Bettina Röhl direkt

Karstadt: Ist Berggruen der Retter oder das Problem?

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Karstadt war ein Synonym für Kaufhaus


Fast alle Bundesbürger wuchsen als Karstadtkenner auf. Das daraus resultierende öffentliche Interesse hat womöglich zu einem vorschnellen Verkauf der überschuldeten und illiquiden Kaufhausgranate an Nicholas Berggruen geführt, wenn man denn den Tauschvertrag, ich gebe dir, Konkursverwalter, einen Euro, den du an die Gläubiger, die natürlich zustimmen müssen, weiter reichst, und du gibst mir, Berggruen, dafür das Eigentum an dem einst größten Warenhauskonzern Europas, überhaupt Kaufvertrag nennen möchte. Diese Nummer mit dem berühmtem symbolischen einen Euro haben manchmal ihr Gutes, manchmal sind sie nicht recht durchdacht.


Berggruen hat sich pfiffig die Rechte am Namen Karstadt gesichert und dem Konkursverwalter dafür fünf Millionen Euro in die Hand gedrückt. Ein Spottpreis. Bei den Namensrechten geht es nicht nur um den real fiktiven Wert, der sich aus der Marke herausholen lässt, sondern vor allem um die Machtposition des "Investors". Was wäre der Betrieb Karstadt nach Abhandenkommen seiner Immobilien, die teuer zurück gemietet werden mussten, nach seiner Insolvenz noch wert, wenn nicht mehr "Karstadt" an den Konsumtempeln stehen dürfte, sondern dort zukünftig irgendein Phantasiename prangen würde. Fakt ist: Berggruen hat inzwischen Millionen aus den Lizenzgebühren zurück erhalten, die der Konzern ihm für die Nutzung des eigenen Namens zahlt. Selber investiert hat Berggruen so gut wie nichts.

Jetzt ist die aus dem Ikea-Management kommende Schwedin Eva-Lotta Sjöstedt, die Berggruen erst vor einem knappen halben Jahr als Karstadt-Chefin implementiert hatte, dem Unternehmen wieder abhanden gekommen. Und dies mit einem großen Medienecho, das allerdings übertrieben und hilflos wirkt.

Wenn ein Unternehmen eines Top-Managers verlustig geht, der gerade eben eingesetzt wurde und der sich bisher in einem völlig anders strukturierten, völlig anderen Markt getummelt hatte, dann mag das ärgerlich sein, aber ein Beinbruch ist das per se nicht. Die im letzten halben Jahr von den Karstadt-Mitarbeitern als neue Heilsbringerin begrüßte Sjöstedt hatte und konnte nichts Bilanzsignifikantes erreichen oder in den Filialen etwas besonders Auffälliges ins Werk setzen. Sie lebte stattdessen von Vorschusslorbeeren. Ihr Credo den einzelnen Filialen mehr Autonomie zu gewähren, ein wenig originelles Konzept, das bei den sehr uniformen Ikea-Märkten übrigens nicht besonders sichtbar ist, bedeutet noch nichts, solange nicht klar ist, was Karstadt in welcher Weise an welchen Mann und welche Frau zu welchem Preis bringen will und kann. Der abrupte Abschied der Ikea-Managerin, die die auch sonst nicht abreißende Kritik an der Person Berggruens stützt, ist jedoch mindestens eine weitere Imageniederlage für Berggruen.

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