuern (Ebit) betrug 10,1 Millionen Euro. Derzeit arbeitet Geschäftsführer Stefan Löbich daran, Kinder wieder mehr für die Modelleisenbahn zu begeistern. Quelle: dpa
1879 von Philipp Rosenthal in Selb nahe der tschechischen Grenze gegründet, musste der Hersteller hochwertigen Porzellans 2009 Konkurs anmelden. Der langjährige irisch-britische Mehrheitsgesellschafter Waterford Wedgewood hatte das deutsche Traditionsunternehmen mit in den Strudel gezogen. Bereits einige Monate später ist Rosenthal Teil der italienischen Besteckherstellers, Sambonet Paderno. Seitdem führten die Brüder Pierluigi und Franco Coppo, Geschäftsführer von Rosenthal, beispielsweise eine günstigere Linie für die Gastronomie unter der Marke Arthur Krupp ein. 2011 lag der Umsatz mit 85 Millionen Euro allerdings nur etwa auf Vorjahresniveau. Quelle: dpa
Schiesser Feinripp mit Eingriff: Im Februar 2009 konnte eine Insolvenz der Kultfirma aus Radolfzell am Bodensee nicht mehr abgewendet werden. Hauptgrund waren damals unrentable Verträge mit Lizenzpartnern wie Tommy Hilfiger und Puma. Der Unterwäschehersteller entließ daraufhin Mitarbeiter und stieg aus vielen Verträgen aus. Mit Erfolg: Bereits im gleichen Jahr kehrte Schiesser in die Gewinnzone zurück. Eine geplante Zusammenarbeit mit Modemacher Wolfgang Joop war dann nicht mehr nötig. Ein für das zweite Quartal 2011 geplanter Börsengang ist jedoch schon mehrmals verschoben worden. Quelle: dpa
Keine große Überraschung war 2009 die Pleite der Billigkaufhauskette Woolworth. Im Juli 2010 übernahm schließlich die HH-Holding, die Dachgesellschaft der Tengelmann-Gruppe, Woolworth Deutschland. Zur Gruppe gehört auch der Textil-Discounter Kik. Aktuell betreibt Woolworth in Deutschland rund 180 Kaufhäuser mit 4.300 Mitarbeitern. Quelle: dpa
Mitarbeiter vor der Zentrale des Karstadt-Mutterkonzerns Arcandor in Essen. Die Pleite des Handelskonzerns im Juni 2009 war eine der spektakulärsten der vergangenen Jahre. Während die Einzelhandelskette Karstadt vorerst durch den Investor Nicolas Berggruen gerettet werden konnte, wurde der Versandhandel Quelle abgewickelt. Quelle-Erbin Madeleine Schickedanz verlor als Bürgin den größten Teil ihrer Milliarden-Erbschaft. Quelle: ap
Der Remscheider Automobilzulieferer Edscha, spezialisiert auf Cabriodachsysteme und Türscharniere, konnte dem weltweiten Absatzeinbruch 2009 nicht standhalten. Im Februar 2009 meldete das Unternehmen Insolvenz an. Die Cabriodach-Sparte kaufte der bayerische Konkurrent Webasto AG. Im März 2010 stimmten die Kartellbehörden auch dem Kauf der Scharniersystem-Sparte durch den spanischen Zulieferer Gestamp Automoción zu. Quelle: dpa

Neuer Markenauftritt und zeitgemäßes Vertriebskonzept gehören zusammen, wenn sich Vorwerk als „Dachmarke für technisch und qualitativ überlegene Haushaltsgeräte“ etablieren will, wie Marketingchef Berger sagt. Doch auch manche Länderchefs stehen zumindest einem Teil der Pläne der Wuppertaler Vorturner skeptisch gegenüber. Italien-Lenker Patrizio Barsotti etwa soll sich mit Kobold-Sparten-Chef Jörg Körfer eine lautstarke Auseinandersetzung darum geliefert haben, in welchem Maß in Italien Vertriebsreformen notwendig sind. Tatsächlich erreicht Barsotti glänzende Ergebnisse mit seinem Folletto – mit der Haustür-Methode, von der sich die Deutschen gerade verabschieden. Also gibt es in Italien keinen Internet-Auftritt, obwohl Chef Muyres Interesse an der Handelsform hat. Internet und Shop zusammen erwirtschaften jetzt auch bei Vorwerk schon 15 Prozent des Sauger-Umsatzes.

„Zu 70 Prozent ist der Umbau des deutschen Kobold-Vertriebs und der Marke Vorwerk geschafft“, sagt Muyres und verkündet Positives: Erstmals seit 2008 werde die deutsche Staubsaugersparte 2012 wieder schwarze Zahlen schreiben, der Umsatz liege rund zehn Prozent über Vorjahr. In den kommenden Monaten wird in Wuppertal sogar eine neue Produktionsstraße für Thermomix-Messer eingerichtet, weil der Verkauf der Geräte weiter boomt.

Ist die Krise überwunden?

Auch alle anderen Sparten seien profitabel. Dazu gehören die akf-Bank, die Ratenzahlungen für Staubsauger und Thermomix-Geräte finanziert und exklusiver Finanzierungspartner der Automarken Aston Martin und McLaren in Deutschland ist. Geld verdienen auch die Vorwerk Teppichwerke mit einem Marktanteil von mehr als 20 Prozent im deutschen Markt. Sie liefern alle Teppiche für die ICE-Züge.

Alles also wieder im Vorwerk-grünen Bereich? Nein, bald dürften sich in Wuppertal weitere Fragen und Sorgen breitmachen. Patriarch „Dr. Jörg“ läutet jetzt mit 76 Jahren seinen Rückzug von der Beiratsspitze ein, ohne dass die Familie einen Nachfolger aus ihren Reihen benennen kann. Und ein hartes Stück Reformweg steht noch bevor: Im Oktober legen die McKinsey-Berater, die seit einem Vierteljahr im Haus sind, die Karten auf den Tisch. „Wir müssen effizienter werden“, erklärt Gesellschafter Strecker den McKinsey-Auftrag. Zudem gehe es darum, „die Organisation auf neue, strategische Herausforderungen vorzubereiten“. Kündigungen drohen.

Am Ende der Party in Unterbilk war Helens Stimmung auch schon mal besser. Ein prickelndes Sorbet, Rohkostsalat mit Brokkoli, pikante Dips, Reis und dampfgegartes Gemüse hat die Runde mit dem raspelnden und röhrenden Thermomix fabriziert und verspeist. Aber was nicht ausbrechen will, ist die erhoffte Kauffreude. Emil findet den Thermomix zu groß. Jemand philosophiert, das Gerät koste so viel „wie ein iPhone mit viel Speicher, würde mich aber nicht so glücklich machen“. Eine der Kerstins immerhin überlegt, die vegetarischen Pasten, die sie im Bioladen kauft, künftig mit so einer Maschine selbst zuzubereiten. Ob sich einer aus der Runde noch bei Helen melden wird? Die Nebenerwerbs-Vertreterin ist skeptisch. Rund 80 Partys schafft die 41-Jährige, die einen Teilzeit-Bürojob hat, pro Jahr. Bei jeder zweiten bis dritten Party hat sie Erfolg.

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