BrandIndex

Können Kaufhof und Karstadt ihr Schicksal noch abwenden?

Das Handelskonzept Warenhaus steht am Scheideweg. Karstadt vermeldet erste Erfolge dank seiner neuen Strategie. Bei Kaufhof scheint diejenige der neuen Eigner nicht aufzugehen.

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ARCHIV - Die Filialen von Karstadt (l) und Kaufhof liegen am 20.05.2015 in Düsseldorf (Nordrhein-Westfalen) gegenüber, in der Mitte eine Baustellen-Bake. (zu dpa:

Es ist ja nicht so, dass Verbraucher die Marken Karstadt und Kaufhof nicht mögen würden. Es fehlt beiden inzwischen einfach an notwendiger Relevanz. Im kontinuierlichen YouGov-Markenmonitor BrandIndex sehen wir: Beiden Einkaufstätten bescheinigen jeweilige Markenkenner immer noch einen soliden allgemeinen Eindruck.

Auf einer Imageskala von -100 bis +100 Punkten liegt Karstadt hier bei +23 Punkten, Kaufhof bei +32 Punkten. Damit befinden sich beide im guten Mittelfeld bis oberen Drittel aller Einkaufstätten-Marken, die wie im Bereich Einzelhandel überwachen. Karstadt konnte sich in den vergangenen drei Jahren in Punkto allgemeiner Eindruck sogar leicht verbessern, Kaufhof hielt seinen höheren Wert hingegen stabil.

Auch hinsichtlich wahrgenommener Qualität und gebotenem Preis-Leistungs-Verhältnis schneiden beide Universalisten in unseren Umfragen unter ihren Kennern nicht schlechter ab als schon vor drei Jahren. Soweit hören sich die Ergebnisse also recht gut an – wenn man so will. Und dennoch: Die Meldungen reißen nicht ab, die beiden Warenhausketten wirtschaftliche Schwierigkeiten attestieren und weiterhin ein fehlendes tragfähiges Zukunftskonzept absprechen.

Die Kehrseite der Medaille besteht schließlich darin, dass Verbraucher immer weniger erkennen, warum sie bei Kaufhof und Karstadt einkaufen sollen. Auf unsere Frage hin, bei welcher Einkaufsstätte sie sich einen Einkauf grundsätzlich vorstellen können, zeigt sich: Kaufhof hat hier unter Markenkennern in den vergangenen drei Jahren fünf Prozentpunkte verloren, Karstadt zwei. Und hierfür sind nicht nur Standortschließungen verantwortlich. Noch schwieriger macht die Situation, dass andere Händler im selben Zeitraum keine weiteren Federn gelassen haben oder sogar aufholten – Peek & Cloppenburg hat sich zum Beispiel einen deutlichen Abstand zu Kaufhof hinsichtlich seinem „Relevant Set“-Wert erarbeitet.

Mangelnde Relevanz führt zu andauernden Rabattschlachten

Als Kaufhof 2015 an die kanadische Hudson’s Bay Company (HBC) verkauft wurde, war der Optimismus vielerorts groß. Guter Service, ein attraktiveres Sortiment sowie eine Verzahnung von Online und stationärem Geschäft – mit diesen heilsbringenden Verheißungen und entsprechender Expertise aus den heimischen Ländermärkten traten die Kandier seinerzeit an. Heute fällt die Bilanz hingegen nüchtern aus: „Mit untauglichen Konzepten versuchen die Amerikaner, das Warenhaus umzukrempeln. Im Einkauf regiert das Chaos, viele Lieferanten wurden verprellt“, konstatiert das Manager Magazin die Situation. Und Kaufhof macht dieser Tage vor allem wieder mit hohen Rabatten von sich Reden, doch scheinen selbst diese die Verbraucher inzwischen nicht mehr sonderlich zu locken.

Das ist die Hudson's Bay Company

Und so müssen sich die Kaufhäuser weiterhin der Frage nach ihrer verbliebenen Konzeptrelevanz stellen, vor allem im Wettbewerb mit immer stärkeren, agileren und spezialisierten Konkurrenten. Im Mode-Segment können sich gegenüber Kaufhof und Karstadt zum Beispiel jeweils mehr Markenkenner vorstellen, bei C&A, Peek & Cloppenburg, Deichmann oder Tamaris einzukaufen. Und in Sachen Unterhaltungselektronik scheint ein Zurückgewinnen von Marktanteilen im Wettbewerb mit Amazon, MediaMarkt oder Saturn schier aussichtslos.

Als Sporthändler drängt Decathlon immer stärker in den deutschen Markt und für Haushaltswaren steht immer häufiger ein Ikea in der Nähe. Fast jeder zweite Deutsche zieht in Erwägung, beim schwedischen Handelsunternehmen einzukaufen. Nicht einmal jeder fünfte sagt dies zu Kaufhof oder Karstadt.

Trotzdem: Karstadt hat die schwierigsten Zeiten laut Meldungen überwunden und plant dieses Jahr sogar mit einem Gewinn. Die Strategie, ein Warenhaus zu bleiben und gezielt auf Vielfalt zu setzen, soll aufgehen. Karstadt beruft sich dabei auf Kooperationen mit Drittanbietern sowie stärker auf ein an lokale Gegebenheiten angepasstes Angebot als Erfolgsbringer. Karstadt wird sich hierauf und den sich eingestellten ersten Erfolgen allerdings nicht ausruhen können.

Erlebnistempel mit persönlichem Shopping-Berater

Beispiele aus anderen Ländermärkten, wo Warenhäuser als Luxus-Erlebnistempel oder persönlichem Shopping-Berater positioniert werden, tauchen immer wieder auf. Doch greift eine solche Forderung für den deutschen Markt einfach zu kurz. Denn ausschlaggebend ist auch, wie die bestehende Struktur der Kunden dieses Formats ausschaut und mit welchen Erwartungen diese zu Kaufhof oder Karstadt in die Filialen oder den Online-Shop kommen. Dies können beide Player nicht vollends außer Acht lassen.

Die Zukunft der Warenhäuser in Deutschland als Handelskonzept bleibt somit weiterhin ungewiss. Karstadt deutet an, dass es mit einer richtigen Strategie überlebensfähig sein kann. Doch wirklich bewiesen erscheint diese Entwicklung leider noch nicht.

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