Bilanzskandal bei Steinhoff Die Schauplätze des Möbel-Krimis

Poco Quelle: Presse

Ein Bilanzskandal erschüttert den Möbelkonzern Steinhoff. Der Chef ist weg, die Aktie abgestürzt, in Europa und Südafrika inspizieren nun Gerichte, Behörden und Wirtschaftsprüfer die Geschäfte des Unternehmens.

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Die Rezeption gleicht einem schlechtgeschnittenen Möbelladen am Ende eines Räumungsverkaufs. Neben dem ellenlangen Tresen aus Glas steht ein riesiger Bauernschrank vor einer wuchtigen Ledergarnitur. An den Wänden prangen Ölgemälde mit Motiven aus dem südafrikanischen Weinland. Hier, am Rande der südafrikanischen Stadt Stellenbosch, hat der Möbelkonzern Steinhoff sein Hauptquartier aufgeschlagen. Hier wurden in den vergangenen Tagen Entscheidungen getroffen, die die Börse in Frankfurt bewegte, Anleger in aller Welt alarmierten und wohl auch von Staatsanwälten im fernen Deutschland verfolgt wurden.

Am Dienstag gab der Konzern, der in Deutschland vor allem für seine Beteiligung am Möbeldiscounter Poco bekannt ist, den Abgang des langjährigen Konzernchefs Markus Jooste wegen Unregelmäßigkeiten in den Büchern  bekannt. Gleichzeitig kündigte Steinhoff an, die Vorlage der Jahreszahlen auf unbestimmte Zeit zu verschieben.  Möglicherweise müssten auch die Zahlen von früheren Jahren geändert werden. Die Prüfgesellschaft PwC soll eine unabhängige Untersuchung durchführen.

Steinhoff versinkt im Chaos

Seither ist nichts mehr so wie vorher im Steinhoff-Reich. Der Konzern mit deutschen Wurzeln versinkt im Chaos, der Aktienkurs des bisherigen MDax-Schwergewichts haben seit Montag knapp 80 Prozent, bis zu 13 Milliarden Euro an Wert verloren. Um die Absturz zu bremsen, kündigte  Interimschef und Großaktionär Christoffel Wiese an, durch den Verkauf von Randgeschäften die Liquidität aufpolstern zu wolle. Es gebe bereits Interessensbekundungen. Die angepeilten Verkäufe könnten dem südafrikanisch-deutschen Einzelhandelsriesen mindestens eine Milliarde Euro in einbringen. Zudem wolle die afrikanische Tochter Star ihre Schulden beim Mutterkonzern refinanzieren. Dieser Schritt dürfte die zusätzlichen Finanzmittel auf etwa zwei Milliarden Euro erhöhen.

Die Anleger waren davon allerdings nicht überzeugt, der Kurs brach am Donnerstag erneut ein. Zu unklar sind die Folgen eines Bilanzskandals, der das Zeug zum Wirtschaftsthriller. Ein Kriminalstück, das an vielen europäischen Schauplätzen spielt:

Schweiz

Im  Herbst wurde publik, dass sich Steinhoff 2015 mit 45 Prozent an der schweizerischen GT Branding Holding beteiligt hat und ihr unmittelbar darauf rund 810 Millionen Schweizer Franken geliehen hat. GT Branding hält die Anteile an einer weiteren Schweizer Firma namens GT Global Trademarks, bei der rund 200 Marken liegen, die Steinhoff nutzt. Global Trademarks hatte vorher Steinhoff selbst gehört. Doch in Aktien- und Anleiheprospekten fanden diese Transaktionen keine Erwähnung, kritisieren Juristen und Kapitalmarktexperten. Steinhoff argumentierte bisher, dass der Konzern Aktionäre und Gläubiger über die Geschäfte nicht informieren musste, weil sie kaum Auswirkungen auf die Ertragslage gehabt hätten.

Als noch brisanter könnte sich indes die Frage erweisen, wem die restlichen 55 Prozent an GT Branding gehören. Offiziell tritt zwar ein Unternehmen namens Campion Capital SA in Erscheinung. Wer sich dahinter verbirgt, scheint jedoch nebulös. Recherchen der Schweizer „Handelszeitung“ deuten darauf hin, dass es enge personelle Verbindungen zwischen Campion und Steinhoff gibt und frühere Manager des Konzerns in dem Unternehmen eine entscheidende Rolle spielen.

Laut „Handelszeitung“ soll Steinhoff auch das verlustreiche Geschäft mit Konsumentenkrediten, gebündelt in der Tochter JD Consumer Finance, an einen Ableger von Campion veräußert haben. Es gebe keine direkte ökonomische Beziehung zwischen Campion und der Steinhoff-Gruppe, sagte eine Unternehmenssprecherin zwar dem Blatt. Doch es bleiben Zweifel, ob das Schweizer Firmengeflecht wirklich unabhängig von Steinhoff agiert.  

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