Bosch und Philip Morris bauen Fabriken in Dresden Jobwunder im Silicon Saxony

Schon zur DDR-Zeit war Dresden ein Technologie-Standort. Daran knüpfen nun zwei Weltkonzerne an: Bosch und Philip Morris bauen dort neue Fabriken – und schaffen über 1000 Industrie-Jobs. Ein Signal über Sachsen hinaus.

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Stadtansicht von Dresden: Gleich zwei Weltkonzerne investieren Millionen Euro in den Wirtschaftsstandort – und kassieren staatliche Förderung. Quelle: dpa

Ein guter Tag für den Standort Dresden: Gleich zwei große Unternehmen planen derzeit Fabriken in der sächsischen Hauptstadt zu bauen. Bosch will eine Milliarde Euro in eine Chipfabrik mit 700 Arbeitsplätzen stecken, Philip Morris an dem traditionsreichen Tabak-Standort ein Werk für den Tabak-Verdampfer Iqos errichten. Das soll 320 Millionen Dollar (umgerechnet 290 Millionen Euro) kosten und 550 Arbeitsplätze schaffen. Die Produktion soll Anfang 2019 anlaufen.

Diese Nachrichten wecken Hoffnung in dreierlei Hinsicht: für die Stadt, die Halbleiter-Branche und die Tabakindustrie. Nicht wenige in Sachsen hatten in den vergangenen zwei Jahren befürchtet, Schlagzeilen rund um die Pegida-Bewegung und fremdenfeindliche Ausschreitungen in der Region könnten Investoren abschrecken.

Entsprechend jubelte die regionale „Sächsische Zeitung“ am Montag: „Mit einer Milliardeninvestition sorgt der Bosch-Konzern dafür, dass das Pegida-geplagte Dresden wieder mit einer tollen Nachricht überregional in die Schlagzeilen kommt.“ Auch die Wirtschaftsförderung des Bundeslands jubelt. „Bezeichnend ist, dass sich ‚Silicon Saxony‘ gegenüber verschiedenen Standorten weltweit durchgesetzt hat. Das spricht für unsere hervorragende Fachkräfteausbildung und -verfügbarkeit, unsere exzellente Wissenschaftsstruktur und die vorhandene Zulieferer- und Dienstleisterbasis“, erklärte der oberste Wirtschaftsförderer Peter Nothnagel.

Die sächsische Politik verglich die Ansiedlung mit der Entscheidung von Siemens 1993 – knapp drei Jahre nach der Wiedervereinigung – auf das Wissen aus dem DDR-Computerstandort Dresden aufzubauen und dort in Fertigung zu investieren. Dabei weist die Entscheidung weit über Sachsen hinaus: Die Bosch-Investition gilt als erste neue Halbleiter-Anlage in Deutschland seit 20 Jahren. Damals hatte der Intel-Konkurrent AMD ebenfalls in Dresden investiert. Bosch will mit dem Werk die Industrie 4.0 stärken.

„Für Deutschland und Europa ist dieser Schritt enorm wichtig zum Ausbau und zur Sicherung unserer Kompetenzen in dieser, für nahezu alle Lebens- und Wirtschaftsbereiche wichtigen Schlüsseltechnologie“, sagte der sächsische Wirtschaftsminister Martin Dulig.

Auch die Entscheidung von Philip Morris ist ein Zeichen für die gesamte Branche. Denn eigentlich standen die Signale in der deutschen Tabakindustrie auf Rückbau: British American Tobacco (BAT) schleift gerade große Teile des einst weltgrößten Zigarettenwerks in Bayreuth.

Staatliche Förderung in Millionenhöhe

Die traditionsreiche Tabak-Industrie in Dresden leidet ebenfalls. Zwar arbeiten noch 300 Leute im Dresdener Werk von Philip Morris, doch die einstige DDR-Marke f6 weicht seit 2013 der Weltmarke Chesterfield. Erst durch die neue Investition scheint der Standort mit seiner langen Geschichte gesichert – zumal Philip Morris perspektivisch weitgehend auf alternative Produkte wie den Tabakverdampfer iQos umstellen will.

Die Marke wird derzeit bundesweit mit großem Werbeaufwand eingeführt. Anders als bei E-Zigaretten verdampft dabei „echter“ Tabak, kein Liquid.

„Aufgrund der hier tief verwurzelten Hightech-Produktion sowie der hochqualifizierten Fachkräfte haben wir entschieden, unser neuestes und innovativstes Tabakprodukt in Sachsen zu fertigen. Wir planen darüber hinaus, in dem neuen Werk auch für andere Märkte zu produzieren“, erklärte Konzernchefin Stacey Kennedy.

Das neue Werk soll in zwei Jahren stehen. Nach Informationen der „Dresdner Morgenpost“ soll es in der Nähe des Flughafens gebaut werden. Ältere Tabak-Bauten wie die einstige Fabrik Yenidze aus dem Kaiserreich – ein Bau in Form einer Moschee – prägen bis heute das Stadtbild.

Seit der Wiedervereinigung ist es Ziel der deutschen und europäischen Wirtschaftspolitik, im Raum Dresden ein Halbleiter-Cluster aufzubauen – basierend auf der DDR-Mikroelektronik, die wiederum auf der alten Uhrmacher- und Mechanik-Tradition Sachsens fußt. Nach offiziellen Zahlen des Landes sind etwa 2300 Unternehmen mit insgesamt 60.000 Mitarbeitern in der sächsischen IT-Branche aktiv. Allerdings gab es immer wieder Rückschläge.

Auch die aktuelle Ansiedlung von Bosch kann gefördert werden: Bis zu 30 Prozent der Investitionssumme sind möglich, wenn die EU-Kommission zustimmt. Der Bund will das Projekt in den kommenden drei Jahren mit bis zu 200 Millionen Euro fördern, erklärte der Staatssekretär im Bundeswirtschaftsministerium, Matthias Machnig.

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