Beiersdorf-Hauptversammlung Der volle Geldspeicher weckt Begehrlichkeiten

Beiersdorf hat viel Geld auf der hohen Kante, Übernahmen sind jedoch nicht in Sicht. Unter den Aktionären des Konzerns herrscht darüber Unmut: Sie fordern von der Eigentümerfamilie Herz ein Ende des Knauserns.

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Was die Geschäftszahlen anging, mussten sich die Manager jedoch kaum Kritik anhören Quelle: Reuters

Hamburg Lässt sich Michael Herz erweichen? Immerhin ließ sich der Großaktionär bei der Beiersdorf-Hauptversammlung zu einem kleinen Applaus und zustimmendem Gelächter hinreißen, nachdem ein Kleinaktionär die „Knauserigkeits-Dividende“ kritisiert hatte. „Herr Aufsichtsrat, Sie kommen doch nicht aus Schottland oder Schwaben“, wetterte der Aktionär Bernd Günther.

Seit Jahren belässt Beiersdorf, dominiert vom Hauptaktionär Herz und seiner Familie, die Dividende stabil bei 70 Cent – trotz stetig steigender Gewinne. Der Großteil der Gewinne bleibt im Unternehmen: 3,7 Milliarden Euro Liquidität meldete Vorstandschef Stefan Heidenreich für 2016. Der volle Geldspeicher weckt Begehrlichkeiten.

„Wir als SdK sind nicht zufrieden und sind auch nicht zu feige, den Vorschlag der Verwaltung abzulehnen“, sagte Hansgeorg Martius von der Schutzgemeinschaft der Kapitalanleger. „Wir können nur ein Umdenken erreichen, wenn wir dagegen stimmen“, sagte er mit Blick auf die konkurrierende Aktionärsvereinigung DSW.

Deren Vertreter Steffen Kraus sagte: „Ein Euro Dividende wäre angemessen.“ Er kündigte jedoch an, sich zu enthalten. Schließlich sei ein Zukauf für Beiersdorf denkbar. „Wir sind uns aber einig: Es macht keinen Sinn, eine Akquisition zu tätigen, nur um eine Akquisition zu tätigen.“ Er schlug vor, das Unternehmen solle sich einen Zeitpunkt vornehmen. Wenn bis dahin keine Übernahme gelinge, solle Beiersdorf das Geld an die Dividende ausschütten.

Aufsichtsratschef Reinhard Pöllath sagte, dieses Vorgehen sei unwahrscheinlich. Beiersdorf müsse Geldreserven womöglich über Jahre für Zukäufe bereithalten. Es sei nicht absehbar sei, wann eine gute Gelegenheit zum Zukauf aufkomme, noch wie groß sei sein werde. „Drei oder vier Milliarden Euro sind sehr, sehr viel Geld. Davor haben wir Respekt. Aber das Geld muss in das Geschäft zurückinvestiert werden – auch durch Zuerwerbe“, sagte Pöllath, der ein Vertrauter von Herz ist.

„Was auch immer passiert: Wir zahlen unsere 70 Cent“, sagte er den Aktionären. Er versicherte jedoch später: „Wir diskutieren die Dividende im Aufsichtsrat sehr intensiv. Es ist nicht so, dass wir das einfach durchwinken.“


Nivea-Werbung sorgt für Kritik

Weiteres Thema in diesem Jahr: Nachhaltigkeit. Vor der Hauptversammlungshalle verteilten Greenpeace-Aktivisten Flugblätter gegen Plastik in Nivea-Produkten. Drinnen meldete sich Julia Thrul zu Wort. „Ich bin seit 20 Jahren Aktionärin. Eigentlich wollte ich die Aktien bis zum Ruhestand halten“, sagte die Rednerin, die laut ihrer Linkedin-Seite als freiberufliche Menschenrechtsaktivistin tätig ist. Sie kritisierte, Heidenreich habe kein Wort dazu verloren, dass kürzlich eine Werbeanzeige für Nivea weltweit für negative Schlagzeilen gesorgt hatte.

Beiersdorf hatte im Nahen Osten mit dem Slogan „White is purity“ für ein Deo geworben, das keine Flecken auf weißer Kleidung verursacht. Die Werbebotschaft war vor allem in den USA als rassistisch konnotiert empfunden worden. „Ein Vorstand, der sich hier nicht bei der Welt entschuldigt, darf nicht entlastet werden“, wetterte sie. „Es fiel kein Wort, dass es einen internationalen Skandal gab, der Nivea weltweit vor allem bei jungen Leuten geschadet hat“, sagte sie.

So habe der rassistische Ku-Klux-Klan sich positiv zu der Werbung geäußert. Aus ähnlicher Kritik vor mehreren Jahren an einem Werbemotiv aus den USA für Amerikaner mit afrikanischer Abstimmung unter dem Slogan „Re-Civilize yourself“, habe der Vorstand offensichtlich nichts gelernt.

Bei Nachhaltigkeit liege Beiersdorf zudem deutlich hinter dem Konkurrenten Unilever zurück, der das Thema seit Jahren besetzt. „So wie Sie momentan führen, werden sie kurzfristig erfolgreich sein und wachsen – aber nicht mehr über 20 Jahre“, sagte sie.

Der zuständige Vorstand Zhengrong Liu verteidigte das Vorgehen. Es gehöre nicht zur Beiersdorf-Kultur, große Ankündigungen zu machen. Es seien aber konkrete Schritte etwa bei nachhaltiger Energie und der Unterstützung von Bedürftigen im Gange. Markenvorstand Ralph Gusko sagte zu dem umstrittenen Slogan: „Dafür haben wir uns öffentlich bei allen entschuldigt, wo der Post als beleidigend empfunden worden ist.“ Beiersdorf unterstütze Vielfalt und Gleichbehandlung. „Natürlich ist es markenschädlich, wenn so etwas passiert. Wir geben uns die größte Mühe“, beteuerte Pöllath.

Im Kern mussten sich die Manager jedoch kaum Kritik anhören – im Gegenteil. Fast alle Aktionärsvertreter gratulierten ausdrücklich zu m Wachstum bei Umsatz und Gewinn. Mehr Dividende gab es für sie diesmal trotzdem wieder nicht – die sparsame Familie Herz hat dank ihrer Mehrheit das letzte Wort.

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