Beate Uhse, Eis.de, Amorelie Die Renaissance des Erotikhandels

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Die neue Kundschaft

Der Werbespot von Eis.de könnte von Zalando sein. Eine lasziv blickende Frau öffnet im rosa Negligé die Tür, ein Paket-Bote reicht ihr ein Päckchen, das keine Rückschlüsse auf den Inhalt zulässt. Anstatt des orgiastischen Schreis, den man aus der Zalando-Werbung kennt, folgt eine metaphernreiche Umschreibung ebenjenes Schreis – der Werbespot, den die Hamburger Werbeagentur Jung von Matt entwarf, wurde im Netz zum Renner.

Seit 2006 vertreibt Eis.de mittlerweile über 25.000 Produkte – von Dessous über Sexspielzeug bis hin zu allem, was das Herz eines Bondage-Liebhabers höher schlagen lässt. Mit den TV-Werbekampagnen erschließen die Erotik-Händler die neue Zielgruppe – die junge, selbstbewusste Frau. 

Eis.de im Überblick

Als ein Mädchen Anfang 20 mit neonfarbenen Nike-Turnschuhen, einer Leggins und einem dunklen Oberteil die Beate-Uhse-Filiale in Düsseldorf betritt, sagt Gabriele: „Das ist die Frau, die wir heute ansprechen wollen.“

Das junge Mädchen durchstöbert den vorderen Bereich des Ladenlokals, der an ein Dessous-Geschäft erinnert. An Kleiderständern sind die Modelle der Frühlingskollektion aufgereiht – bunte, helle Spitzenunterwäsche. Sie befühlt den Stoff mit einer Selbstverständlichkeit, als wäre sie in einer H&M-Filiale.

Das neue Shop-Konzept

Zwischen den Dessous finden sich verschiedene, kleine Sexspielzeuge, die in knalligen Farben gehalten sind und so gar nichts mit den fleischfarbenen Riesengemächten zu tun haben, die das Erscheinungsbild der Shops einstmals prägten. „Die jungen Frauen, die hereinkommen, sollen nicht gleich erschlagen werden“, erklärt Gabriele das neue Konzept. Im vorderen Bereich finden sich die softeren Produkte.

Während Gabriele zu der Kundin geht und fragt, ob sie helfen kann, durchstöbert ein älterer Herr mit schlohweißem Haar das DVD-Regal mit den Hardcore-Streifen, das im hinteren Teil des Ladens steht. In diesem Bereich finden sich auch fernsteuerbare Liebeskugeln, Leder- und Latex-Accessoires, größere Spielzeuge, Nippel-Klemmen, Fesseln und viele andere, für die breite Masse ungewöhnlichere Spielzeuge, die die erfahreneren Kunden ansprechen sollen.

„Was macht man damit genau?“, fragt das Mädchen die Filialleiterin im vorderen Bereich des Geschäfts und hält ihr ein Gerät entgegen, das aussieht wie eine lilafarbene Zunge. „Das ist Jimmy Jane, ein Auflegvibrator“, sagt Gabriele. „Mit ihm stimuliert man die Klitoris von außen.“ Gabriele erklärt, dass das Gerät aus medizinischem Silikon ist, über einen USB-Anschluss aufgeladen wird und verschiedene Stimulierungsstufen hat. Kostenpunkt: Je nach Ausführung zwischen 110 und 170 Euro.

Die E-Commerceler

Trotz der Enttabuisierung der Masturbation geht nicht jede Frau so entspannt mit dem Thema um. „Viele, die sich nicht in Sexshops trauen, weil sie Angst haben, erkannt zu werden, kaufen heute online ein“, erklärt der Sexualwissenschaftler Pastötter.

Nach eigenen Angaben belieferte Online-Händler Eis.de von 2006 bis heute 6,5 Millionen Kunden. 2013 setzte der Konzern 18,2 Millionen Euro um. Auch bei Beate Uhse funktioniert der Online-Vertrieb: 2010 generierte das Unternehmen 44,5 Millionen Euro Umsatz damit. 2014 waren noch einmal sieben Millionen Euro mehr. Zum Vergleich: Das Filialgeschäft brachte 44 Millionen Euro Umsatz ein.

Das Potenzial des Markts hat mittlerweile auch ProSiebenSat1. erkannt. Der Medienkonzern trug nicht nur maßgeblich zum Erfolg der Anbieter bei, indem er ihre Werbung in den Hauptwerbeblöcken spielte – er mischt auch selbst im Geschäft mit.

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