Black Friday in den USA Weniger Menschen, mehr Umsatz

Meterlange Schlangen, drängelnde Massen und hysterische Kunden: Am berüchtigten „Black Friday“ war das stets der Normalzustand in den Einkaufsmeilen Amerikas. Dieses Jahr ist es ein bisschen anders.

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Auch wenn die Massen vor den Geschäften weniger werden, ihre Kauflust haben die US-Amerikaner nach Thanksgiving ganz und gar nicht verloren. Quelle: AFP

New York Wer am Freitagmorgen vor dem Traditionskaufhaus Macy's in New York stand, suchte die sonst üblichen Menschenmassen vergeblich. Als die größte Kaufhauskette Amerikas um sechs Uhr morgens ihre goldenen Drehtüren öffnet, stehen gerade einmal zehn Kunden vor dem Haupteingang am Herald Square. Erst langsam füllt sich die Verkaufsfläche, die sich über einen gesamten Häuserblock ausbreitet.

„Das war vor ein paar Jahren noch anders. Da konnte man hier keinen Fuß mehr vor den anderen setzen“, erzählt Danny, während er die Damenschuhe auf der zweiten Etage sortiert. Seit dreißig Jahren hat er jeden „Black Friday“ bei Macy's gearbeitet. Dieses Jahr sei es ruhiger als sonst. Chaotische Rangeleien unter Kunden und tumultartige Szenen vor oder in den großen Shopping-Centern, sieht man zwar auch heute wieder in den US-Nachrichten. Aber die Regel sind sie längst nicht mehr.

Alljährlich diente der „Schwarze Freitag“ in den USA als Indikator für die Konsumlust der Amerikaner in der Vorweihnachtszeit. Seit über fünfzig Jahren locken Händler die Konsumenten am Brückentag nach Thanksgiving mit den angeblich „besten Schnäppchen des Jahres“ in die Innenstädte.

Der Tag wurde zum jährlichen Ritual für viele Amerikaner – eine Shopping-Orgie, die große Gewinne für die Geschäfte liefert, und einen Aufschwung für die gesamte Wirtschaft. In den Wochen nach Thanksgiving machen viele Einzelhändler bis zu vierzig Prozent ihres gesamten Jahresumsatzes.

Die Bedeutung des früher so wichtigen Stichtages nimmt allerdings immer weiter ab: Von 11,6 Milliarden Dollar im Jahr 2014 fiel der Tagesumsatz laut dem Forschungsinstitut Shopper Trak im vergangenen Jahr um eine ganze Milliarde auf 10,4 Milliarden Dollar.

Während der „Black Friday“-Kult gerade in die deutschen Einkaufsmeilen schwappt, scheint er in den USA langsam abzuebben. Anders, als man denken könnte, rührt dieser Trend allerdings nicht von der schwächelnden Wirtschaftskraft der Amerikaner. Die sind noch genauso kauflustig wie eh und je.


Der Spiegel des Konsumwandels

Nur gehört das unerbittliche Wettrennen um die besten Feiertagsschnäppchen eben nicht mehr dem „Black Friday“ allein. Seit Anfang November werben die Läden bereits mit Tiefpreisen. Viele sind seit drei Jahren dazu übergangen, bereits an Thanksgiving selbst die Läden zu öffnen, teilweise bis zwei Uhr nachts.

Und auch das Online-Geschäft macht vor jahrzehntelangen Traditionen nicht Halt. Der „Cyber Monday“ am Montag nach Thanksgiving ist die Internet-Antwort auf den weihnachtlichen Kaufrausch. Immer mehr Konsumenten suchen sich ihre Schnäppchen übers Netz. Wirtschaftsforscher rechnen deswegen im vierten Quartal des Jahres mit einem Plus von 8,5 Prozent für den Online-Handel.

Die Entwicklung des „Black Friday“ spiegelt den Wandel des Konsums in einer zunehmend internetgeprägten Gesellschaft. Gerade in den USA, wo selbst Priester ihre Gemeinde im sonntäglichen Gottesdienst auf den passenden Hashtag hinweisen, damit die eigene Kirche auch in den sozialen Medien stattfindet. Trotzdem, so ganz wollen die Amerikaner ihre Tradition doch noch nicht aufgeben.

Von den geschätzten knapp 135 Millionen US-Bürgern, die planen, über das Feiertagswochenende shoppen zu gehen, wollen das drei Viertel laut einer Verbraucherumfrage der National Retail Federation am „Black Friday“ tun. Deswegen gilt immer noch: Wer gemütlich durch Kaufhäuser bummeln will, sollte das lieber nicht am Freitag nach Thanksgiving tun.

Auch Danny ist sich sicher: „Gegen zwei, drei Uhr nachmittags ist es hier richtig voll, dann wird es ungemütlich.“ Hinter ihm ziehen zwei Angestellte bereits das rote Absperrband am Ende der Rolltreppe aus, um die Besucherströme in die richtige Richtung zu lenken. „Das staut sich sonst die ganze Rolltreppe hoch, so wie letztes Jahr“, warnt Danny.

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