Es ist ja nicht so, dass Verbraucher die Marken Karstadt und Kaufhof nicht mögen würden. Es fehlt beiden inzwischen einfach an notwendiger Relevanz. Im kontinuierlichen YouGov-Markenmonitor BrandIndex sehen wir: Beiden Einkaufstätten bescheinigen jeweilige Markenkenner immer noch einen soliden allgemeinen Eindruck.
Auf einer Imageskala von -100 bis +100 Punkten liegt Karstadt hier bei +23 Punkten, Kaufhof bei +32 Punkten. Damit befinden sich beide im guten Mittelfeld bis oberen Drittel aller Einkaufstätten-Marken, die wie im Bereich Einzelhandel überwachen. Karstadt konnte sich in den vergangenen drei Jahren in Punkto allgemeiner Eindruck sogar leicht verbessern, Kaufhof hielt seinen höheren Wert hingegen stabil.
Auch hinsichtlich wahrgenommener Qualität und gebotenem Preis-Leistungs-Verhältnis schneiden beide Universalisten in unseren Umfragen unter ihren Kennern nicht schlechter ab als schon vor drei Jahren. Soweit hören sich die Ergebnisse also recht gut an – wenn man so will. Und dennoch: Die Meldungen reißen nicht ab, die beiden Warenhausketten wirtschaftliche Schwierigkeiten attestieren und weiterhin ein fehlendes tragfähiges Zukunftskonzept absprechen.
Die Kehrseite der Medaille besteht schließlich darin, dass Verbraucher immer weniger erkennen, warum sie bei Kaufhof und Karstadt einkaufen sollen. Auf unsere Frage hin, bei welcher Einkaufsstätte sie sich einen Einkauf grundsätzlich vorstellen können, zeigt sich: Kaufhof hat hier unter Markenkennern in den vergangenen drei Jahren fünf Prozentpunkte verloren, Karstadt zwei. Und hierfür sind nicht nur Standortschließungen verantwortlich. Noch schwieriger macht die Situation, dass andere Händler im selben Zeitraum keine weiteren Federn gelassen haben oder sogar aufholten – Peek & Cloppenburg hat sich zum Beispiel einen deutlichen Abstand zu Kaufhof hinsichtlich seinem „Relevant Set“-Wert erarbeitet.
Mangelnde Relevanz führt zu andauernden Rabattschlachten
Als Kaufhof 2015 an die kanadische Hudson’s Bay Company (HBC) verkauft wurde, war der Optimismus vielerorts groß. Guter Service, ein attraktiveres Sortiment sowie eine Verzahnung von Online und stationärem Geschäft – mit diesen heilsbringenden Verheißungen und entsprechender Expertise aus den heimischen Ländermärkten traten die Kandier seinerzeit an. Heute fällt die Bilanz hingegen nüchtern aus: „Mit untauglichen Konzepten versuchen die Amerikaner, das Warenhaus umzukrempeln. Im Einkauf regiert das Chaos, viele Lieferanten wurden verprellt“, konstatiert das Manager Magazin die Situation. Und Kaufhof macht dieser Tage vor allem wieder mit hohen Rabatten von sich Reden, doch scheinen selbst diese die Verbraucher inzwischen nicht mehr sonderlich zu locken.
Das ist die Hudson's Bay Company
Die Hudson´s Bay Company ist Kanadas größtes Kaufhaus und gilt als ältestes Unternehmen Nordamerikas. Die Geschichte von HBC begann 1670, als Charles II von England der Company Eigentum über Land und Bodenschätze in Kanada übertrug. Der damals vollständige Name der Unternehmung: „The Governor and Company of Adventurers of England trading into Hudson´s Bay“.
Rund 200 Jahre kontrollierte HBC vor allem den lukrativen Handel mit Pelzen, dann kaufte Kanada der Gesellschaft die Rechte wieder ab. HBC änderte daraufhin die Ausrichtung, stieg in den Großhandel ein und versorgte Siedler. Auch in der Schifffahrt und im Handel mit Öl und Gas war HBC tätig, bevor sich die Gesellschaft in den 1990er Jahren wieder auf den klassischen Einzelhandel konzentrierte.
Die Hudson’s Bay Company fokussierte sich stets auf Aktivitäten in Kanada und Nordamerika - bis 1970 war ihr Sitz aber London.
Die Historie der HBC ist derart eng mit der Kanadas verknüpft, dass seine Chefs bis heute Gouverneure heißen. Heute hat diesen Posten der US-Amerikaner Richard Baker inne, der das Unternehmen 2008 erwarb. Baker gilt als strategischer und ehrgeiziger Konzernlenker
Schon vor der HBC-Übernahme hatte Baker 2006 amerikanisch Traditionskaufhauskette Lord & Taylor für knapp eine Milliarde Euro gekauft und das Geschäft durch Beleihung der Immobilien finanziert. Auch den vollständigen Kauf der Hudson’s Bay Company im Jahr 2008 finanzierte Baker hauptsächlich durch Schulden. Für rund 2,2 Milliarden Euro kaufte HBC 2013 schließlich die amerikanische Nobelkette Saks Fifth Avenue und deren Ableger OFF 5th. Erneut die entscheidende Geldquelle: beliehene Immobilien. 2015 machte der Konzern klar, in Zukunft auch außerhalb des nordamerikanischen Marktes wachsen zu wollen - durch Zukäufe wie Kaufhof. Neuestes Projekt ist die Einführung der Discount-Luxuskette Saks Off 5th in Deutschland.
Neben der namensgebenden Hudson’s Bay Company gehören zum HBC-Imperium eine ganze Reihe von Handelsunternehmen in Nordamerika. In Kanada ist es die Einrichtungshauskette Home Outfitters. In den USA hat HBC das Luxuskaufhaus Lord & Taylor, die Edelkaufhauskette Saks Fifth Avenue und deren Discount-Designer-Ableger Saks Fifth Avenue OFF 5th übernommen.
Als starkes Rückgrat der Hudson’s Bay Company gelten die Warenhausimmobilien im Besitz des Konzerns. Ihr Wert wird auf etwa 9,6 Milliarden kanadische Dollar geschätzt, rund 6,7 Milliarden Euro. Allein der Saks Fifth Avenue Flagship Store in New York soll mehr als drei Milliarden Euro wert sein.
Mit Saks Fifth Avenue, der Kernmarke Hudson's Bay, der Modekette Lord & Taylor und dem Haushaltswarenhändler Home Outfitters machte HBC zuletzt einen Umsatz von gut neun Milliarden Euro und rund 420 Millionen Euro Gewinn.
Der erste Laden der amerikanischen Luxux-Kaufhauskette wurde 1924 von Horace Saks zusammen mit einer Geschäftspartner auf der New Yorker 5th Avenue eröffnet. 1992 gründete das Unternehmen sein erstes Outletgeschäft in Pennsylvania. Als 1995 weitere Läden eröffnet werden sollten, wurde das Geschäft in Saks Off 5th umbenannt. 2013 übernahm HBC das Unternehmen. Im Jahr 2016 gab es weltweit 41 Fililalen von Saks Fifth Avenue und 117 von Saks Off 5th.
Und so müssen sich die Kaufhäuser weiterhin der Frage nach ihrer verbliebenen Konzeptrelevanz stellen, vor allem im Wettbewerb mit immer stärkeren, agileren und spezialisierten Konkurrenten. Im Mode-Segment können sich gegenüber Kaufhof und Karstadt zum Beispiel jeweils mehr Markenkenner vorstellen, bei C&A, Peek & Cloppenburg, Deichmann oder Tamaris einzukaufen. Und in Sachen Unterhaltungselektronik scheint ein Zurückgewinnen von Marktanteilen im Wettbewerb mit Amazon, MediaMarkt oder Saturn schier aussichtslos.
Als Sporthändler drängt Decathlon immer stärker in den deutschen Markt und für Haushaltswaren steht immer häufiger ein Ikea in der Nähe. Fast jeder zweite Deutsche zieht in Erwägung, beim schwedischen Handelsunternehmen einzukaufen. Nicht einmal jeder fünfte sagt dies zu Kaufhof oder Karstadt.
Trotzdem: Karstadt hat die schwierigsten Zeiten laut Meldungen überwunden und plant dieses Jahr sogar mit einem Gewinn. Die Strategie, ein Warenhaus zu bleiben und gezielt auf Vielfalt zu setzen, soll aufgehen. Karstadt beruft sich dabei auf Kooperationen mit Drittanbietern sowie stärker auf ein an lokale Gegebenheiten angepasstes Angebot als Erfolgsbringer. Karstadt wird sich hierauf und den sich eingestellten ersten Erfolgen allerdings nicht ausruhen können.
Erlebnistempel mit persönlichem Shopping-Berater
Beispiele aus anderen Ländermärkten, wo Warenhäuser als Luxus-Erlebnistempel oder persönlichem Shopping-Berater positioniert werden, tauchen immer wieder auf. Doch greift eine solche Forderung für den deutschen Markt einfach zu kurz. Denn ausschlaggebend ist auch, wie die bestehende Struktur der Kunden dieses Formats ausschaut und mit welchen Erwartungen diese zu Kaufhof oder Karstadt in die Filialen oder den Online-Shop kommen. Dies können beide Player nicht vollends außer Acht lassen.
Die Zukunft der Warenhäuser in Deutschland als Handelskonzept bleibt somit weiterhin ungewiss. Karstadt deutet an, dass es mit einer richtigen Strategie überlebensfähig sein kann. Doch wirklich bewiesen erscheint diese Entwicklung leider noch nicht.