Billigprodukte in Wachstumsmärkten „Weniger willst du nicht - mehr brauchst du nicht“

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Es rüttelt im Selbstverständnis

Für die erfolgreiche Entwicklung des Fahrzeugs war die lokale Expertise unerlässlich. „Es fällt einem Entwickler am Konzernsitz unheimlich schwer, einen Truck abzuspecken auf ein niedriges Emerging-Market-Niveau“, sagt Roberto Queiroz, Nutzfahrzeug-Experte aus Sao Paulo.

Berater Knapp teilt diese Ansicht. Wer Kunden in Schwellenländern gewinnen wolle, müsse erst verstehen, was sie wirklich brauchen. „Der größte Fehler ist, ein bestehendes Produkt einfach nur abzuspecken.“ In der Medizintechnik etwa müssten Röntgen- und Ultraschallgeräte für Schwellenländer nicht nur günstig, sondern auch tragbar sein - damit Ärzte sie in ländliche Regionen mitnehmen können. Idealerweise würden die Schwellenmarktprodukte von Grund auf neu entwickelt, sagt Knapp.

Wissenswertes über Indonesien

Der Brausen- und Armaturenhersteller Hansgrohe macht genau das. Das Unternehmen produziert in seinem Werk in Songjiang bei Schanghai mehrere Produkte, die exklusiv für den chinesischen Markt bestimmt sind. „Die Kunden hier wollen voluminösere Formen oder Sonderoberflächen wie Gold-Optik“, sagt Hans-Jürgen Kalmbach, Vertriebsleiter für den Asien-Pazifik-Raum. Zu den zweistelligen Wachstumsraten in China trägt unter anderem eine günstige Produktlinie mit dem Namen "My first Hansgrohe" bei, mit der sich das Unternehmen in Schwellenländern positioniert.

Mit dieser Produktpalette will Kalmbach bald auch in Indien wachsen. Dort ist Hansgrohe bisher vor allem mit hochpreisigen Armaturen aktiv. „Damit wir doppelt so schnell wie der Markt wachsen können, wollen wir auch ins Mittelklassegment einsteigen.“

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Beim Besuch seines Indien-Standorts in Prithla gibt Phoenix-Contact-Chef Stührenberg offen zu, dass der ungewohnte Wettbewerb mit besonders niedrigen Preisen auch am Selbstverständnis einer Firma rütteln kann. „Für ein Unternehmen, das sich als Premiumhersteller sieht, ist das eine Umstellung“, sagt er.

Auch der Aufbau der indischen Entwicklungsabteilung sorgte intern für Diskussionen. „Es ist nicht einfach, dem Entwicklerteam in Deutschland zu erklären, dass wir jetzt einen Teil in Indien machen.“ Gelohnt habe es sich aber - nicht nur, um in Indien stärker Fuß zu fassen. Die Produkte aus Indien kommen bereits zum Einsatz, um auf dem nächsten Kontinent zu expandieren: in Afrika.

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