Baumschulen Die Fichte wird zum Exportschlager

Kleinere Gärten, mehr Stürme und wenig Nachwuchs – das sind nur einige der Herausforderungen für die deutschen Baumschulen mit ihrer teils jahrhundertelangen Tradition. Hoffnung macht der Blick ins Ausland.

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Verschiedene Bäume der Baumschule Lorberg: Etwa 20 Prozent ihres Umsatzes von rund einer Milliarde Euro machen deutsche Baumschulen im Ausland. Quelle: dpa

Berlin Bäume aus Deutschland sind ein echter Exportschlager. Blaue Stech-Fichten für die Kremlmauer, Eiben-Kegel für das Schloss Versailles, Birken an der Tower Bridge: An zahlreichen Wahrzeichen in Europa haben deutsche Landschaftsgärtner ihre Bäume und Sträucher eingepflanzt.

„Nur ganz wenige Anbieter in Europa haben solch eine Qualität im Programm wie die deutschen Spitzenbaumschulen“, sagt Walter Dirksmeyer vom Thünen-Institut für Ländliche Räume, Wald und Fischerei. Etwa 20 Prozent ihres Umsatzes von rund einer Milliarde Euro machen die deutschen Baumschulen im Ausland.

Einer der Hauptmärkte ist Russland - trotz der dortigen Wirtschaftskrise und des Rubel-Einbruchs, was auch die deutschen Betriebe zu spüren bekamen. So sackten die Erlöse der größten Baumschule in der EU, Bruns-Pflanzen in Bad Zwischenahn, in Russland um 25 Prozent ab. Kunden sind oft Oligarchen, die ihre Privatgärten mit deutscher Ware bestücken lassen. „Wenn wir diese großen Projekte in Osteuropa nicht hätten, wären wir noch stärker eingebrochen“, erzählt Geschäftsführer Jan-Dieter Bruns.

Noch immer macht der Auslandsmarkt 40 Prozent des Geschäfts von Bruns aus, beim Konkurrenten Lorberg beträgt allein der Russland-Anteil 25 Prozent. Von den Brandenburgern stammen etwa die mehr als 100 Fichten, auf die der russische Präsident Wladimir Putin von seinem Amtssitz im Herzen Moskaus aus schaut.

Traditionell wird Picea pungens Glauca am Kreml gepflanzt. Die Bäume gelten als anpassungsfähig an das scharfe Winterwetter und als widerstandsfähig gegen den notorischen Smog in der russischen Hauptstadt - und sorgen für Farbtupfer.

Doch abseits der großen Vorzeigeprojekte ist die Lage der Branche, die sich in dieser Woche zur viertägigen Fachmesse GaLaBau in Nürnberg getroffen hat, schwierig. Von „uneinheitlichen Tendenzen“ spricht der Bund deutscher Baumschulen.


Die Mengen sinken und die Preise steigen

„Es wird einerseits viel und hochwertig gebaut, was eine ebensolche Pflanzennachfrage auslöst“, sagt Hauptgeschäftsführer Markus Guhl. „Andererseits werden die Gärten durch die bauliche Verdichtung immer kleiner, was dem Pflanzenabsatz entgegenläuft.“ Britta Tröster von der Agrarmarkt Informations-Gesellschaft (AMI) sagt es so: „Die Mengen sinken zwar, aber die Preise sind gestiegen.“

Hinzu kommen neue Vorlieben, wie der Garten auszusehen hat: „Es werden nur noch wenig lebende Pflanzen eingesetzt, sondern häufiger Steine: Schotter und Kies auch auf größeren Flächen. Das ist pflegeleichter“, meint Bernd Hardeweg vom Zentrum für Betriebswirtschaft im Gartenbau in Hannover.

Schließlich würden auch viele Kunden älter, die sich größere Gehölze leisten können und wollen. Auch die Unternehmen beobachten, dass sich jüngere Eigentümer weniger um die Grundstücke kümmerten. „Der Mensch fährt lieber in den Urlaub als für dasselbe Geld den Garten intensiv zu pflegen“, sagt Baumschuleninhaber Stefan Lorberg.

Zudem erwächst den Fachbetrieben neue Konkurrenz. „Baumärkte, Lebensmitteleinzelhändler und Discounter haben ein immer besseres Angebot und sind näher dran an den Kunden als der Fachhandel, den man gezielt ansteuern muss“, erklärt AMI-Expertin Tröster. „Viele Pflanzen und Kleingehölze gehen mit über die Theke, obwohl der Einkauf zunächst nicht geplant war.“

Gleichzeitig ist die Arbeit äußerst intensiv. „Wir haben zu kämpfen mit Wetterwidrigkeiten - wir stellen fest, dass die Sturmintensität größer wird - und wir sind jedes Jahr mit anderen Krankheiten konfrontiert“, erzählt Lorberg. Hunderte Mitarbeiter sind Tag und Nacht im Einsatz. Allein: Auch den Baumschulen fehlt der Nachwuchs.

„Die Söhne und Töchter der Firmenbesitzer überlegen, ob sie diesen Druck, der in der Branche herrscht, weiter mitmachen“, sagt Bruns. Dabei brauchen die international erfolgreichen Unternehmen die kleinen und mittleren als Zulieferer. Allein im Ammerland im Nordwesten Niedersachsens, wo auch Bruns seinen Sitz hat, gibt es etwa 300 Baumschulen. Doch Bruns blickt „mit ein wenig Sorge in die Zukunft - dass wir genügend gute Betriebe behalten, die weiterhin gute Pflanzen produzieren“.

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