BMW Sparsam rasen

Beste deutsche Unternehmensmarke international: BMW. Der Autobauer bewältigt den Spagat zwischen Sportlichkeit und Nachhaltigkeit.

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Norbert Reithofer, Vorstandsvorsitzender der BMW AG, in einem BMW i8 concept Elektroauto. Quelle: dpa

Design-Professor Paolo Tumminelli staunte nicht schlecht, als er im Frühjahr 2011 erfuhr, welche Marke sich BMW für seine Elektroautos ausgedacht hatte: i. „Nein, kein Tippfehler“, witzelte der Designer im „Handelsblatt“. „Man atme durch und betrachte den Namen in all seiner Größe, in seiner semantischen Vielfalt, in seiner Mystik. i, einfach i, klein geschrieben. Die kleinste Marke der Welt. Ein Name, so winzig, dass man schon aufpassen muss, um ihn nicht zu übersehen.“

„i“ ist die jüngste Erfindung der BMW-Marketingabteilung und hat enorme Tragweite für den weltgrößten Hersteller von Premium-Autos, steht sie doch für das Revolutionärste, das der Autobauer in seiner 96-jährigen Geschichte auf die Straße brachte: Ein Auto aus zwei Komponenten, unten das sogenannte Drive-Modul mit Fahrwerk und Batterie, darüber eine Karbon-Kabine für Passagiere. Nicht nur der Antrieb der i-Fahrzeuge ist neu, weil elektrisch. Die gesamte Fahrzeugarchitektur bricht mit geltenden Prinzipien des Autobaus. Materialien, Design, Herstellungsmethoden, Vertrieb – alles neu macht das i.

Die Produkte der Marke i – angekündigt sind das kompakte und großflächig verglaste Stadtauto i3 sowie der futuristische, kostspielige Sportwagen i8 – sind mehr als abseitige Experimentierfelder der sonst eher konservativen Marke BMW. Jahrelang haben die Münchner über der Markenarchitektur für die Zukunft gebrütet. Jetzt steht das Gerüst – und kommt weltweit an. Das zeigt nicht zuletzt die Auszeichnung als beste deutsche Unternehmensmarke international, die in diesem Jahr erstmals beim Best Brand Award vergeben wird.

Mein Auto heißt Miev
Nissan Leaf Quelle: Pressebild
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 BMW i3 Quelle: dpa
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 e-Wolf Delta-1 Quelle: Pressebild
Audi e-tron Quelle: AP

Über allem thront die Hauptmarke BMW mit dem Slogan „Freude am Fahren“ und dem Produktversprechen „Efficient Dynamics“, also ebenso sparsamen wie dynamischen Autos. Die Weltmarke ruht auf zwei Submarken: Der Elektroautomarke i, die innovative, ressourcenschonende Mobilität verkörpert – eben „Efficiency“. Und der Marke M, die seit jeher für die PS-starken Boliden in den einzelnen Baureihen steht, also „Dynamics“ repräsentiert. Beide sollen die Muttermarke mit Ideen und Technologie befeuern.

Wirklich originell erscheint das Konzept von der effizienten Dynamik auf den ersten Blick nicht. Doch die gründlichen Markenarchitekten von BMW hätten sich das Motto nicht verordnet, wären sie nicht bereit, es mit deutscher Beflissenheit auszufüllen. Sie wissen: Dieser Schuss muss sitzen. Sie haben wahrscheinlich nur diesen einen Versuch, die Marke neu zu positionieren.

Und das ist dringend nötig, reicht doch das frühere Versprechen – die reine Sportlichkeit – in Zeiten des Klimawandels nicht mehr aus. Sie muss mit einer gehörigen Portion Ökologie aufgeladen werden, ohne dabei das sportliche Image zu zerstören.

Den Slogan „Efficient Dynamics“ mit den dazugehörigen, auf Sparsamkeit getrimmten Serienmodellen gibt es seit 2009, die Marke i erst seit 2011. Doch zeichnet sich schon ab, dass das Konzept bei den Kunden ankommt. In Umfragen attestieren sie BMW nicht nur wachsende Markenstärke, auch beim Umwelt-Image machen die Bayern Boden gut. Offenbar sprechen sich die Erfolge in der CO2-Bilanz herum: BMW hat die Verbrauchssenkungen der Fahrzeugflotte, die der Gesetzgeber bis 2015 vorschreibt, schon zu 93 Prozent geschafft. Volkswagen und Audi haben zusammen erst 91 Prozent der Wegstrecke zurückgelegt, Mercedes nur 80 Prozent. Und das, obwohl die Autos aus München mit mehr PS ausgestattet sind als vergleichbare Modelle der Konkurrenz.

Sparsam Rasen – die widersprüchliche Gleichung scheint für BMW aufzugehen. „Wir sind uns bewusst, dass es bei Umweltfreundlichkeit und Sportlichkeit immer einen Zielkonflikt geben wird“, sagt Uwe Ellinghaus, Leiter Markenführung der BMW-Gruppe. Aber genau dieser Zielkonflikt ermögliche BMW eine eigenständige Positionierung: „Wir sagen dem Kunden: Wir wissen, dass es für Dich schwer ist, sportliches und ökologisch verantwortliches Fahren unter einen Hut zu bringen. Lass uns dieses Problem für Dich lösen.“

"Freude am Fahren"

Mini Elektro Quelle: AP

Was dem Manager dabei wichtig ist: i stehe nicht für ökologische Verzichts-Mobile und M nicht für pure Rennmaschinen. „Egal um welches Modell es sich handelt: Wir werden immer beiden Ansprüchen zugleich gerecht, Sparsamkeit und Dynamik“, sagt Ellinghaus.“ Will heißen: Die i-Fahrzeuge müssten zugleich die sportlichsten Modelle in ihrem Segment sein, die m-Fahrzeuge gegenüber hoch motorisierten Wettbewerbsmodellen immer die sparsamsten. Mit dieser Losung habe BMW nun seine Position im Markt gefunden, und daran werde nicht mehr gerüttelt: „Wir haben damit ein System gefunden, das auch auf sehr lange Sicht den Anforderungen des Marktes gerecht wird.“

Nirgendwo wird die neue Aufstellung so sichtbar wie in der Werbung. 2009 verabschiedeten sich die Münchner aus der Formel 1, weil die Sportart nicht mehr zur neuen, ökologischeren Ausrichtung passe. Die Milliardenkosten und die nicht geklärte Frage, ob sie in einem gesunden Verhältnis zu Imagegewinn und Verkaufsförderung stehen, dürften der andere Grund für den Ausstieg gewesen sein. Dennoch war der Schritt gewagt. Segeln, Golf und Leichtathletik statt der Königsklasse des Motorsports – nicht wenige BMW-Kunden rieben sich ungläubig die Augen. Hinzu kamen Werbekampagnen, in denen nicht mehr von Freude am Fahren, sondern nur noch von Freude die Rede war. „Freude an was, bitteschön?“, fragten BMW-Manager ihre Werbeabteilung. „Freude am geparkten Auto?“

Kampagnen-Ersatz

Ganz so esoterisch soll es in Zukunft in der BMW-Werbung nicht mehr zugehen, heißt es nun in Werber-Kreisen. BMW suche gerade Ersatz für die Kampagne „BMW ist Freude“. Dabei soll es wieder verstärkt um das Autofahren und die Produkte gehen. Auch will BMW dem Motorsport treu bleiben. „Wir haben unser Engagement in der DTM, der Deutschen Tourenwagen-Meisterschaft, verstärkt“, sagt Ellinghaus. „Die DTM ist nahbarer, zugänglicher für Kunden, nicht so elitär wie die Formel 1.“ BMW könne in der DTM mehr Kunden und Partner zu Rennen mitnehmen und exklusive Einblicke bieten. „Einen Kunden in die Boxengasse der Formel 1 zu bekommen, ist für uns ungleich schwieriger.“

Und dann wäre da noch ein ganz neuer Ansatz im Motorsport, einer, der das BMW-Konzept von der effizienten Dynamik wohl am besten verkörpern würde: Elektroauto-Rennen. Ellinghaus: „Es gibt Überlegungen, neue Rennserien mit Elektroautos aufzulegen. Ich bin mir sicher, dass das kommen wird und kann mir gut vorstellen, dass BMW dann dabei ist. Es ist wichtig, dass Elektroautos sexy werden.“

Ein Marketingproblem ist indes noch ungelöst: International funktioniere das „Marken-i“, findet Designer Tumminelli. In Bayern, wo das „i“ zentraler Bestandteil von Konversationen ist, könne die Markengebung jedoch Verwirrung stiften: „An einem kleinen i spricht man schnell vorbei. So auf der Wiesn: ,Mei Freund fahrt Audi, und du?’ ,i’. ,Ja du, was fahrst du’? ,I fahr i, mogst du i?’ ,Nein, i mog di net.’“

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