Anklage gegen Anton Schlecker Warum der Fall Schlecker so vertrackt ist

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Der Niedergang des Schlecker-Imperiums

Wie kam es überhaupt zur Schlecker-Pleite?

Der Niedergang der Drogeriemarktkette gehört zu den spektakulärsten Pleiten in der Bundesrepublik. Zuvor war es eine bedeutende deutsche Erfolgsgeschichte. Nach der Eröffnung der ersten Filiale in Ulm im Jahr 1975 hatte Anton Schlecker Stück für Stück ein wahres Imperium aufgebaut - europaweit. Im Rekordjahr 1999 brachten die rund 11.000 Filialen 300 Millionen Euro Gewinn ein.

Zwischenzeitlich hatte Schlecker mehr als doppelt so viele Filialen wie dm und Rossmann zusammen. Die Konkurrenten wuchsen deutlich langsamer, setzten aber auf Geschäfte in guten Lagen der Innenstädte, größere Läden und ein umfassenderes Sortiment. Schlecker setzte auf die Billigschiene: die Läden waren altbacken, die Produkte preiswert. Schlecker war das Aldi der Drogeriemärkte - mit schlechterem Ruf.

Zudem verzettelte sich das Unternehmen in einem Wust unterschiedlicher Vertriebsformate. Neben dem klassischen Schlecker gab es bald Drospa-, XL-, XXXL und AS-Filialen. 2007 kam durch Zukauf noch Ihr Platz hinzu.
Die stete Expansion überdeckte die Schwächen des Geschäftsmodells. "Wenn wir ehrlich sind, dann funktionierten wir ab Mitte der 90er Jahre wie ein Schneeballsystem. Es ging nur weiter, weil wir es ständig erweiterten“, zitierte das Handelsblatt einen Altdirektor.

Wenige Jahre nach der Jahrtausend-Wende ließen sich die Probleme nicht mehr kaschieren. Schlecker trieb die Expansion weiter voran, neue Läden wurden selbst in kleinen Örtchen aus der Taufe gehoben. Der Umsatz wuchs trotzdem nicht mehr. Die Kunden kehrten Schlecker den Rücken, wechselten zur modernen, höherwertigen Konkurrenz. Dm und Rossmann eroberten Markanteile.

Der Niedergang wurde deutlicher: Bis 2010 schloss Schlecker in Deutschland hunderte kleinerer Filialen. Aus ersten Auslandsmärkten wie Dänemark, den Niederlanden und Ungarn verabschiedete sich die Kette ganz. Allein 2010 verlor Schlecker europaweit jeden vierten Kunden. Der Umsatz brach ein, die Verluste stiegen rasant. Am Ende des Geschäftsjahres 2011 stand ein Minus von 230 Million Euro.

Die spektakulärsten Privatinsolvenzen
Thomas Middelhoff Quelle: AP
Lars Windhorst Quelle: dpa
Gisa und Hedda Deilmann, MS Deutschland Quelle: gms
Anton Schlecker Quelle: dapd
Willi Balz Quelle: dpa
Niels Stolberg Quelle: dpa
Augenarzt, Detlef Uthoff Quelle: Fotolia

Kurz vor dem Ende übernahmen Anton Schleckers Kinder, Lars und Meike, mehr Verantwortung, sie versuchten einen Strategiewechsel und gaben sich kämpferisch. "Man liegt im Spiel auch mal 1:0 hinten", sagt Meike Schlecker 2011. „Gucken wir mal, wie es ausgeht.“

Das Ergebnis ist bekannt. Schlecker ist am Geiz gescheitert, urteilen die Kommentatoren.

Was waren die Folgen der Schlecker-Pleite?

Die Pleite löste in der Handelslandschaft ein Erdbeben aus: Rund 25.000 Mitarbeiter verloren ihren Job. Viele fanden erst nach Jahren eine Neuanstellung. Die „Schlecker-Frauen“ wurden zum Politikum.
Die Lücken im Netz der Drogerieketten waren hingegen schnell gefüllt. Dm, Rossmann und Budnikowsky rückten nach – und teilten das Gros der Kunden unter sich auf. Aber auch Lebensmittelhändler und Discounter nutzten die Chance, und erweiterten ihr Sortiment um Drogerie-Artikel.

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