Billigflieger Easyjet schielt auf Deutschland

Die langjährige Easyjet-Chefin Carolyn McCall geht von Bord – ein Neuer übernimmt das Ruder. Auf Johan Lundgren warten große Aufgaben. Nach der Air-Berlin-Pleite könnten die Briten in Deutschland expandieren.

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Easyjet startet im Januar in Berlin Tegel Quelle: dpa

Luton Siebeneinhalb Jahre war Carolyn McCall an Spitze der orangefarbenen Airline Easyjet, von der Queen wurde sie sogar für ihre Verdienste geehrt. Ende des Jahres macht die Managerin jedoch den Abflug: Sie wechselt zum britischen Fernsehsender ITV. Ein Schritt, den sie offensichtlich nicht bereut: Bei ihrem letzten offiziellen Termin, der Präsentation der Unternehmensergebnisse für das abgelaufene Jahr, zeigt sich die 56-Jährige nicht sehr sentimental. Rasch und resolut ging sie die Zahlen durch und sprach für ihren Nachfolger eine etwas unterkühlte Empfehlung aus.

Auf die Frage eines Journalisten, ob der gebürtige Schwede Johan Lundgren als ihr Nachfolger bei Easyjet nicht „sehr viel Bälle in der Luft zu halten habe“, erklärte McCall, dass es bei einer Airline „immer viel zu tun“ gebe „und vermutlich war es schon lange nicht mehr so einfach wie im Moment“.

Dabei sind Experten sehr wohl der Meinung, dass Airlines – und insbesondere Easyjet – in den kommenden Monaten vor einigen Herausforderungen stehen. Der Markt ist hart. Die zahlreichen Billigflieger versuchen mit immer günstigeren Preisen Kunden anzulocken und manche verkalkulieren sich dabei: Mit Air Berlin, Alitalia und Monarch sind in den vergangenen Monaten gleich drei Fluglinien pleite gegangen.

Von den zum Verkauf stehenden Airlines und Slots bei Air Berlin hat sich Easyjet auch 25 Flugzeuge und Start- und Landerechte in Berlin-Tegel gesichert. Deren Integration von den Flugzeugen und bis zu 1000 Mitarbeitern kostet zunächst. Easyjet selbst kalkuliert dafür 60 Millionen Pfund Minus ein. Zudem verursacht die Übernahme der Flugzeuge und Beschäftigten Kosten von rund 100 Millionen Pfund. Doch am Ende hoffen die Briten, ihre Anteile am lukrativen deutschen Markt erhöhen zu können. Ab 2019 aber werde sich das Geschäft auszahlen, sagte McCall. Die Transaktion soll im Dezember abgeschlossen werden.


Keine guten Nachrichten für die Passagiere

Andere Probleme sind damit aber noch nicht gelöst: Weiterhin ist unklar, wie sich der bevorstehende Austritt Großbritanniens aus der Europäischen Union (EU) auf die Airlines auswirken wird. Zum einen besteht die Gefahr, dass die Airlines nach dem Brexit nicht mehr über den Kanal fliegen können, wenn es keine neuen Vereinbarungen zwischen Großbritannien und der EU geben sollte. Zum anderen ist noch unklar, welche Bedingungen die britischen Airlines erfüllen müssen, um weiter innerhalb der EU Flüge anbieten zu dürfen.

Für die scheidende Easyjet-Chefin ist das kein Drama. Das Thema Air Berlin „haben wir unter Kontrolle“, erklärte sie nun kurz und knapp und auch die Gefahren durch den Brexit habe man durch die Gründung einer österreichischen Airline reduziert. Easyjet sei in einer guten Lage. Der Umsatz pro Sitzplatz dürfte im ersten Halbjahr des neuen Jahres im niedrigen bis mittleren einstelligen Prozentbereich steigen.

Für Passagiere sind das keine guten Nachrichten - aber an der Börse sieht man das anders: Gerade die Aussagen zu den steigenden Preisen seien „sehr positive Zeichen“, lobt Analyst Neil Wilson von ETX Capital. Die in London notierte Aktie zog um bis zu sieben Prozent an.

Im abgeschlossenen Geschäftsjahr war der Umsatz um acht Prozent auf fünf Milliarden Pfund gestiegen, die Zahl der Passagiere um rund zehn Prozent auf einen Rekordwert von 80 Millionen. Der Vorsteuergewinn sank zwar um gut 17 Prozent auf 408 Millionen Pfund, lag damit aber in der angepeilten Spanne von 405 bis 410 Millionen Pfund. Nicht zuletzt das schwache Pfund machte sich hier bemerkbar, dadurch sank das Ergebnis um rund 101 Millionen Pfund. Ein „robustes“ Ergebnis in einem für die Branche schwierigen Jahr, zog McCall Fazit. Man müsse gehen, wenn es aufwärtsgehe. „Und es geht aufwärts. Das ist die beste Zeit, zu gehen.“

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